11.10.2020 07:51 Uhr

Rummenigge schlägt Alarm: "Werden kämpfen müssen"

Karl-Hein Rummenigge vom FC Bayern wirft dem DFB Gier vor
Karl-Hein Rummenigge vom FC Bayern wirft dem DFB Gier vor

Obwohl der FC Bayern zu den größten, erfolgreichsten und reichsten Vereinen der Welt gehört, muss auch der Rekordmeister den Gürtel in Corona-Zeiten enger schnallen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge schlägt Alarm.

"Wir werden in diesem Geschäftsjahr kämpfen müssen. Ich schließe nicht aus, dass wir zum ersten Mal in meinen 19 Jahren als Vorstandsvorsitzender Verlust machen", sagte Rummenigge in einem Interview mit der "Bild am Sonntag", betonte jedoch: "Wir haben das große Glück, dass wir den Profit in der Vergangenheit immer schön zur Bank getragen haben, das hilft uns jetzt."

Zuletzt hatte Bayern-Präsident Herbert Hainer offenbart, dass die Münchner angesichts der fehlenden Fans mit einem Minus von vier Millionen Euro pro Spiel und 100 Millionen Euro pro Saison rechnen. 

"Bei Champions-League-Spielen ist es teilweise sogar noch mehr", stellte Rummenigge klar: "Aber in der Summe sprechen wir tatsächlich über rund 100 Millionen Euro Mindereinnahmen." In ganz Europa verliere wohl jeder Klub zwischen 50 und in der Spitze 200 Millionen Euro in einer Saison, die er ohne Zuschauer spielen muss. "Wie lange das ein Fußball-Klub aushält, das kann man sich an fünf Fingern abzählen", mahnte der 65-Jährige.

Fußball-Kultur "geht den Bach runter"

Allerdings sorgen nicht nur die finanziellen Aspekte für Sorgenfalten bei Rummenigge. Der Vorstandschef sieht vielmehr "eine Fußball-Kultur, die den Bach runter geht".

"Es gibt keine Atmosphäre, keine Emotionen. Aber ich weiß nicht, wie lange der Fußball das aushält. Es ist alles sehr traurig", so Rummenigge, der befürchtet, dass der Fußball "einen großen Schaden" erleiden wird und es zu einer "Entwöhnung der Fans" kommen könnte. "Die Zukunft des Fußballs steht im Moment wirklich auf tönernen Füßen", bedauerte der Funktionär.

In dem Interview äußerte sich Rummenigge auch zum Image Deutschen Fußball-Bundes (DFB), das er als  schwer beschädigt ansieht.

"Geld, Vermarktung und Politik haben Priorität, aber nicht der Fußball", sagte der Vorstandschef von Bayern München und forderte: "Der DFB muss dringend in ruhiges Fahrwasser zurückkehren. Das ist die primäre Aufgabe von Präsident Fritz Keller."

Karl-Heinz Rummenigge moniert "Wertewandel" im DFB

Der frühere Nationalmannschaftskapitän attestierte dem Verband einen "gewissen Wertewandel" seit dem WM-Triumph 2014: "Es wurde versucht, diesen großen Erfolg finanziell auszunutzen. Mit großen neuen Sponsoring-Verträgen und vielem mehr." Von den Münchner Nationalspielern wisse er, dass sie am Rande der Länderspiele "vermehrt Sponsoring-Termine" absolvieren mussten.

Auch der Bundestrainer sei ein Opfer der finanziellen Interessen. "Der arme Jogi Löw, der jetzt von allen Seiten kritisiert wird, musste ein Freundschaftsspiel gegen die Türkei bestreiten, damit Geld in die Kassen kommt, angeblich fehlen 15 Millionen Euro", sagte Rummenigge und schimpfte: "Was sind 15 Millionen im Vergleich zu dem, was die Bundesliga-Klubs verlieren?"

Der Vorrang von Geld, Vermarktung und Politik gelte "in Teilen auch für die UEFA und FIFA", kritisierte der 65-Jährige. Sein Hauptgroll gilt aber dem DFB. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus habe mit seiner jüngsten Kritik "in vielem recht", betonte Rummenigge.

"Das ist einfach nicht okay"

Als Beispiel nannte er, dass der Verband an Ex-Nationalspieler keine Freikarten mehr ausgebe. Dieses Problem ließe sich lösen, "wenn man das wirklich will. Der DFB will das offensichtlich nicht wirklich."

Bei der Feier zum 30. Jubiläum des WM-Triumphs von 1990, die von Matthäus und Andreas Brehme selbst organisiert wurde, habe sich der DFB "über Corona rausgeredet", monierte Rummenigge: "Das ist einfach nicht okay." Und auch beim 75. Geburtstag von "Kaiser" Franz Beckenbauer "kam nichts" vom Verband.