25.10.2019 16:24 Uhr

Verkehrte Welt vor heißem Revierderby

BVB vor dem Revierderby in der Krise, FC Schalke 04 obenauf
BVB vor dem Revierderby in der Krise, FC Schalke 04 obenauf

Lucien Favre machte gute Miene zum für ihn bösen Spiel. Obwohl vor dem brisanten Revierderby am Samstag (15:30 Uhr) beim FC Schalke bereits über seine möglichen Nachfolger wie José Mourinho spekuliert wird, hielt sich der Trainer von Borussia Dortmund mit Klagen zurück.

"Ich habe kein Problem damit, ich kann damit leben", kommentierte der Schweizer Fußball-Lehrer am Freitag die jüngsten Schlagzeilen. Und doch wollte der mit den mitunter gnadenlosen Marktmechanismen vertraute Routinier nicht auf einen kleinen Hinweis zu seiner Gemütslage verzichten: "Das heißt aber nicht, dass es okay für mich ist."

Das Duell mit dem sportlichen Erzrivalen gilt für Favre als erstes Schicksalsspiel. Nur ein Sieg kann helfen, den Frust über den mutlosen Auftritt des BVB bei Inter Mailand (0:2) zu vertreiben. "Wir durchleben im Moment keine einfache Phase", bekannte Sebastian Kehl. Aus Sorge vor weiterem Ungemach nahm der Leiter der Dortmunder Lizenzspielerabteilung die Profis in die Pflicht: "Jetzt müssen wir zeigen, dass wir wissen, um was es geht."

Eigentlich liegt der Bundesligavierte aus Dortmund bei nur einem Punkt Rückstand auf Tabellenführer Mönchengladbach noch passabel im Meisterrennen und hat auch in der Champions League noch alle Chancen auf das Achtelfinale. Gleichwohl wächst im Umfeld die Kritik an der Arbeit von Favre.

Seine zaudernde und vorsichtige Art scheint sich zunehmend auf die Mannschaft zu übertragen. Nach nur zwei Siegen in den vergangenen sieben Pflichtspielen steht der Schweizer mächtig unter Druck. Viel wird für ihn davon abhängen, wie der BVB das schwere Programm mit Partien gegen Mönchengladbach (Pokal), Wolfsburg, Inter Mailand und den FC Bayern binnen 14 Tagen bewältigt.

Zorc nimmt Mannschaft in die Pflicht

Noch versichert die Klubspitze, keine Trainerdiskussion zu führen und dementiert Gerüchte über ein angebliches Interesse an Starcoach Mourinho. Nach den schlechten Erfahrungen aus dem Jahr 2017, als Peter Stöger im Dezember die Nachfolge von Peter Bosz antrat, würde sich Michael Zorc die Suche nach einem neuen Trainer während der Saison liebend gern ersparen.

Nicht zuletzt deshalb sehnt der Sportdirektor eine deutliche Reaktion der Mannschaft auf die harsche Kritik der vergangenen Tage herbei: "Ich erwarte, dass man unserer Mannschaft ansieht, dass sie die Bedeutung dieses Spiels kennt. Für die Tabelle, für uns selbst, für unsere Fans. Wir wollen merken, dass die Truppe mit jeder Faser des Körpers gewinnen will."

Die Rückkehr von Marco Reus könnte helfen, dass sein Wunsch in Erfüllung geht. Der in Mailand schmerzlich vermisste Kapitän macht nach seinem grippalen Infekt Fortschritte. Favre hofft auf ein Comeback: "Ich kann nicht definitiv sagen, dass er spielen kann. Aber die Chancen sind da. Wir wissen, er ist sehr wichtig für die Mannschaft."

Anders als die Dortmunder gehen die nur einen Punkt schlechteren Schalker mit Rückenwind in die Partie. Nach einem Jahr mit zwischenzeitlicher Abstiegsangst sorgte der neue Trainer David Wagner für einen deutlichen Aufwärtstrend. Für Zuversicht sorgt zudem die jüngste Derbybilanz: Von den letzten sieben Duellen mit dem ungeliebten BVB ging nur eins verloren.

Wagner will sich und sein Team "auf das Wesentliche beschränken"

Dass der BVB noch am Mittwoch in der Champions League antreten musste und dabei wenig Mut für das Derby schöpfte, sieht David Wagner nicht als Vorteil. "Das ist mir relativ latte. Daraus kann man nicht automatisch Vor- oder Nachteile ableiten. Im Derby ist es immer unerheblich, was vorher war", sagte der neue Schalke Coach, der zwischen 2011 und 2015 die zweite Mannschaft der Dortmunder trainiert hatte.

Nach seiner Einschätzung hat sich sein Team mit einem guten Saisonstart auch beim BVB Respekt verschafft: "Diese Dortmunder Mannschaft hat relativ wenig Schwächen. Das ist individuell absolutes Topniveau. Aber ich glaube, da ist angekommen, dass es im Moment nicht das Prickelndste ist, gegen uns zu spielen."

Doch bei aller Vorfreude hofft Wagner, dass ein Team nicht übermotiviert in die Partie geht: "Die Idee ist, sich auf das Wesentliche zu beschränken und sich von der Euphorie freizumachen. Emotionalität ist gerade in einem solchen Spiel top, aber der Fokus sollte auf dem Wesentlichen liegen."