09.05.2019 07:51 Uhr

Verspielt Frankfurt im Endspurt eine herausragende Saison?

Bei Eintracht Frankfurt zeigt die Formkurve im Saisonendspurt nach unten
Bei Eintracht Frankfurt zeigt die Formkurve im Saisonendspurt nach unten

Vor dem Halbfinal-Rückspiel in der Europa League beim FC Chelsea zeigt die Formkurve beim Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt nach unten. Mit einer Leistung wie beim jüngsten Debakel in Leverkusen dürften die Hessen an der Stamford Bridge chancenlos sein. Folgt dem Rausch der letzten Monate nun der große Kater?

37 Minuten sind in der BayArena absolviert, als Adi Hütter genug gesehen hat. Noch vor der Pause holt der österreichische Trainer die völlig indisponierten Defensivspieler Jetro Willems und Evan N'Dicka vom Platz, um dem taumelnden Team einen neuen Impuls zu geben.

Zu diesem Zeitpunkt haben Hütters Schützlinge bereits sechs (!) Gegentore kassiert und damit einen unrühmlichen Rekord eingestellt. Ausgerechnet im so wichtigen Sechs-Punkte-Spiel beim direkten Konkurrenten Bayer Leverkusen versagten die Adler, denen im Saisonendspurt die Luft auszugehen scheint. Ein Formtief zur Unzeit.

Deutschlands letzte Europacup-Hoffnung setzt auf eine Trotzreaktion. "Es ist wie beim Boxen. Heute war es ein Niederschlag, aber wir werden wieder aufstehen und am Donnerstag positiv in das Spiel gehen. Wir wollen die Wut in positive Energie umsetzen", erklärte Sportvorstand Fredi Bobic nach dem Desaster unter dem Bayer-Kreuz und richtete den Blick schnell wieder auf das bevorstehende Europa-League-Rückspiel beim FC Chelsea am Donnerstag.

Eintracht Frankfurt spürt den Atem der Konkurrenz

In London haben die Adler nach dem 1:1 im Hinspiel noch eine realistische Chance auf das Finale, ebenso als Tabellenvierter in der Bundesliga auf die angestrebte Champions-League-Teilnahme. Aber nach vier Ligaspielen in Folge ohne Sieg geht bei der SGE die Angst um, dass in den kommenden Woche die Träume von erneuten Europacup-Festspielen wie eine Seifenblase zerplatzen.

"In der Tabelle ist nichts passiert. Noch haben wir alles selbst in der Hand", betonte Bobic und Trainer Adi Hütter stimmte zu: "Fakt ist, dass die Chance immer noch da ist." Doch die Eintracht spürt den Atem der Leverkusener, die durch ihre Gala nach Punkten gleichzogen.

Während die Werkself noch gegen Schalke 04 und bei Hertha BSC antreten muss, spielt Frankfurt noch gegen den FSV Mainz 05 und am letzten Spieltag beim designierten Meister FC Bayern München. Der vierte Tabellenplatz ist demnach alles andere als gesichert. Theoretisch könnte der UEFA-Cup-Sieger von 1980 sogar noch bis auf den achten Rang durchgereicht werden.

Hütters schwierige Suche nach der "geistigen und körperlichen Frische"

Von einem solchen Horrorszenario wollten aber weder Bobic noch Hütter nach dem "rabenschwarzen Tag" in Leverkusen etwas wissen.

"Wir bleiben positiv und dürfen jetzt nicht alles infrage stellen. Wir spielen eine überragende Saison", stellte Bobic klar. Auch Hütter äußerte trotz der "schlimmsten Halbzeit" seiner Laufbahn optimistisch: "Im Rennen um Platz vier haben wir alles noch in eigener Hand, auch wenn es jetzt schwieriger wird."

Für den Österreicher, der auch eigene Fehler eingestand und seine gewählte defensive Taktik im Nachhinein als wenig zielführend bezeichnete, ist es wichtig, dass seine geschundenen Profis bis Donnerstag wieder "den Kopf frei und die notwendige geistige und körperliche Frische zurückbekommen".

Ebendiese hatte seinen Schützlingen zuletzt offenkundig gefehlt. Nach 47 Pflichtspielen geht die Mannschaft auf dem Zahnfleisch. Verletzungen und Sperren haben die Arbeit des Trainerteams in den vergangenen Wochen zusätzlich erschwert. Besonders schmerzhaft war und ist der Ausfall von Torjäger Sébastien Haller, dem nach einer hartnäckigen Bauchmuskelverletzung das Saison-Aus droht.

Verspielt Eintracht Frankfurt eine herausragende Saison?

Obendrein dürften die Spekulationen um mögliche Abgänge von Leistungsträgern wie Luka Jovic und Ante Rebic nicht spurlos an der Eintracht vorbeigegangen sein. Die Angst vor dem Ausverkauf ist allgegenwärtig.

Bislang wurden die Adler in heiklen Phasen stets von ihrem leidenschaftlichen Anhang getragen. Ohne die Unterstützung zehntausender Fans wären Erfolge gegen Inter, Benfica und Co. wohl kaum möglich gewesen. Doch was, wenn auch der Support aus der Kurve die fehlenden Prozente nicht mehr wettmachen kann?

Dann könnte eine herausragende Saison voller emotionaler Höhepunkte für Frankfurt mit einem doppelten Tiefschlag enden: Dem Halbfinal-Aus gegen Chelsea und dem Absturz in der Liga auf Platz acht. Noch kann die Eintracht alles gewinnen - aber auch alles verlieren.

Heiko Lütkehus