19.06.2019 13:29 Uhr

Hegerings WM-Teilnahme gleicht einem Wunder

Dass sie in Frankreich dabei ist, ist für sie selbst ein kleines Wunder: Marina Hegering
Dass sie in Frankreich dabei ist, ist für sie selbst ein kleines Wunder: Marina Hegering

Sie ist die Spätberufene und geht doch schon wieder vorneweg. Erst elf Tage vor ihrem 29. Geburtstag feierte Marina Hegering ihr Länderspiel-Debüt in der Frauen-Nationalmannschaft beim 2:1-Sieg Anfang April in Schweden.

Schon nach wenigen Monaten ist die Innenverteidigerin aus der deutschen WM-Elf nicht mehr wegzudenken. "Dieses Jahr hat unnormal krass begonnen. Dass jetzt noch die WM folgt, ist eigentlich unbegreiflich. Für mich ist das alles ein Bonus", sagte Hegering.

"Ich genieße das alles sehr. Denn es ist nicht normal, was gerade passiert. Deswegen nehme ich alles mit und hoffe, dass ich der Mannschaft weiterhelfen kann." Mit der Erfahrung von drei Länderspielen reiste die in der Fußball-Bundesliga für die SGS Essen spielende Hegering nach Frankreich.

In den drei Vorrundenspielen gegen China (1:0), Spanien (1:0) und Südafrika (4:0) versäumte sie keine Spielminute und organisierte die Abwehr umsichtig. Noch hat die Mannschaft von Martina Voss-Tecklenburg kein Gegentor kassiert und steht im Achtelfinale.

Dass Hegering überhaupt wieder Fußball, und das auf internationalen Topniveau spielen kann, gleicht einem Wunder. Dabei war sie 2010 bei der U20-WM in der Heimat schon DFB-Spielführerin und holte unter anderen gemeinsam mit Alexandra Popp und Dzsenifer Marozsan den Titel.

Hegering galt als Megatalent. Nun strebt sie mit einem Teil dieser Generation nach dem großen Coup bei den Frauen. "Wir haben durchgezählt", sagt sie schmunzelnd, "und sind auf sieben U20-Weltmeisterinnen gekommen. So fiel mir die Eingewöhnung jetzt auch nicht schwer."

Comebackversuch scheitert

Kurz nach dem vielversprechenden Triumph machte ihr plötzlich eine Fersenverletzung so zu schaffen, dass ihr Karriereende drohte. "Ich musste operiert werden. Nach mehreren Operationen gab es Wundheilungsstörungen, die sich nicht besserten", berichtete Hegering. Über fast sechs Jahre zog sich ihre Leidensgeschichte, an Fußball war nicht zu denken.

In den ersten zwei, drei Jahren konnte sie nicht mal einen Comebackversuch starten. "Dann kam eine Phase, wo ich mal ins Training rein bin, aber das hat auch nicht zu hundert Prozent funktioniert." Zwar machte sie zwischenzeitlich einige Spiele für Essen. "Aber das waren Eintagsfliegen."

Halt fand sie bei ihrer Familie und ihren Freunden. Gleichwohl "müsste ich lügen, wenn ich sagen würde, ich hätte da nie dran gedacht aufzuhören", räumte Hegering ein. Ihren Fokus legte sie zwangsweise auf andere Dinge. "Das Berufliche war meine erste Priorität."

Das lenkte sie ab, genauso wie das Gitarrespielen. Auch bei der WM schleppt sie das Musikinstrument mit. Dann nahm sie ein Sportstudium an der Deutschen Sporthochschule in Köln auf. "Das hat semi gut geklappt mit der Verletzung." Also absolvierte sie eine kaufmännische Ausbildung. In dem Bereich ist sie noch immer tätig."

Hegering verpasst erstes WM-Tor knapp

Gleichwohl ließ der Fußball sie nie los. Und ihre Beharrlichkeit und ihr Fleiß wurden doch noch belohnt. Als ihr im Februar die Einladung vom DFB ins Haus flatterte, war es ein "Glücksgefühl", das sich mit der WM-Nominierung noch steigerte. Nicht zuletzt deshalb genießt sie jede Minute auf dem Platz, ob im Training oder im Spiel.

"Ich habe nach der ganzen Verletzungszeit eigentlich nur gehofft, wieder Bundesliga spielen zu können. Es war nie ein erklärtes Ziel, noch mal in die Nationalmannschaft zu kommen", betonte Hegering, der beim 4:0 gegen Südafrika beinahe ihr erstes WM-Tor geglückt wäre.

Ihre Innenverteidiger-Kollegin Sara Doorsoun, die sie noch aus der gemeinsamen Zeit in Essen kennt, verpasste Hegering bei einem Workshop einen eigentlich nicht so schmeichelhaften Spitznamen: "Maschina." Weil Marina über eine unglaubliche körperlichen Fitness verfüge, erläuterte Doorsoun. "Und außerdem reimt es sich."