16.08.2020 11:32 Uhr

"Mutter aller Debakel": Messis Barca-Ära steht vor dem Ende

Wie geht es für Lionel Messi und den FC Barcelona weiter?
Wie geht es für Lionel Messi und den FC Barcelona weiter?

Ende einer Ära - für den spanischen Fußball und den großen FC Barcelona: Die Katalanen werden "geschreddert" und stehen vor einem Umbruch. Lionel Messis Zukunft ist mehr als ungewiss, Trainer Quique Setién wird gehen müssen.

Lionel Messi vor dem Absprung, Trainer Quique Setién vor dem Rauswurf - zwei Tage nach dem beispiellosen Champions-League-Debakel gegen Bayern München hat der "alte" FC Barcelona keine sportliche Zukunft mehr. Und muss sich, von der 2:8-Blamage gegen den deutschen Rekordmeister in den Grundfesten erschüttert, komplett neu finden - und erfinden.

Der sechsmalige Weltfußballer vermittelte bereits den Eindruck, als ginge ihn der Neuaufbau bei den Katalanen nichts mehr an. Videoaufnahmen zeigten, wie der Kapitän in der Halbzeitpause beim Stande von 1:4 apathisch und sichtlich ratlos in der Kabine hockte. Später, als der Mannschaftsbus am Hotel in der Stadt vorfuhr, wurden der gedemütigte Superstar und seine Mitspieler von den dort versammelten aufgebrachten Anhängern ausgebuht.

Die Reaktionen in Spanien, das nach der krachenden Niederlage gegen den FC Bayern erstmals seit 13 Jahren keine Mannschaft im Halbfinale der Champions League stellt, fielen gnadenlos aus. "Historische Erniedrigung", "Desaster", "Schande", eine "historische Lachnummer", "schwärzeste Stunde der Geschichte" des Klubs, "die Mutter aller Debakel" - die Medien zerrissen Trainer, Spieler und Präsidium in der Luft, "selbst Messi war völlig überfordert", schrieben sie.

Setién wird seinen Hut nehmen müssen

Weggeschwemmt vom "Tsunami" FC Bayern ("Marca") wurde vor allem auch Marc-André ter Stegen: Acht Gegentreffer, so viele hatte noch keine Mannschaft in der K.o.-Runde der Champions League kassiert. "Es tut mir etwas leid für Marc, dass er so viele Tore kassiert hat", sagte Manuel Neuer über den Konkurrenten und betonte: "Das wünscht man natürlich keinem Teamkollegen in der Nationalmannschaft."

Am Freitagabend ging im "Stadion des Lichts" eine Ära zu Ende. Wer auch immer die Zukunft gestalten wird: Er steht vor einem Trümmerhaufen. "Wir sind am Tiefpunkt angelangt", sagte Gerard Piqué. Der von der "Dampfwalze" FC Bayern ("Marca") überrollte Abwehrchef machte bei seiner Kritik auch vor sich selbst nicht halt. "Der Klub braucht Veränderungen. Keiner ist unantastbar, am allerwenigsten ich. Um das zu ändern", sagte der 33 Jahre alte Innenverteidiger, "ist frisches Blut nötig."

Zunächst wird es wahrscheinlich schon am Montag Trainer Quique Setién erwischen. "Es ist zu früh zu sagen, ob ich weitermache oder nicht, und es hängt auch nicht von mir ab", sagte er. Die große Frage wird aber sein: Was macht Messi? Am Freitagabend nahm ihn der FC Bayern mit vereinten Kräften aus dem Spiel - schon fiel dem dereinst so begeisternden Barca nichts mehr ein. Messis Vertrag läuft noch bis 2021, in der Nähe des Trainingszentrums von Inter Mailand soll er sich aber schon eine Luxuswohnung gekauft haben.

Messi hat das Ende kommen sehen

Als Lebensversicherung für Barcelona hat Messi ausgedient - auch, weil seine Mitspieler allzu offensichtlich ihre besten Tage hinter sich haben. Neben Messi und Piqué ist auch Luis Suárez schon 33 Jahre alt, Sergio Busquets und Jordi Alba 31. Der umstrittene Präsident Josep Bartomeu sagte nach dem "Desaster", es müssten nun Änderungen vorgenommen werden, "an die wir bereits gedacht haben und an die wir in den nächsten Tagen denken werden".

Bartomeu, seit 2014 im Amt, ist am schleichenden Verfall von Barca freilich direkt beteiligt. Fehlentscheidung reihte sich an Fehlentscheidung, der Präsident hat längst das Vertrauen der Spieler verloren durch sein erratisches Handeln. Anfang vom Ende war der Verkauf des vergrätzten Neymar an Paris Saint-Germain für 222 Millionen Euro vor drei Jahren. Der Erwerb des französischen Weltmeisters Antoine Griezmann vor der Saison für 100 Millionen Euro erwies sich als Flop.

Messi hatte das Ende kommen sehen. Im Februar und dann noch einmal im Juli, als Barca Tabellenführung und Meisterschaft in Spanien an Real Madrid verspielte, übte er heftige Kritik mit der brutalen Erkenntnis: Wir sind nicht mehr gut genug. Jetzt wurde er darin mehr als bestätigt. Der FC Bayern, schrieb die Sportzeitung "As", steckte "Barca in den Schredder".