10.05.2019 13:32 Uhr

"Full House": Europas Fußball unter englischer Herrschaft

Der FC Liverpool ist einer von vier englischen Klubs im Europacup-Finale
Der FC Liverpool ist einer von vier englischen Klubs im Europacup-Finale

Vier englische Klubs spielen in den Finals von Champions und Europa League die Titel unter sich aus. Die finanzielle Übermacht der Premier League macht sich endgültig bemerkbar, doch die Gründe für die britische Dominanz sind vielschichtiger.

Nach dem historischen Sturmlauf vier englischer Klubs in die Finals von Champions und Europa League berauschten sich die britischen Medien genüsslich am Erfolg. Vom "Full English Final" schrieben in Anspielung auf die berühmte Frühstücksvariante "Full English Breakfast" beispielsweise "Daily Mail" und "Guardian". "Englands Klubs haben Europa erobert", bilanzierte der "Mirror" und ein "Full House" vermeldete die "Sun".

Geht es nach Niko Kovac, ist die Formel für die britische Dominanz im europäischen Fußball-Geschäft dabei ziemlich simpel. "Money makes the world go round", hatte Bayern Münchens Trainer bereits am Donnerstag quasi stilecht auf englisch konstatiert. Geld regiert nunmal die Welt. Allerdings ist es nicht alleine mit der finanziellen Überlegenheit der Premier League zu begründen, dass englische Klubs die europäischen Titel diesmal unter sich ausmachen werden.

Geld regiert den Fußball

Kovacs Kernthese - geäußert wohlgemerkt noch bevor nach dem FC Liverpool und Tottenham Hotspur in der Königsklasse der FC Chelsea und der FC Arsenal am Donnerstagabend erstmals überhaupt auch das zweite Europacup-Endspiel zur Angelegenheit eines einzigen Landes machten - ist jedoch unbestritten. "Wir müssen ganz klar sagen, dass die beste Liga in England ist", stellte er fest: "Das ist einfach so. Dort spielen die besten Spieler."

Die Stars des Weltfußballs zieht es seit einigen Jahren auf die Insel - und der Hauptgrund dafür ist wohl tatsächlich in den finanziellen Möglichkeiten der Premier-League-Klubs zu suchen. Keine andere Liga erlöst derart viele Milliarden aus dem TV-Geschäft. Dazu kommt die besondere Offenheit für ausländische Kapitalgeber, wie etwa den russischen Oligarchen Roman Abramowitsch beim FC Chelsea oder Mansour bin Zayed al-Nahyan aus der Herrscherfamilie Abu Dhabis bei Manchester City.

Englands Klubs haben gelernt

Dazu kommt allerdings auch, dass die Vereine ihr Geld inzwischen wesentlich zielgerichteter ausgeben. Tottenham beispielsweise tätigte vor der laufenden Saison keinen einzigen Transfer. Nachdem im englischen Fußball vor einigen Jahren trotz üppiger finanzieller Mittel einige Missstände aufgefallen waren, wurde zudem nicht nur die Jugendarbeit reformiert, sondern auch gezielt Fußball-Know-How hinzu geholt. Es ist wohl kaum Zufall, dass alle vier Europapokal-Finalisten über ausländische Trainer verfügen.

Desweiteren belebt im Mutterland des Fußballs die Konkurrenz das Geschäft. Im Gegensatz zu den anderen europäischen Topligen, wo stets ein, maximal zwei Klubs die Meisterschaft dominieren, ist die Ligaspitze in England breiter, ausgeglichener und spannender.

"Das Niveau hier ist wirklich hoch", meinte Chelseas italienischer Teammanager Maurizio Sarri am Donnerstag: "Um das Finale im Ligapokal zu erreichen, mussten wir gegen Liverpool und Tottenham spielen, die Champions-League-Finalisten, und dort gegen Manchester City, das meiner Meinung nach beste Team Europas."

Klopp: Hingabe statt Geld entscheidend

Besonders in diesem Punkt dient die englische Liga auch der deutschen als Vorbild. "Mehr Spannung, mehr Wettbewerb", forderte jüngst unter anderem Philipp Lahm. "Die Bundesliga braucht definitiv mehr Konkurrenz", sagte der ehemalige Nationalmannschafts-Kapitän der "Sport Bild" und verwies auf die erdrückende Dominanz seines Ex-Klubs FC Bayern: "Wir müssen uns im deutschen Fußball darüber klar werden, ob uns das gefällt - und welche Entscheidungen anstehen, wenn es uns nicht gefällt."

Die Debatte um die 50+1-Regelung in der Bundesliga könnte neue Nahrung erhalten, doch Liverpool-Teammanager Jürgen Klopp hob am Freitag auch einen weiteren Grund für die englische Erfolgsserie hervor. "Die Leute sagen, das ist das Geld", meinte er: "Aber wenn du siehst, wie Tottenham oder wir ins Finale gekommen sind: Das hatte nichts mit Geld, sondern mit Hingabe zu tun." Echte Leidenschaft ist eben auch im Fußball unbezahlbar.