09.09.2019 13:43 Uhr

Team der Stunde: Kosovo heiß auf England

Milot Rashica kann zwar verletzungsbedingt nicht spielen, wird aber vor Ort sein
Milot Rashica kann zwar verletzungsbedingt nicht spielen, wird aber vor Ort sein

Der Kosovo ist seit 15 Länderspielen ungeschlagen. Auf dem Weg zur Qualifikation für die Europameisterschaft 2020 wartet auf den Außenseiter am Dienstag im Fußball-Mutterland England die bisher größte Herausforderung.

Nicht Weltmeister Frankreich oder der Weltranglistenerste Belgien - nein - der Kosovo ist die Fußball-Nationalmannschaft der Stunde in der EM-Qualifikation. Die erst seit 2008 unabhängige Nation ist seit 15 Länderspielen ungeschlagen, am Dienstag (20:45 Uhr) trifft das Team von Nationaltrainer Bernard Challandes auf Spitzenreiter England.

"Laufen, Laufen, Laufen!", brüllte der 68 Jahre alte Challandes den Journalisten auf die Frage entgegen, wie denn sein Team gegen die Three Lions vorgehen wolle, um auch den WM-Halbfinalisten ins Stolpern zu bringen: "Es geht nicht um die Taktik, nicht um die richtigen Laufwege, es geht darum, den Ball gewinnen zu wollen und ein Tor zu erzielen."

Der Kosovo scheint das Verlieren unter Challandes regelrecht verlernt zu haben. Seit dem Amtsantritt des Schweizers im März 2018 feierte sein Team neun Siege und fünf Remis. Die letzte Niederlage ist exakt elf Monate her: Gegen Island unterlag das Team des damaligen Nationaltrainers Albert Bunjaki in der WM-Qualifikation 0:2.

Atdhe Nuhiu bezeichnet die Partie gegen England als "das größte Spiel in der noch jungen Geschichte des kosovarischen Fußball-Verbands. Jeder freut sich darauf", sagte der 30 Jahre Angreifer des englischen Zweitligisten Sheffield Wednesday.

In der Qualifikation für die Europameisterschaft 2020 ist das seit erst 2016 von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) als 55. Mitglied aufgenommenen Team nach vier Partien noch ungeschlagen. In Gruppe A belegen die Kosovaren mit acht Punkten hinter Spitzenreiter England (9) den zweiten Rang.

"Für den Kosovo zu spielen, ist nicht wie für irgendein anderes Land zu spielen"

Gegen die Engländer mit ihrer mächtigen Offensive um WM-Torschützenkönig Harry Kane zählt der Kosovo jedoch erneut als Außenseiter, vor allem, weil das Team laut Challandes nicht verteidigen kann: "Das entspricht auch nicht meinem Naturell als Coach. Nein, es wird das pure Gegenteil sein. Wir müssen ein bisschen Verrücktheit an den Tag legen. Und viel Leidenschaft".

Die Gastgeber von Teammanager Gareth Southgate erzielten in drei Partien 14 Treffer, Kane und Sturmpartner Raheem Sterling trugen sich dabei jeweils fünfmal in die Torschützenliste ein. Es gleicht fast einem Ding der Unmöglichkeit, diese Torfabrik im St. Mary's Stadium von Southampton zu stoppen.

Doch von Anzeichen der Aufgabe suchte man beim Kosovo bisher auch nach Rückständen vergebens. Gegen Bulgarien (3:2) und Tschechien (2:1) drehte das Team um den derzeit verletzen Angreifer Milot Rashica vom Bundesligisten Werder Bremen die Partie nach drohenden Niederlagen.

Die Balkanrepublik hatte erst im Jahr 2008 ihre Unabhängigkeit von Serbien erklärt, die Region war durch den Kosovokrieg von 1998 bis 1999 schwer erschüttert worden. Inzwischen erkennen 114 Staaten die Unabhängigkeit des Staates an. Deutschland zählte zu den ersten Unterstützern.

Für die Spieler des mit 1,8 Millionen Menschen besiedelten Staats ist das Tragen des Nationaltrikots etwas Besonderes. "Für den Kosovo zu spielen, ist nicht wie für irgendein anderes Land zu spielen. Die Menschen haben viel gelitten und jetzt können sie ihr Land im TV sehen", sagte Nuhiu: "Das spielt für uns eine große Rolle. Wir sind alle sehr stolz darauf."