11.10.2020 13:09 Uhr

Ungewohnter Rüffel für Niklas Süle

Niklas Süle leistete sich beim Spiel gegen die Ukraine einen Patzer
Niklas Süle leistete sich beim Spiel gegen die Ukraine einen Patzer

Niklas Süle soll die DFB-Elf bei der EM als Abwehrchef anführen. Doch beim Sieg in der Ukraine offenbart der Münchner Schwächen - und bekommt einen seltenen Rüffel von Joachim Löw.

Niklas Süle hakte sein 27. Länderspiel schnell ab. "Plus three", teilte der Abwehrchef der deutschen Fußball-Nationalmannschaft via Instagram nach dem schmucklosen Dreier in der Nations League beim 2:1 (1:0) gegen die Ukraine lapidar mit, dazu das Motto: "Keep going". Weiter so? So einfach ist es für Süle nicht.

Denn während er seine Botschaft hinaus in die Welt schickte, wurde der Münchner von Joachim Löw gerüffelt. "Der Elfmeter war unnötig", sagte der Bundestrainer ungewohnt direkt über das plumpe Foul seines Defensiv-Dirigenten vor dem Anschlusstreffer der Ukraine.

Süle hatte Roman Jaremtschuk recht unbeholfen von den Beinen geholt, und sein Gesichtsausdruck danach verriet sofort: Das war ziemlich dämlich. "Da besteht keine Gefahr, wenn der Nik Süle auf den Beinen bleibt", kritisierte Löw. Der Münchner hätte seinen Gegenspieler einfach "begleiten" und "dabei sein" müssen.

Dass sich Süle für die hilflos wirkende Grätsche entschieden hatte, konnte Löw nicht gefallen. Der Bundestrainer sieht den Bayern-Profi für die EM als Anführer seiner Defensive vor, Süle ist ein zentraler Bestandteil der neuen DFB-Achse. Deshalb hat ihn Löw nach Süles Kreuzbandriss schon im September wieder zurückgeholt. Doch auch da lief es nicht rund.

Gegen Spanien (1:1) spielte der 25-Jährige zwar lange gut, beim späten Ausgleich durch Jose Gaya stand er aber am nächsten am Torschützen und spekulierte wie seine Nebenleute vergeblich auf Abseits. In der Schweiz (1:1) wirkte er orientierungslos, kam beim Ausgleich zu spät und wurde nach einer Stunde von Löw erlöst. Nur bei seinem Debüt für die DFB-Auswahl im August 2016 gegen Finnland (2:0) war Süle zuvor ausgewechselt worden.

Süle im Schatten von Ginter und Rüdiger

In Kiew offenbarte er nicht nur Mängel im Zweikampf, "ARD"-Experte Bastian Schweinsteiger kritisierte auch die schwache Spieleröffnung der Innenverteidigung. "Das ist Thema bei uns, wenn wir Dreierkette spielen, dass man aktive Leute braucht", monierte Löw, der sich über "zu lange Bälle weit ins Mittelfeld" ärgerte. Nicht nur von Süle.

Schweinsteiger verstieg sich sogar zu der aussichtslosen Forderung, Jerome Boateng zurückzuholen ("Die Besten sollten spielen"). Süle sollte den einstigen Boss entbehrlich machen, doch in Kiew stand er klar im Schatten von Torschütze Matthias Ginter. Und sogar von Antonio Rüdiger, obwohl der beim FC Chelsea in dieser Spielzeit noch keine einzige Sekunde auf dem Platz stand.

Als Wortführer der DFB-Defensive sieht sich Süle ohnehin (noch) nicht. "Ich habe mich selbst nie als Abwehrchef auserkoren", betonte er zuletzt. Er wolle aber gerne Verantwortung übernehmen, "lauter und präsenter werden". Dazu bekommt er am Dienstag (20:45 Uhr) in Köln gegen die Schweiz erneut Gelegenheit - trotz seines Patzers.