28.06.2019 06:36 Uhr

Barišić: "Ich bin nicht David Copperfield"

Rapid-Sportchef Zoran Barišić stand weltfussball im großen Interview Rede und Antwort
Rapid-Sportchef Zoran Barišić stand weltfussball im großen Interview Rede und Antwort

Teil zwei des großen weltfussball-Interviews mit Zoran Barišić: Rapids Sportdirektor über den Umbau der Scoutingabteilung als eine seiner ersten großen Amtshandlungen, Spieler, die immer schneller den nächsten Schritt machen, den Wunsch nach einer Zeitmaschine und warum er braucht, was niemand hören will.

weltfussball: Nach der enttäuschenden letzten Saison sind die Erwartungen der Fans, dass sich in dieser Transferperiode etwas tut, groß. Hätten Sie sich mehr Vorbereitungszeit im neuen Job gewünscht?

Zoran Barišić: Natürlich hätte ich mir mehr Vorbereitungszeit gewünscht, aber ich habe die Herausforderung gerne angenommen. Ich weiß, was zu verändern ist, aber das wird dauern. Ich weiß auch, dass niemand hören will: Wir brauchen Zeit und müssen geduldig sein. Aber so ist es tatsächlich! Es braucht niemand zu glauben, dass ich der David Copperfield oder irgendein Wunderwuzzi bin. Bis alles so aufgestellt ist, wie ich das möchte, wird es eine Zeit lang dauern.

>> Zum ersten Teil des Interviews: Barišić über das chronische Scheitern der Eigenbaustürmer, die Trennlinien zwischen ihm und Didi Kühbauer und was ihm beim Thema Taferner "auf die Nerven" geht

Stichwort Aufbau: Gehen ihnen teilweise die Bekenntnisse zu Rapid seitens der Spieler ab?

Stefan Schwab hat in einem super Interview gesagt, dass sich jetzt jeder Spieler an der Nase nehmen und hinterfragen soll. Das war sehr wohl eine kantige Aussage und ein Bekenntnis zu dem, was letztes Jahr passiert ist und was in der nächsten Saison passieren soll.

Mit einem Blick auf den Kader lässt sich aber nicht ausschließen, dass der eine oder andere Leistungsträger den Verein im Sommer verlässt.

Irgendwann machen diese Spieler im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich den nächsten Schritt. Dass sie alle bis zur Pension bei uns sind, spielt es heute nicht mehr. Wir müssen uns von dieser Zeit verabschieden, es ist alles viel schnelllebiger geworden. Das Wichtigste ist: Ich will dieses Rapid-Bekenntnis auf dem Platz sehen! Dass sich jeder zerreißt, dass sich jeder dessen bewusst ist, dass er dem Fan gegenüber Verantwortung hat und sich dafür, salopp gesagt, den Hintern aufreißt. Ansonsten wird es Probleme mit der sportlichen Führung geben.

Bereiten Ihnen jene Spieler, die sich möglicherweise sportlich und wirtschaftlich verbessern möchten, schlaflose Nächte? Haben Sie in dieser kurzen Zeit im Amt schon so eine "Schattenmannschaft"  mit potentiellen Ersatzkandidaten zusammenstellen können?

Ich habe die Scoutingabteilung umgebaut, jetzt wird zu Papier gebracht, wo jeder seine Kernaufgabe hat. Das wird komplett umstrukturiert, auch personell gibt es einige Veränderungen. Natürlich ist es in so einer kurzen Zeit nicht machbar, ein "Schattenteam" aufzustellen. Es gab ein bestehendes, das aber keine Gültigkeit mehr hat. Was diese Transferperiode betrifft, bin ich abhängig davon, was in der Vergangenheit gemacht wurde.

Ist das dann trotzdem schon Ihre Handschrift oder noch die Ihres Vorgängers?

Das ist mir wirklich egal! Ich respektiere meinen Vorgänger Fredy Bickel sehr. Wenn wir Meister werden, soll's von mir aus der Erfolg von meinen beiden Vorgängern sein. Ich würde mich auch nicht feiern lassen, sollte es soweit kommen. Fußball ist ein Mannschaftssport. Für Erfolg oder Misserfolg ist nicht nur eine Person verantwortlich.

Angenommen Sie hätten eine Zeitmaschine und könnten einen Spieler aus ihrer damaligen Trainerzeit - also auch in seiner damaligen Form - heute für Rapid verpflichten. Wer wäre das?

Da würden mir ein paar Spieler einfallen. Es wäre aber unfair, jetzt einen zu nennen. Es ist rein hypothetisch, aber mich würde auch interessieren, wie sich die Rapid Amateure, die ich zwischen 2011 und 2013 trainierte, heute schlagen würden. Vor allem, wenn sie zusammengeblieben wären. (Anm.: Damals waren unter seinen Schützlingen Spieler wie Tobias Knoflach, Brian Behrendt, Christian Schoissengeyr, Maximilian Hofmann, Philipp Lienhart, Mario Pavelić, Dominik Wydra, Peter Haring, Peter Žulj, Eldis Bajrami, Kristijan Dobras, Louis Schaub, Lukas Grozurek, Dominik Starkl.)

Wo haben Sie am meisten den Kopf geschüttelt? Beim Abschied von Rapid damals, jenem von Karabükspor oder von Olimpija Ljubljana?

Alle drei waren sehr kurios. Bei Rapid tat es am meisten weh, weil ich emotional sehr verbunden war. Der Einzug ins neue Stadion, außerdem waren wir doch ziemlich erfolgreich. In der Türkei waren wir auch sehr erfolgreich, dann wollte ich die Mannschaft verjüngen, was dort so nicht gewollt war. Zu- und Abgänge waren ein seltsames Politikum, dazu haben sie das Gehalt nicht bezahlt. In Ljubljana hat es mir sehr gut gefallen. Ich wollte etwas aufbauen, plötzlich hatte der Präsident eine Idee mit der ich nicht einverstanden war. Es gab auch Strömungen und Spielervermittler, die sich einmischen, weil sie das schnelle Geld sehen. Aber bei mir gibt's das halt nicht.

David Mayr und Johannes Sturm