29.04.2019 13:22 Uhr

HSV wieder voll im Chaos-Modus angekommen

Lewis Holtby wird kein Spiel mehr für den HSV bestreiten
Lewis Holtby wird kein Spiel mehr für den HSV bestreiten

Die Spielverweigerung von Lewis Holtby sorgt für viel Wirbel und passt ins Bild, das der Hamburger SV derzeit abgibt. Der fest eingeplante Bundesliga-Aufstieg ist in höchster Gefahr.

Lewis Holtby gab gerne den "Einpeitscher" beim Hamburger SV. Er war der Erste in der Fankurve, wenn es etwas zu feiern gab. Er küsste nach Toren demonstrativ die Raute auf dem Trikot und appellierte nach Niederlagen an den Zusammenhalt im Team. Der gleiche Lewis Holtby hat sich nun bei seinem "Herzensklub" mit einer Spielverweigerung selbst ins Abseits geschossen und die HSV-Krise im Saisonendspurt vergrößert.

Zumindest zeigte sich der suspendierte Offensivspieler einsichtig. Seine Bitte an Trainer Hannes Wolf, ihn nicht für das Aufstiegsduell am Sonntag bei Union Berlin (0:2) zu nominieren, "war emotional, geschah im Affekt und war absolut nicht in Ordnung", schrieb der dreimalige Nationalspieler auf seiner Facebook-Seite. "Nach einer kalten Dusche" habe er seine Entscheidung revidieren wollen, "leider wurde mir die Tür nicht mehr aufgemacht, was ich mir aber unbedingt gewünscht hätte."

Kein Spiel und kein Training mehr für den HSV?

Die Tür ist für Holtby wohl für immer zu. Sportvorstand Ralf Becker kündigte unmittelbar nach der 0:2-Pleite in Berlin an, dass der 28-Jährige, dessen hoch dotierter Vertrag Ende Juni ausläuft, kein Spiel und Training mehr für die Profimannschaft bestreiten werde. Holtbys Reaktion sei "Wahnsinn" gewesen, meinte Becker, vor allem "in einer Situation, wo es auf die Zielgerade geht, wir alle brauchen und viele immer betonen, dass sie ihr Eigeninteresse hinten anstellen."

Im Internet musste sich Holtby, der auch nach der Reduzierung seines fürstlichen Erstligagehalts (geschätzt 3,5 Millionen Euro) zu den Bestverdienern der 2. Liga gehört, viel Kritik gefallen lassen. Doch manche Fans meinten auch, dass der Fall ein willkommenes Ablenkungsmanöver sei. Denn das Hauptproblem für den einstigen Bundesliga-Dino ist ein anderes: Nach nun sechs Spielen ohne Sieg in Serie und dem Absturz auf Tabellenplatz vier ist die fest eingeplante sofortige Rückkehr ins deutsche Oberhaus in höchster Gefahr.

"Der HSV ist ein fanatischer Klub. Was wir auf den Platz bringen, passt aber nicht dazu", gab Wolf zu. Der Trainer steht trotzdem (noch) nicht zur Disposition. "Ich bin nicht bereit, jemanden zu opfern, nur weil gewisse Dinge nicht so laufen", sagte Becker. Gegen Union schienen die Spieler aber mit den verschiedenen taktischen Vorgaben des Fußballlehrers überfordert zu sein. Verteidiger Rick van Drongelen wollte dies zumindest nicht verneinen: "Schwer zu sagen. Da kann ich jetzt keine Antwort darauf geben."

Hee Chan Hwang zurück nach Salzburg

Individuelle Fehler wie der schwere Patzer von Gideon Jung vor dem 0:1 durch Robert Zulj (46.) kann man aber schwerlich dem Trainer ankreiden. Und dass sich das Team anschließend seinem Schicksal fast wehrlos ergab, wollte Becker auch nicht an der Trainerarbeit festmachen: "Wir haben zu wenig Leute, die vorne weggehen, die die Mannschaft mitziehen." Man wolle nun schauen, "auf wen wir uns verlassen können und auf wen nicht". Holtby gehört der zweiten Kategorie an.

Seinem Ruf als "Chaos-Klub" wurde der HSV auch in einer anderen Sache gerecht - wenn auch diesmal unfreiwillig. Während des Spiels in Berlin gab Red Bull Salzburg bekannt, dass Leihspieler Hee Chan Hwang nach der Saison zum österreichischen Meister zurückkehrt. Das Dumme war nur: Der HSV wusste davon noch nichts. "Ich habe erst nach dem Spiel davon erfahren", gab Sportvorstand Becker zu. Gesprochen habe mit ihm in dieser Sache niemand aus Salzburg.