25.04.2020 12:32 Uhr

Viele Fragezeichen, wenig Gewinn: BVB-Leihen im Fokus

André Schürrle (r.) und Jeremy Toljan werden wohl vorerst zum BVB zurückkehren
André Schürrle (r.) und Jeremy Toljan werden wohl vorerst zum BVB zurückkehren

Mit André Schürrle, Marius Wolf, Jeremy Toljan, Felix Passlack, Sergio Gómez und Dzenis Burnic könnten im Sommer gleich sechs Spieler von Leihgeschäften zu Borussia Dortmund zurückkehren - zumal die Coronakrise viele Klubs davon abhalten könnte, derzeit in neues Personal zu investieren. Dem BVB droht also ein aufgeblähter Mega-Kader. Welche Perspektive haben die möglichen Rückkehrer? sport.de wirft einen Blick auf die Personalien.

  • André Schürrle (29, Vertrag bis 2021):

Schon seit Anfang April ist klar: Das Kapitel Spartak Moskau ist für den Weltmeister von 2014 vorzeitig beendet. "Wir sind mit André einvernehmlich übereingekommen, die vertraglich vereinbarte Kaufoption nicht zu ziehen", bekannte Moskaus Sportdirektor Tomas Zorn gegenüber der "Bild".

Schürrle wird nicht mehr für Spartak auflaufen und weilt bereits in Deutschland. Jetzt stellt sich also die Frage: Wie sieht die Zukunft aus?

Fakt ist: Der Vertrag des Dribblers endet im Sommer 2021, doch die Einsatzchancen beim BVB gehen gegen Null. Er ist also günstig auf dem Markt, was ihn für potenzielle Abnehmer interessant macht. Zudem werden auch die Schwarz-Gelben an einem Verkauf interessiert sein, denn so kostet Schürrle dem Klub nur Geld - und das nicht zu knapp.

Mit Besiktas wurde bereits ein möglicher neuer Klub gehandelt. Sportlich kein unattraktives Ziel, selbiges gilt für das Umfeld in der Metropole Istanbul.

Tendenz: Der BVB wird Schürrle auch für eine schmale Ablösesumme gehen lassen, um ihn von der Gehaltsliste zu bekommen.

  • Marius Wolf (25, Vertrag bis 2023):

Der flexibel einsetzbare 24-Jährige wurde im Sommer an Hertha BSC ausgeliehen, um Spielpraxis zu sammeln. Das hat sich auch gelohnt, denn trotz der Trainerwechsel verpasste Wolf lediglich eine Partie - und das aufgrund einer Gelb-Rot-Sperre.

Die Alte Dame besitzt eine Kaufoption über 20 Millionen Euro, war laut "kicker" jedoch nie bereit, eine Ablöse in dieser Höhe zu zahlen. Interesse an einem Verbleib haben die Berliner dennoch.  

"Marius tut unserem Spiel gut. Er hat einen riesigen Willen, ist sehr laufstark, schiebt ständig an und lässt sein Herz auf dem Platz. Er hatte, wie die meisten anderen Spieler bei uns auch, Leistungsschwankungen und kann sicher noch beständiger werden. Aber wir wissen, was wir an ihm haben, und würden mit ihm gern über die Saison hinaus zusammenarbeiten", zitiert das Fachmagazin Hertha-Manager Michael Preetz. Man wolle daher "mit dem BVB sprechen".

Wolf, der in Dortmund noch bis Ende Juni 2023 unter Vertrag steht, bestätigte im Gespräch mit dem "Berliner Kurier" bereits Ende Januar, dass "große Lust" habe, in Berlin zu bleiben. "Ich fühle mich wohl in der Stadt, im Team, im Verein. Das ist das Wichtigste für einen Spieler. Ich denke, wir werden eine gute Lösung finden."

Aussichtslos erscheinen die vermeintlich anstehenden Verhandlungen zumindest nicht. Zumal der BVB 2018 "nur" fünf Millionen Euro für Wolf an Eintracht Frankfurt zahlte und bei der veranschlagten Kaufoption noch etwas Luft nach unten haben dürfte. 

Tendenz: Hertha und der BVB werden eine Lösung finden. Eine zweistellige Millionen-Ablöse dürfte den Besitzer wechseln, der BVB einen kleinen Gewinn verzeichnen und Hertha einen Vollgas-Profi unter Vertrag nehmen.

  • Jeremy Toljan (25, Vertrag bis 2022):

Nach der Leihe zu Celtic Glasgow in der Vorsaison hat der BVB Jeremy Toljan für die Spielzeit 2019/2020 bei Sassuolo Calcio geparkt. Bis zur Corona-Pause absolvierte der Rechtsverteidiger beim Serie-A-Klub 21 von 24 Spielen von Beginn an.

Gegenüber den "Ruhr Nachrichten" machte der Ex-Hoffenheimer keinen Hehl aus seiner Zufriedenheit: "Ich habe viel gespielt, viel gelernt, das war gut für mich. Hier wird viel Wert auf Taktik gelegt. Auf der Abwehrarbeit liegt ein Schwerpunkt im Training. Das hat mir geholfen."

Sassuolo verfügt über eine Kaufoption in Höhe von fünf Millionen Euro. Doch ebenso ist es kein Geheimnis, dass die Pandemie Italien und damit auch die Serie A besonders hart trifft. Zudem verstarb kürzlich auch noch der Klubbesitzer und Geldgeber Giorgio Squinzi, was den kleinen Verein zusätzlich schmerzt.

