11.09.2019 13:31 Uhr

Nach dem Tod eines Fans: FIFA kritisiert den Iran scharf

Weibliche Fans gibt es bei den Spielen des Iran lediglich im Ausland
Weibliche Fans gibt es bei den Spielen des Iran lediglich im Ausland

Frauen dürfen im Iran noch immer nicht Fußballspiele im Stadion verfolgen. Nach dem Tod einer Frau erhöht sich der Druck auf die Regierung des Irans. Die Reaktion der FIFA war ungewohnt scharf für einen Verband, der sonst gerne vage und inhaltsarm formuliert.

"Wir fordern die iranischen Behörden erneut auf, die Freiheit und Sicherheit aller Frauen zu gewährleisten, die an diesem legitimen Kampf zur Beendigung des Stadionverbots für Frauen im Iran beteiligt sind", erklärte der Fußball-Weltverband unter dem Eindruck des tragischen Todes einer Iranerin, die sich vergangene Woche selbst in Brand gesetzt hatte - und die nun ihren Verletzungen erlag.

Doch die Worte der FIFA reichen der Protestbewegung in Iran nicht mehr aus. Sie fordert vom Weltverband den Ausschluss der Nationalmannschaft von allen Wettbewerben, falls die erzkonservativen Geistlichen in der iranischen Führung am Stadionverbot für Frauen festhalten sollten. Die Forderung ist begründet - schließlich ist die Diskriminierung von Frauen laut der FIFA-Statuten verboten und muss sanktioniert werden.

Tatsächlich soll der Weltverband bereits die Aufhebung des seit knapp 40 Jahren geltenden Verbots, welches die Frauen nach offizieller iranischer Lesart vor dem Anblick halbnackter Männer und einem vulgären Umfeld bewahren soll, für die kommenden WM-Qualifikationsspiele ultimativ eingefordert haben.

Iranische Regierung verspricht Lockerung de Verbots

Die politische Führung, die in dieser Frage gespalten ist, vollführt einen Schlingerkurs. Laut des Sportministeriums sind für das nächste Länderspielspiel am 10. Oktober gegen Kambodscha Frauen zugelassen.

Offen ist allerdings, ob diese Ankündigung tatsächlich für alle Frauen und grundsätzlich für die Zukunft gilt. In der Vergangenheit durften Ausländerinnen und kleine Gruppen von Frauen bestimmte internationale Partien im Stadion verfolgen - andere wiederum wurden festgenommen und angeklagt.

So auch Sahar Khodayari. Die 30-Jährige sollte sich am 2. September wegen Störung der öffentlichen Ordnung und Beleidigung der Polizei vor Gericht verantworten. Die Anhörung wurde zwar verschoben, dennoch soll Khodayari bei dem Termin erfahren haben, dass ihr bis zu sechs Monate Haft drohen.

Sie hatte im März versucht, bei einem Spiel ihres Lieblingsvereins Esteghlal Teheran in der asiatischen Champions League als Mann verkleidet ins Azadi-Stadion zu gelangen. Als Reaktion auf die drohende Gefängnisstrafe zündete sich Khodayari vor dem Gerichtsgebäude an und erlitt dabei schwere Verbrennungen.

Fußball-Profis üben scharfe Kritik am Verbot

Der Tod Khodayaris sorgte für einen Sturm der Entrüstung in den sozialen Netzwerken. Das iranische Fußball-Idol Ali Karimi rief seine 4,5 Millionen Instagram-Follower zum Stadionboykott auf: "Die Frauen unseres Landes sind besser als die Männer", schrieb der frühere Profi von Bayern München zu einem Foto, auf dem eine Frau mit einem Fußball anstelle eines Herzens zu sehen ist - über dem Kopf der Frau sind Flammen zu erkennen.

Auch Nationalmannschafts-Kapitän Masoud Shojaei bezog klar Stellung: "Die Selbstverbrennung einer Frau, die angeklagt wurde, weil sie ein Fußballspiel schauen wollte, ist das Resultat widerwärtigen Denkens und wird für zukünftige Generationen völlig unverständlich sein", schrieb Shojaei bei Instagram.

Sein Teamkollege Ashkan Dejagah forderte ebenfalls ein Umdenken. "Wann wollt ihr endlich mit solchen Sachen aufhören? Genug ist genug", schrieb der frühere Bundesligaprofi.

Unter dem Eindruck der Proteste hat die Regierung eine Untersuchung angekündigt. Für Amnesty International ist der Fall bereits klar. "Khodayari wäre noch am Leben, wenn es dieses Verbot, die drakonische Strafe und die Verhaftung nicht gegeben hätte", sagte Amnesty-Sprecher Philip Luther: "Ihr Tod darf nicht umsonst sein. Es muss Veränderungen in Iran geben, wenn in Zukunft weitere Tragödien vermieden werden sollen."