30.11.2020 12:43 Uhr

Maradona-Tod wird zum Kriminalfall

Leopoldo Luque war der Leibarzt Maradonas
Leopoldo Luque war der Leibarzt Maradonas

Leopoldo Luque flossen Tränen die Wangen herunter, als er beschrieb, wie verloren Diego Armando Maradona gewesen war. "Ich wusste, dass er krank war und sein Leben immer schlimmer geworden wäre, wenn ihm niemand geholfen hätte", erzählte der Leibarzt des Verstorbenen sichtlich verzweifelt: "Ich habe für einen sehr komplexen Patienten mein Bestes gegeben."

Und dennoch: Luque steht nun im Fokus der Ermittler. Denn dem Neurochirurg wird die fahrlässige Tötung Maradonas vorgeworfen. Der Tod des argentinischen Weltmeister-Kapitäns von 1986 wird zum Kriminalfall.

Am Sonntag leitete die zuständige Behörde von San Isidro nahe Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires staatsanwaltschaftliche Untersuchungen ein, die Polizei durchsuchte Luques Haus und seine Praxis. Die drei Töchter Maradonas sollen um eine Überprüfung der Medikamente gebeten haben, die ihr Vater in den zurückliegenden Monaten und in Zusammenhang mit einer Gehirn-OP verordnet bekommen hatte. Luque hatte Maradona Anfang des Monats wegen eines Blutgerinnsels im Gehirn operiert.

"Es gab keinen Ärztefehler"

Acht Tage nach dem Eingriff wurde der Weltmeister von 1986 wieder entlassen. Zwei Wochen später starb Maradona am vergangenen Mittwoch im Alter von 60 Jahren laut offiziellen Angaben an den Folgen eines Herzinfarktes.

Vorwürfe bezüglich einer fehlerhaften Behandlung Maradonas stritt Luque vehement ab. "Es gab keinen Ärztefehler", sagte er bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz vor seinem Haus: "Bei einem Patienten mit seinen Symptomen ist ein Herzinfarkt als Todesursache das Normalste der Welt."

Luque betonte, dass er die schnelle Entlassung Maradonas nach der OP nicht gutgeheißen hatte. "Er hätte in eine Reha-Einrichtung gehen sollen, aber er wollte nicht", sagte der Mediziner.

Stattdessen war Maradona nach Hause nach Tigres zurückgekehrt, wo er medizinisch betreut wurde und in der Nähe seiner Töchter sein konnte. Jene hätten auch für die Entlassung aus dem Krankenhaus unterschrieben, berichtete die französische Nachrichtenagentur "AFP" mit Verweis auf eine anonyme Quelle aus dem Familienumfeld.

"Ich weiß nicht, warum dort kein Krankenwagen stand"

Die Staatsanwaltschaft teilte unterdessen mit, sie habe begonnen, das bei der Durchsuchung von Luques Räumen gesammelte Material auszuwerten. "Unsere Ermittlungen dauern an, wir sprechen mit Zeugen inklusive Familienmitgliedern", hieß es von offizieller Seite.

Es sei aber noch "keinerlei Entscheidung" getroffen worden "hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Situation irgendeiner Person". Auch die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung des alkohol- und drogenabhängigen Maradona stehen noch aus.

Zuvor hatte Maradonas Anwalt Matias Morla angeregt, zu ermitteln, warum der Krankenwagen mehr als eine halbe Stunde gebraucht habe, um zum Anwesen des Fußball-Stars zu gelangen.

Luque entgegnete, ein Krankenwagen hätte vor dem Haus jederzeit geparkt sein müssen. "Ich weiß nicht, warum dort kein Krankenwagen stand", sagte der 39-Jährige.

Zudem habe sich die Behandlung in Maradonas eigenen vier Wänden auch seiner Zuständigkeit entzogen. "Ich bin Neurochirurg", sagte Luque: "Ich bin stolz auf alles, was ich getan habe. Ich habe nichts zu verbergen. Ich stehe der Justiz zur Verfügung."