18.07.2019 07:57 Uhr

Nestor El Maestro: Sturms Weg zum Pragmatismus

Nestor El Maestro will mit Sturm Graz vor allem eines: Positive Resultate
Nestor El Maestro will mit Sturm Graz vor allem eines: Positive Resultate

Klischeebegriffe nerven ihn, sein Erfolgsrezept ist denkbar einfach: Die Wahrscheinlichkeit, häufiger zu gewinnen, erhöhen. Der neue Sturm-Graz-Trainer Nestor El Maestro über die "Stabilität der Ergebnisse" und warum er im Training mehr auf Defensiv-, denn auf Offensivarbeit setzt.

Wer sich mit Nestor El Maestro über Fußball unterhalten will, wirft das, was sich während der Tätigkeit als Fußballredakteur über die Jahre eingeschliffen hat, am besten schnell wieder über Bord. Stehsätze à la "Wir schauen von Spiel zu Spiel" kommen dem 36-Jährigen, der trotz seines jungen Alters bereits seit zwei Jahrzehnten als Trainer tätig ist, nicht über die Lippen.

Umgekehrt beeindrucken den neuen Chefcoach von Sturm Graz Fragen nach, zum Beispiel, der oft zitierten Spielphilosophie wenig bis gar nicht. "Ich versuche, diese Klischeeworte nicht zu benutzen, weil sie mich mittlerweile nerven", stellte El Maestro, der 1983 als Nestor Jevtić in Belgrad zur Welt kam, im Rahmen der Auftaktpressekonferenz der Bundesliga im Gespräch mit weltfussball klar.

Gut, also anders formulieren, schließlich möchten wir wissen, wie er gedenkt, den SK Sturm nach einer Saison, in der der Verein trotz später Qualifikation für das internationale Geschäft in die kollektive Unzufriedenheit taumelte, wieder in ruhige Gewässer zu führen. Graz ist El Maestros dritte Station als Cheftrainer. Davor war er ein halbes Jahr bei CSKA Sofia in Bulgarien tätig, in der Slowakei hatte er Spartak Trnava 2018 zum Meistertitel geführt.

Nestor El Maestro: Trainingsfokus auf der Defensive

Gelernt hat Nestor El Maestro das Trainergeschäft seit Teenager-Jahren, im Profifußball fasste er unter den Fittichen von Routinier Mirko Slomka Fuß. Bei Schalke, Hannover 96 und dem Hamburger SV war El Maestro in 272 Spielen dessen Co, später arbeitete er bei der Wiener Austria mit Thorsten Fink zusammen. Zwei Coaches mit völlig unterschiedlichen Spielideen. "Thorsten war ein Ballbesitz-, Mirko ein Umschalt-Trainer", erinnerte sich El Maestro. "Ich habe beides gelernt, das ist ja nicht schlecht."

Doch wie soll nun Sturm Graz in der neuen Saison agieren? "Wir müssen schauen, welcher der beste Weg ist, um die Wahrscheinlichkeit, häufiger zu gewinnen, zu erhöhen", sagte El Maestro und betonte, dass es ihm vor allem um Resultate gehe: "Das Wesentliche ist die Stabilität der Ergebnisse. Wir müssen häufiger gewinnen, als in der vergangenen Saison."

Wie das gelingen soll, lässt El Maestro im Gespräch ebenfalls erahnen, ohne, dass man dafür zwischen den Zeilen lesen müsste: "Ich habe ein bisschen den Ruf als defensiver Trainer, das liest sich ein wenig aus den Statistiken heraus. Es ist schon wahr, dass ich im Training mehr in der Defensive, als in der Offensive arbeite. Aber nicht, weil ich finde, dass sie wichtiger ist, sondern weil ich meine, dass ich da mehr Einfluss nehmen kann. Allgemein sind Offensive und Defensive in etwa gleich viel wert."

Auf dem Weg zurück zur Glorie will El Maestro Anlehnung an die jüngere Vergangenheit der Grazer nehmen. "Sturm hat in den letzten vier Jahren auch sehr erfolgreich gespielt und trotzdem einiges an Kritik eingesteckt, was die Spielweise betrifft. Wenn ich einen Weg wählen müsste, kann man sich schon ein bisschen daran orientieren."

Sturm letzte Saison "nicht so desaströs, wie dargestellt"

Die Qualität dazu sieht er auch in der aktuellen Mannschaft: "Das Niveau vieler Einzelspieler ist so, dass man sagt, mit denen musst du in dieser Liga bestehen. Ich persönlich glaube auch nicht, dass das, was die Jungs letzte Saison gespielt haben, so desaströs war, wie es dargestellt wurde." Es sei einfach "brutal schwierig", nach einer besonders erfolgreichen Saison, wie sie Sturm 2017/18 gespielt hatte, "das alles wieder zusammenzubauen", zumal einige Leistungsträger den Verein verließen. "Ob dann zwei Trainerwechsel in einer Saison nötig waren? Es ist nicht meine Aufgabe, das zu beurteilten. Ich freue mich jedenfalls, dass ich jetzt hier bin."

Große Veränderungen auf Personalebene im Kader erwartet der neue Trainer in dieser Transferperiode nicht mehr. "Es ist kein Wunschkonzert. Wir bewegen uns innerhalb unserer finanziellen Möglichkeiten und tun das Beste, was wir können." Sein Motto: "Lieber niemanden holen, als eine Sache, von der wir nicht überzeugt sind."

Er verstehe zwar "die gewisse Nervosität der Fans, weil nach einer nicht zufriedenstellenden Saison nicht allzu viel stattgefunden hat". Aber: "Ich kann die Fans beruhigen: Ich habe bei beiden Neuverpflichtungen (Thorsten Röcher und Emanuel Sakić, Anm.) ein sehr gutes Gefühl. Beide werden uns weiterbringen."

David Mayr