Tendenz: Toljan kehrt zum BVB zurück und könnte sogar eine Chance bekommen, sich im Training zu empfehlen. Schließlich sind die Außenverteidigerposten in Dortmund nicht erschöpfend besetzt, Achraf Hakimi wird den Klub zudem wohl wieder verlassen. Sollte Toljan nicht überzeugen, wäre eine dritte Leihe eine denkbare Lösung. Nach den guten Eindrücken, die Toljan bei Sassuolo hinterlassen hat, könnten auch einige Serie-A-Klubs die Fühler ausstrecken und dem BVB eine Ablöse um die fünf Millionen Euro bescheren.

  • Felix Passlack (21, Vertrag bis 2021):

Felix Passlack ist der einzige der sechs Spieler, für den die Saison bereits offiziell beendet ist. Denn auch Fortuna Sittard, zu der der Rechtsverteidiger ausgeliehen ist, ist vom Saisonabbruch in den Niederlanden betroffen.

Bei Fortuna war Passlack unumstrittener Stammspieler, verpasste lediglich ein einziges Spiel und das aufgrund einer Gelbsperre. Somit gestaltete sich diese Leihe wesentlich erfolgreicher als jene zur TSG Hoffenheim und zu Norwich City in den Vorsaisons.

Der 21-Jährige kündigte bereits an, um seine Chance beim BVB kämpfen zu wollen. Wirklich rosig dürften die Aussichten aber wohl nicht sein. Auf der anderen Seite hat er durch seine Leistungen in den Niederlanden einen Markt für sich geschaffen.

Tendenz: Gerade, weil er bei seinem nächsten Arbeitgeber "die komplette Vorbereitung absolvieren" möchte und er wohl länger als viele andere Spieler pausieren muss, spricht vieles dafür, dass der BVB Passlack schnell abgeben wird.

  • Sergio Gómez (19, Vertrag bis 2021):

Für drei Millionen Euro eiste Borussia Dortmund den damals 16-jährigen Sergio Gómez vom FC Barcelona los. Nach zwei Jahren in Dortmund, in denen Gómez genau drei Spiele, oder anders ausgedrückt acht Minuten für die Profis der Schwarz-Gelben absolvierte, wurde er im Sommer 2019 schließlich nach Huesca ausgeliehen.

Dort spielt er erstmals in seinem Heimatland auf Profi-Ebene, wenn auch lediglich in der zweiten Liga. In Aragón kam der offensive Mittelfeldspieler in 28 Spielen zum Einsatz, schien erstmals auch auf dem Feld so richtig Fuß gefasst zu haben.

Gómez Zukunft hängt vor allem davon ab, ob Borussia Dortmund kurz- oder mittelfristig Verwendung für ihn findet. Falls ja, wäre eine Vertragsverlängerung mit erneuter Leihe denkbar. Danach sieht es jedoch nicht aus.

Tendenz: Der BVB wird versuchen, den Youngster im Sommer abzugeben. Unter Umständen vereinbart man eine Rückkaufklausel, sollten dem Spanier ungeahnt große Fortschritte gelingen.

  • Dzenis Burnic (21, Vertrag bis 2021):

Der Linksfuß ist der vierte Spieler im Bunde, der bei einer Rückkehr im Sommer in sein letztes Vertragsjahr beim BVB gehen würde. Doch auch Burnics Zukunft liegt nicht in Dortmund.

Derzeit ist er an Dynamo Dresden ausgeliehen. Dort absolvierte er 20 von 24 möglichen Spielen, elf davon über die volle Spielzeit. Somit sammelte der zweimalige A- und B-Jugendmeister im Profibereich erstmals regelmäßig Spielzeit.

Doch, ob er auch über den Sommer hinaus in der sächsischen Landeshauptstadt bleibt, hängt davon ab, ob Dynamo Zweitligist bleibt. Derzeit ist der Klub nämlich Tabellenletzter, hat aber nur drei, respektive vier Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz und das rettende Ufer.

Eine Rückkehr zum BVB "hätte ihren Reiz", sagte der U21-Nationalspieler gegenüber den "Ruhr Nachrichten", ist sich jedoch bewusst, "dass es wichtig ist, dass ich regelmäßig spiele." Und genau das wird beim BVB nicht gegeben sein.

Wie es gehen kann, bewies in den letzten gut eineinhalb Jahren sein ehemaliger Mitspieler Amos Pieper, der im Januar 2019 zu Arminia Bielefeld wechselte und mittlerweile Stammspieler beim Tabellenführer der zweiten Bundesliga ist. Und auch Burnic erkennt: "Es wäre sicher auch gut, wenn ich irgendwann festen Boden unter die Füße bekommen würde und mal zwei oder drei Jahre für einen Verein spiele."

Tendenz: Dresden wäre, so der Klassenerhalt gelingt, sicher keine schlechte Adresse, auch wenn es schon vor der Leihe Anfragen aus dem Ausland gab. "Es gibt noch nichts Konkretes", sagte er jüngst selbst. Der BVB wird versuchen, eine mittlere sechsstellige Ablöse zu generieren. Mehr wird nicht drin sein.

Luis Holuch