09.04.2020 15:21 Uhr

Die Insolvenzen rücken näher: "Wir werden einige vermissen"

Fritz Keller befürchtet das Schlimmste
Fritz Keller befürchtet das Schlimmste

Die Gefahr von Insolvenzen im deutschen Profifußball wird mit jedem Wochenende ohne Spieltag größer. DFB-Präsident Fritz Keller befürchtet das Schlimmste.

Es war alles andere als eine frohe Botschaft, die Fritz Keller kurz vor Ostern verkündete. "Ja, das ist nicht ausgeschlossen", antwortete der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf die Frage, ob auch Bundesligisten durch die Coronakrise von der Pleite bedroht sind: "Je länger das geht, werden wir dieses Szenario leider erleben müssen - in der 2. Liga sowieso, und in der 3. Liga sieht es noch schlimmer aus."

Keller machte im Interview bei "Phoenix" keinen Hehl daraus, dass der nach wie vor ruhende Profifußball vor einer noch nie dagewesenen Zäsur steht. Die zahlreichen Hilferufe der Klubs seien "seriös und glaubhaft", führte der 63-Jährige aus. Er glaube nicht, "dass die Landschaft nach der Coronakrise gleich sein wird wie heute. Wir werden einige vermissen." Gefährdet seien aber "nicht nur die Profis, sondern alle Ligen von der Verbandsliga bis zur Kreisklasse - und der gesamte Sport. Alle leiden darunter."

Meldung auf Schalke-Homepage lässt das Schlimmste befürchten

Wie sehr unter der Saison-Unterbrechung gelitten wird, zeigen die Sparmaßnahmen der Vereine. Durch Kurzarbeit und Gehaltsverzicht bei den Profis versuchen die Klubs, bis zu einem erhofften Wiederbeginn der Spielzeit über die Runden zu kommen. Dennoch sind laut "kicker" 13 der 36 Erst- und Zweitligisten akut von der Insolvenz bedroht.

Laut der "FAZ" arbeitet die internationale Investmentbank Nomura bereits seit Wochen im Auftrag des Profifußballs an einem Finanz-Notplan. Nomura soll den Klubs einen Überbrückungskredit in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro besorgen, falls die Spielzeit abgebrochen werden muss oder die derzeit laufenden Gespräche mit dem größten Medienrechte-Inhaber "Sky" zu keinem Ergebnis führen.

Falls der Ball im Mai immer noch nicht rollt, könnte das Szenario eintreten, das Christian Seifert schon Mitte März prophezeite. "Dann brauchen wir uns nicht mehr darüber zu streiten, ob es 18 oder 20 Bundesligisten sein sollen", hatte der Boss der Deutschen Fußball Liga (DFL) damals gesagt: "Denn dann wird es keine 20 Profiklubs mehr geben."

Wie dramatisch die Lage ist, macht das Beispiel Schalke 04 deutlich. "Der Verein steht aktuell vor einer potenziell existenzbedrohenden wirtschaftlichen Situation", hieß es auf der Internetseite des Klubs. Eine derart drastische Formulierung auf der Homepage eines Klubs, wo sonst fast nur Erfolgsmeldungen auftauchen und Negativ-Berichterstattung kaum stattfindet, lässt das Schlimmste befürchten.

"Geisterspiele" versprechen Rettung

Rettung versprechen derzeit lediglich die anvisierten "Geisterspiele" unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur dann fließen wieder die Mediengelder - die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Klubs. Darauf baut auch Keller. Der Profifußball könne es schaffen, "wenn wir so früh wie möglich, natürlich nur unter den Bedingungen, niemanden zu gefährden, und unter Zuschauerausschluss, wieder Spiele durchführen können".

Für die 3. Liga gilt das allerdings nur bedingt. Ohne Zuschauer würde den Vereinen, die wesentlich weniger TV-Gelder als die Erst- und Zweitligisten einstreichen, eine wichtige Säule der Finanzierung fehlen. Die Liga könnte eine Reihe der sogenannten "Planinsolvenzen" erleben - falls die Gläubiger mitspielen. Die prekäre Lage der Klubs hat zuletzt dazu geführt, dass die Rufe nach einer Angliederung der 3. Liga an die DFL wieder lauter wurden. Da es sich um eine reine Profiliga handelt, wäre dieser Schritt nach Ansicht der Befürworter folgerichtig.

Wie groß die Unterschiede im Profifußball zwischen Arm und Reich sind, macht schon ein flüchtiger Blick auf den Branchenführer deutlich. Während andere Klubs kaum noch Geld für die Auszahlung der kommenden Monatsgehälter aufbringen können, verlängert Bayern München munter Verträge mit Topverdienern. Gegen wen die zukünftig spielen werden, ist aber offener denn je.