09.12.2020 12:51 Uhr

Zoff um Pogba: Solskjaer reagiert auf Raiolas Kritik

Paul Pogba blieb bei Manchester United einiges schuldig
Paul Pogba blieb bei Manchester United einiges schuldig

Mit einer nächtlichen Inszenierung auf Twitter feierte sich Manchester United im Sommer 2016 dafür, den verlorenen Sohn Paul Pogba zurück in die eigenen Reihen geholt zu haben. Ein vermeintlicher Geniestreich, für den allerdings auch satte 105 Millionen Euro an Juventus Turin flossen. Viele überschaubare Leistungen im Trikot der Red Devils später endet das Kapitel Pogba wohl so wie es begann: Mit einem Knall.

"Der Vertrag läuft im Sommer 2022 aus, aber ich glaube, die für die Parteien beste Lösung besteht darin, ihn in der nächsten Transferperiode zu verkaufen", ließ Pogbas Berater Mino Raiola am Dienstag im Interview mit "Tuttosport" die Bombe platzen. "Ich kann sagen, dass die Zeit von Pogba bei Manchester United vorbei ist." Sein Klient sei schlicht "unglücklich" am Old Trafford.

Aussagen, die man in Manchester nur zähneknirschend wahrnimmt und die noch einmal untermauern, dass der einstige Mega-Deal rückblickend nicht wirklich zu den besten Entscheidungen der Red Devils zählt. 

Teammanager Ole Gunnar Solskjaer war jedenfalls nicht begeistert von Raiolas offensiven Worten. "Es wäre besser, wenn Pauls Agent versteht, dass Fußball ein Mannschaftssport ist und dass wir alle zusammenarbeiten", sagte Solskjaer am Dienstagabend nach der Niederlage gegen RB Leipzig in der Champions League (2:3), die das Ausscheiden der Engländer besiegelte, und fügte an: "Das ist vermutlich das Einzige, was ich dazu sagen werde. Ich möchte nicht zu viel Energie darauf verwenden. Paul konzentriert sich darauf, sein Bestes für unser Team zu geben."

Carragher teilt gegen Pogba aus

Sportlich ist der Franzose, der mit der "Équipe" 2018 den WM-Titel gewann, längst nicht mehr unumstritten, nach der klaren Ansage von Raiola scheint das Tischtuch allerdings endgültig zerschnitten. Experten und Fans teilen mächtig gegen den 27-Jährigen aus.

"Pogba ist den Ärger nicht wert. Werdet ihn los", wetterte Ex-Nationalspieler Jamie Carragher gegenüber "Sky Sports". "Es ist sehr, sehr einfach. Das ist alles, was passieren muss." Er predige ohnehin seit zwölf Monaten, dass Pogba "der überschätzteste Fußballer ist, den er jemals in seinem Leben gesehen hat", so Carragher weiter.

Eine goldene Zukunft sieht er für Pogba ebenfalls nicht. "Ich habe keine Ahnung, wohin er gehen wird. Wer würde ihn nehmen? Ich verstehe es nicht." Es gebe auf der Welt zum Beispiel kein Szenario, in dem es vorstellbar sei, dass Real Madrid oder Barca den Mittelfeldspieler verpflichten würden, teilte Carragher weiter aus.

Carragher ist allerdings bei Weitem nicht der erste Experte, der Pogba derart kritisch sieht. Auch Ex-ManUnited-Coach René Meulensteen ließ zuletzt kaum ein gutes Haar am Franzosen. Der Niederländer betreute Pogba während seines ersten Engagements in Manchester von 2009 bis 2012. Damals agierte Meulenstein als Co-Trainer von Sir Alex Ferguson, Pogba schwang sich gerade von der Nachwuchshoffnung zum absoluten Top-Talent auf und machte seine ersten Schritte im Profi-Fußball.

"In keiner Weise Weltklasse": Ex-Coach watscht Pogba ab

"Du kannst alles Talent der Welt haben, aber es geht auch darum, hart zu arbeiten, denn nur durch harte Arbeit bist du in der Lage, deine Qualität auch auf den Platz zu bringen", erklärte Meulensteen im Gespräch mit dem YouTube-Kanal "Stadium Astro". Bei Pogba vermisst der 56-Jährige diese Bereitschaft.

"Was mich angeht, hat er nicht hart genug gearbeitet", so Meulensteen unmissverständlich. Ihm falle durchweg auf, dass Pogba daher oftmals zu langsam und mühevoll agiere und dass die Gegner von United daraus Kapital schlagen. 

Dass man Pogba spätestens nach dem Gewinn der WM 2018 mit dem französischen Nationalteam in die Weltklasse erhob, kann dessen Ex-Trainer ebenfalls nur schwer nachvollziehen. "Er ist ein sehr talentierter Spieler und jeder sagt über ihn: 'Er ist Weltklasse, er ist Weltklasse'", holt Meulensteen aus und ergänzt: "Ich würde das Wort Weltklasse niemals so leichtfertig nutzen, denn ich kenne ehemalige und aktuelle Spieler, die diese Bezeichnung verdient haben. Meiner Meinung nach gehört Paul in keiner Weise dazu, weil er die Erwartungen an seine Person nicht erfüllt."

Manchester United verlängerte Vertrag von Paul Pogba

Dabei dürfe man vom 27-Jährigen sogar noch mehr erwarten. Dafür müsse Pogba allerdings endlich hart arbeiten und damit auch ein Vorbild für seine Teamkameraden sein. Andernfalls seien Probleme unabdingbar, da diese den Mittelfeldspieler hinterfragen würden. 

Auch 2020/21 unterliefen Pogba bereits einige, teils spielentscheidende Fehler. Wohl auch ein Grund dafür, dass ManUnited-Teammanager Ole Gunnar Solskjaer nur 13 Mal auf seinen Schützling setzte. Über 90 Minuten wirkte Pogba sogar nur dreimal mit. Zuletzt beim 3:1-Sieg gegen West Ham United erzielte er sogar einen Treffer. Solskjaer schonte jedoch einige Leistungsträger für das wichtige Duell mit RB Leipzig in der Champions League.

Etwas verwunderlich ist daher, dass man am "Theatre of Dreams" unlängst eine Option zog, die den sicherlich sehr gut dotierten Vertrag von Pogba automatisch bis zum Sommer 2022 verlängert.

"Paul ist unser Spieler, er wird noch zwei weitere Jahre hier sein, und ich bin sicher, dass Paul sich darauf konzentriert, sein Bestes für uns zu geben, und wir wollen auch das Beste von Paul sehen", erklärte Solskjaer damals. Glaubt man Carragher und Meulensteen ist Pogba von den Besten allerdings noch ein gutes Stück entfernt.

Allerdings ist spätestens nach Raiolas Interview sowieso fraglich, ob United Pogba überhaupt noch einmal das Vertrauen schenken wird. "The Athletic" berichtet mit Verweis auf dem Verein nahstehende Quellen, dass man die Kommentare in Manchester mit "Frustration an der Grenze zum Ärger" aufgefasst hat.