28.05.2020 11:20 Uhr

Frauen-Bundesliga zwischen Vorfreude und Verdruss

Melanie Leupolz vom FC Bayern sieht den Restart als
Melanie Leupolz vom FC Bayern sieht den Restart als "Privileg"

Der Restart der Frauen-Bundesliga erntet eine Menge Vorfreude und Aufmerksamkeit, die Kritiker werden vor dem Anpfiff am Freitag aber lauter.

Das hat schon was: Schneller als Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo können Melanie Leupolz, Alexandra Popp und Co. wieder loslegen. Den Restart der Frauenfußball-Bundesliga feiern die einen als "historischen Moment" mit enormer Signalwirkung, andererseits wächst vor dem Anpfiff am Freitag das Lager der besorgten Kritiker.

Dabei klingt es erst einmal sensationell. Als europaweit erste Frauen-Liga nimmt die deutsche Eliteklasse inmitten der Coronakrise den Spielbetrieb wieder auf. Auch die Fußballerinnen dürfen nach dem Wiederbeginn der Männer-Bundesligen ihren Geistermeister ausspielen.

"Dass wir jetzt wieder spielen dürfen, ist ein großes Privileg", sagte Bayern Münchens Kapitänin Melanie Leupolz im "SID"-Interview. Auch Trainer Stephan Lerch von Serienmeister VfL Wolfsburg äußert tiefe Dankbarkeit: "Das ist Anerkennung für uns als Profiliga."

Berufstätige Spielerinnen stehen vor Problemen

Genau damit benennt der Coach des enteilten Spitzenreiters aber auch ein Kernproblem - denn mitnichten sind alle Bundesliga-Spielerinnen Vollzeitprofis. Häufig wird nebenbei gearbeitet, studiert oder die Schulbank gedrückt. Und da wird das auf dem Männerfußball basierende Hygienekonzept zur Herausforderung.

"Es sind viele Spielerinnen, die berufstätig sind, die sich dafür jetzt auch Urlaub nehmen müssen", sagte Sharon Beck vom SC Freiburg dem "SWR" in Bezug auf die geforderte einwöchige Hotel-Quarantäne vor dem Restart und fragte: "Wie stellt sich der DFB das vor?"

Weiterer Kritikpunkt: Die kurze Vorbereitung aufgrund behördlicher Einschränkungen für die ungewohnt hohe Belastung mit bis zu sieben Liga-Spielen bis zum 28. Juni. "Die große Sorge aller Verantwortlichen ist, dass es zu vielen Verletzungen kommt", sagte Sven Thoß, Trainer des SC Sand aus dem Ortenau-Kreis, der "Badischen Zeitung".

Und dann ist da der Fall Jena. Dem USV ist in Thüringen bis zum 5. Juni kein Mannschaftstraining erlaubt. Das sieglose Tabellenschlusslicht bestreitet seine einwöchige Quarantäne daher ab Samstag im hessischen Grünberg und steigt somit verspätet in den Ligabetrieb ein. Die Spielerinnen wehrten sich gegen das Mammutprogramm in den sozialen Netzwerken.

DFB-Präsident rühmt Geschlossenheit

Und nahmen den DFB ins Visier. So sei etwa die angekündigte Zahlung von 300.000 Euro aus dem Solidaritätsfonds der Deutschen Fußball Liga (DFL) zum Zwecke der Saisonfortsetzung in 3. Liga und der Frauen-Bundesliga (7,5 Mio. Euro) noch nicht geleistet worden.

Der Zuschuss für die sechs Frauen-Bundesligisten ohne Anbindung an einen Erst- oder Zweitligisten aus dem Männerfußball (Jena, Sand, Duisburg, Essen, Potsdam, Frankfurt) hatte dem Projekt Restart angesichts von Mehrkosten für Quarantäne und engmaschigen Tests den Weg geebnet. Und so die positiven Abstimmungen der Vereinsvertreter pro Saisonfortsetzung erst ermöglicht.

DFB-Präsident Fritz Keller, geschunden von den Grabenkämpfen der 3. Liga, rühmte die Geschlossenheit, die der Liga eine "Vorreiterrolle im internationalen Frauenfußball" bescherten - endlich mal wieder. Nach sinkenden Zuschauerzahlen in den Stadien und ausbleibendem internationalem Erfolg weckt der Restart inmitten der weitgehend sportlosen Coronakrise großes Interesse über die Landesgrenzen hinaus.

Die angeblich schon enteilte Konkurrenz, die Frauen-Ligen in England, Spanien oder Frankreich, hat nämlich bereits die Saison abgebrochen. Und so wird das Comeback von Leupolz, Popp und Co. beispielsweise neuerdings in Schottland ausgestrahlt. "Wir haben alle dafür gekämpft", sagte Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter des VfL Wolfsburg, dem NDR. "Jetzt bekommen wir eine große Plattform, von der wir profitieren werden."