14.07.2020 13:08 Uhr

Jungwirth in der MLS-Blase: "Natürlich hat Trump versagt"

Florian Jungwirth spielt für die San Jose Earthquakes
Florian Jungwirth spielt für die San Jose Earthquakes

Florian Jungwirth aus Gräfelfing bei München sitzt und spielt derzeit in der "bubble" der US-Profiliga Major League Soccer. Eine Erfahrung, auf die er gerne verzichtet hätte.

Florian Jungwirth hat es ziemlich weit gebracht. Aus der Gemeinde Gräfelfing bei München ist er über den TSV 1860, Dynamo Dresden, den VfL Bochum und Darmstadt 98 im Februar 2017 in Kalifornien gelandet, bei den Earthquakes aus San Jose. Derzeit blickt der 31 Jahre alte Defensivspieler aus einem Fenster im Walt Disney World Swan and Dolphin Resort in Orlando/Florida. Auf die Erfahrung hätte der frühere Junioren-Nationalspieler freilich gerne verzichtet.

"Meine Frau ist in San Jose, es ist keine einfache Situation, sie jetzt alleine zu lassen", sagt Jungwirth. Die US-Profiliga Major League Soccer (MLS) hatte alle 26 Mannschaften in die "ESPN World of Sports" beordert, um in Turnierform den Meister des Jahres 2020 zu ermitteln, wobei: Die Klubs aus Dallas und Nashville mussten ausgeschlossen werden - Corona. Sollten die Earthquakes das Endspiel am 12. August erreichen, hätte Jungwirth sieben Wochen in Isolation verbracht.

Bei allem, was derzeit in den USA so passiert, wäre Jungwirth lieber bei seiner Frau. Die "aktuelle Situation" mit "Corona, den Protesten, viel Gewalt, vielen Schießereien im Land - das ist kein Zustand, den man komplett ausblenden kann", gibt er zu. Und dann lebt er ja derzeit auch noch in dieser Blase, er ist eingesperrt in dieser riesigen Anlage: "Man hat schon ein bisschen Lagerkoller." Nach einem 0:0 gegen die Seattle Sounders treffen die Quakes am Donnerstag auf die Vancouver Whitecaps.

Jungwirth: "Leben in Deutschland wäre deutlich einfacher"

Jungwirth und seine Mannschaft reisten sogar noch ein paar Tage früher in die "bubble" als vorgeschrieben - in San Jose war ihnen Training nicht gestattet, nicht zuletzt, weil sich Kalifornien zu einem Hotspot der Pandemie entwickelt hat. "Natürlich", sagt Jungwirth angesichts seiner privaten und beruflichen Umstände, "guckt man dann neidisch in sein Heimatland, weil die Deutschen das so gut hinbekommen. Das Leben in Deutschland wäre deutlich einfacher."

Den Umgang mit der Pandemie sieht Jungwirth wenig überraschend kritisch. "Natürlich hat der Präsident versagt", sagt er über US-Präsident Donald Trump, "aber nicht nur der Präsident, auch die Gouverneure." In Kalifornien etwa passiere alles "mehr aus Zufall", findet er. Dort regiert der Demokrat Gavin Newson. Jungwirth findet, die Politiker, egal welcher Partei, müssten zusammenarbeiten, "das ist überhaupt nicht passiert, deswegen sind wir jetzt in dieser katastrophalen Lage".

Zukunft in San Jose gesichert - Vertrag verlängert

Gefreut hat Jungwirth hingegen, dass die Spieler und die Liga beim Turnier deutliche Zeichen gegen Rassismus gesetzt haben. Die Aktionen hält er für "überragend" und "einfach wichtig".

Als Fußballer "sind wir Entertainer, um die Leute glücklich zu machen, aber auf der anderen Seite sind wir auch Vorbilder für die Gesellschaft". Die MLS war bedingt durch ihren Restart die erste US-Profiliga, die sichtbar Stellung bezog - die Resonanz nicht nur in den heimischen Medien war entsprechend groß.

Trotz aller Probleme, die ihn in den USA derzeit hautnah begleiten: An eine Rückkehr denkt Jungwirth, der 44 Spiele für deutsche U-Nationalmannschaften bestritten hat, derzeit nicht. Seinen Vertrag in San Jose hat er erst im Oktober 2019 um ein paar Jahre verlängert - wie lange, ist Betriebsgeheimnis. "Ich liebe die Liga", vor allem aber liebt er die Bay Area, dort, "wo meine Freunde ja ihren Jahresurlaub verbringen. Da weißt Du, dass Du gesegnet bist". Trotz aller Probleme.