04.09.2019 11:43 Uhr

Enriques Tragik ist keinesfalls Morenos Glück

Robert Moreno (r.) trauert mit Luis Enrique
Robert Moreno (r.) trauert mit Luis Enrique

Wenn es nach Robert Moreno gehen würde, wäre er nie spanischer Fußball-Nationaltrainer geworden. Denn dann würde die Tochter seines Vorgängers Luis Enrique noch leben.

Die Stimme war fest, die strenge Mimik sollte zusätzlich Entschlossenheit vermitteln. Doch das Schulterzucken entlarvte Robert Moreno, noch bevor es seine Worte taten. Dass er durch die Tragik im Leben seines Freundes Luis Enrique ins Rampenlicht gezerrt wurde, konnte der neue Trainer der spanischen Fußball-Nationalmannschaft auch vor seinem ersten Spiel als Chef nur schwer akzeptieren.

"Es gibt drei Pressekonferenzen, an denen ich am liebsten nie teilgenommen hätte", sagte Moreno vor der Partie in der EM-Qualifikation am Donnerstag in Rumänien (20.45 Uhr): "An der vor dem Malta-Spiel, an der bei meiner Präsentation als neuer Nationaltrainer - und an der heute."

Vor dem Spiel gegen Malta im März sprang der damalige Assistent Moreno für seinen Boss Enrique ein, weil dieser "aus privaten Gründen" abreisen musste. Mitte Juni wurde Moreno zum Cheftrainer befördert, weil Enrique "aus privaten Gründen" von seinem Amt zurückgetreten war. Und am Dienstag musste Moreno im Vorfeld der Rumänien-Begegnung vor die Medien treten - wenige Tage nach dem Tod von Enriques Tochter Xana, die aufgrund eines Knochentumors nur neun Jahre alt geworden war.

"Es war eine schwere Woche", gab Moreno unumwunden zu. "Jetzt müssen wir irgendwie versuchen, zu einem ganz schlechten Zeitpunkt durch eine Nebensache ein wenig Freude zu vermitteln", äußerte der 41-Jährige mit Blick auf das Spiel in Bukarest, bei dem auch der deutsche Schiedsrichter Deniz Aytekin angesichts der Umstände vor einer schweren Aufgabe steht: "Mehr können wir nicht tun."

Moreno würde jederzeit Platz machen für Enrique

Mehr muss der Weltmeister von 2010 zum Glück auch nicht tun. Vor den Spielen in Rumänien und am Sonntag gegen die Färöer führt Spanien die Gruppe F mit fünf Punkten Vorsprung an. Vier Siege aus den bisherigen vier Begegnungen sorgen dafür, dass sich das Team um die Rückkehrer Thiago (Bayern München) und Paco Alcacer (Borussia Dortmund) Zeit für die wirklich wichtigen Dinge des Lebens nehmen kann.

"Luis ist mein Freund - und Freundschaft steht über allem. Ohne Freundschaft verliert man alles, was einen als Person ausmacht", philosophierte der loyale Moreno, der seinen Posten gerne wieder für den 49 Jahre alten Enrique räumen würde: "Ganz sicher denkt er derzeit nicht im Entferntesten daran. Aber wenn er sich dazu entscheiden würde, dass er - wann auch immer - wieder zurückkehren möchte, dann würde ich mit Freude zur Seite treten."

Ob es dazu kommen wird, steht noch in den Sternen. Doch an fehlende Kontinuität sind die Spanier mittlerweile gewöhnt. Schließlich stieg Moreno im Juni zum vierten Nationaltrainer innerhalb eines Jahres auf. Enrique hatte erst im Sommer 2018 die Nachfolge von Fernando Hierro angetreten.

Moreno war bisher der Mann für die zweite Reihe

Der war nach seinem erfolglosen WM-Intermezzo in Russland (Achtelfinal-Aus) gegangen. Hierro war kurz vor Endrunden-Beginn für Julen Lopetegui eingesprungen, weil dieser vom Verband RFEF aufgrund seines Wechsels zu Real Madrid gefeuert wurde.

Moreno war bisher der Mann für die zweite Reihe. Beim AS Rom, bei Celta Vigo, beim FC Barcelona und der Nationalmannschaft war er Enriques Assistent. "Wenn wir im nächsten Jahr Europameister werden, wird niemand mehr danach fragen, ob ich Erfahrung habe oder nicht", sagte Moreno in Richtung seiner Kritiker.

Fragen nach Enrique wird es aber sicherlich geben. Leider.