02.02.2021 09:48 Uhr

Kann Mustafi dem FC Schalke überhaupt weiterhelfen?

Shkodran Mustafi läuft ab sofort für den FC Schalke auf
Shkodran Mustafi läuft ab sofort für den FC Schalke auf

Der FC Schalke hat das Gesicht seines Kaders am letzten Tag der Transferphase noch einmal verändert. Statt Ozan Kabak soll Ex-Nationalspieler Shkodran Mustafi dabei helfen, das Unmögliche doch noch möglich zu machen. Warum haben sich die Königsblauen für den Tausch entschieden? Wo sind die Chancen, wo liegen die Risiken? Fragen und Antworten:

  • Wie sind die Rahmenbedingungen des Deals?

Mustafi löste seinen Kontrakt beim FC Arsenal auf, kostet den FC Schalke demnach keine Ablöse. Nur deshalb konnten die Königsblauen den Abwehrspieler überhaupt bis zum Saisonende unter Vertrag nehmen. Bei den Gunners verdiente der Ex-Nationalspieler "spotrac" zufolge rund 5,3 Millionen Euro pro Jahr. Wie viel er für die fünf Monate in Gelsenkirchen bekommt, ist nicht bekannt.

Für Ozan Kabak kassiert der FC Schalke im Gegenzug eine Leihgebühr, die zwischen 1,1 Millionen ("BBC") inklusive Boni und knapp drei Millionen Euro ("Bild") liegen soll. Liegt die tatsächliche Zahl irgendwo dazwischen, dürften die Knappen mit jener Gebühr das Gehalt Mustafis zu 100 Prozent finanzieren können. Darüber hinaus besitzt der FC Liverpool für Kabak noch eine Kaufoption, die zwischen 20 und 30 Millionen Euro liegen soll. 

  • Warum hat sich der FC Schalke auf den Tausch eingelassen?

Mit Kabak geben die Knappen einen hochtalentierten 20-Jährigen ab, der eigentlich, so lautete der Plan bei seiner Verpflichtung im Sommer 2019, die Zukunft des Klubs mitgestalten sollte. Besagte Zukunft steht aber auf wackeligen Beinen. Der FC Schalke steht finanziell so schlecht wie kaum ein anderer Bundesligist da. Der Klub musste also, gerade mit Blick auf einen möglichen Abstieg, handeln. 

"Wirtschaftlich ergibt der Transfer von Ozan Kabak für Schalke 04 extrem viel Sinn", bestätigte auch Sportvorstand Jochen Schneider, dass der Tausch von finanziellen Motiven getrieben wurde. 

In Shkodran Mustafi (28) verpflichteten die Königsblauen im Gegenzug einen Spieler, der in knapp 300 Pflichtspielen in Italien, Spanien und England zum Einsatz kam und entsprechend viel Erfahrung vorzuweisen hat. Mit Sead Kolasinac steht zudem ein ehemaliger Mitspieler Mustafis bereits in der Schalker Viererkette. Dreieinhalb gemeinsame Jahre beim FC Arsenal werden bei der Eingewöhnung neben und der Abstimmung auf dem Platz helfen.

Last but not least dient die Verpflichtung Mustafis den Schalker Verantwortlichen auch als Signal. Als Signal an die eigene Mannschaft, als Signal an die Fans. Die Message ist klar: Wir haben noch nicht aufgegeben! 

  • Kann Mustafi dem FC Schalke überhaupt weiterhelfen?

An dieser Frage scheiden sich die Geister. Auf der einen Seite bringt Mustafi Erfahrung auf höchstem Niveau mit. Champions League, Europa League, WM, EM: Es gibt keinen bedeutenden Wettbewerb, in dem der Abwehrspieler in seiner Karriere nicht auf dem Feld stand. Gute Voraussetzungen für einen neuen "Anführer". 

Auch qualitativ ist der 28-Jährige für die Knappen ein Upgrade - zumindest in der Theorie. Der "beste Mustafi" der letzten Jahre überzeugte mit seinem Stellungsspiel, seiner Zweikampfführung und seiner Passsicherheit. Ein Spieler ohne herausragende Qualitäten in diesen Bereichen hätte es nicht auf über 100 Einsätze für einen der größten Klubs in Englands Eliteklasse gebracht. 

An Motivation wird es dem Neuzugang ebenfalls nicht mangeln, Mustafi will sich schließlich für neue Klubs empfehlen. Für den FC Schalke ist dies Segen und Fluch zugleich, denn klar scheint, dass der Ex-Nationalspieler im Sommer weiterziehen wird und sich die klammen Königsblauen wieder nach neuen Spielern umsehen müssen. 

Zweifel am Transfer sind auch aus anderen Gründen angebracht, denn einige Alarmzeichen sind nicht zu übersehen. In England hatte Mustafi nicht ganz zufällig den Ruf weg, ein Mann für 89 Minuten zu sein. Heißt: Er ist immer für einen Fehler gut, der das Spiel entscheidet. Auch deshalb spielte er beim FC Arsenal zuletzt keine Rolle mehr. Vor allem seine fehlende Geschwindigkeit wurde ihm regelmäßig zum Verhängnis. 

Außerdem kennt Mustafi weder die Bundesliga noch den Abstiegskampf, weiß demnach nicht, was ihn im blau-weißen Trikot auf dem Platz erwartet. Liefern muss er trotzdem sofort, wenn der FC Schalke den Klassenerhalt doch noch schaffen will. Fehler, für die er in London immer wieder in die Schusslinie geriet, darf er sich in Gelsenkirchen nicht leisten.

  • Wie sehr schmerzt den FC Schalke der Abgang von Ozan Kabak?

Für kaum einen Transfer wurde der FC Schalke in den letzten Jahren so gefeiert wie für den von Ozan Kabak. Der Abwehrspieler galt in der Saison 2018/19 als "das nächste große Ding" und wurde sogar vom FC Bayern umgarnt. Eineinhalb Jahre später scheint sicher, dass Kabak das königsblaue Trikot nie wieder überstreifen wird.

Sportlich kann der Tabellen-18. den Verlust des 20-Jährigen sogar verkraften. Kabak schöpfte sein Potenzial in Gelsenkirchen nicht aus. Auch, weil er es nicht ausschöpfen konnte. "Ich glaube, dass es für ihn ein sehr guter Zeitpunkt für den Wechsel ist, weil du - wie jeder Spieler auf der Welt - eine stabile Mannschaft um dich herum brauchst, und das können wir ihm bieten", weiß auch Jürgen Klopp, wie schwer die Situation in Gelsenkirchen für den jungen Abwehrspieler war.

Sportlich also hält sich Kabaks Verlust in Grenzen, perspektivisch allerdings ist er ein schwerer Schlag. Kabak war als "Mann für die Zukunft" eingeplant, als jemand, der das Gesicht des Klubs zumindest über ein paar Jahre prägen kann. Jetzt geht Schalkes Suche nach dem Superstar von morgen erneut von vorne los. Immerhin wird der Youngster dem Verein viele Millionen in die Kasse spülen. Millionen, ohne die es in Gelsenkirchen noch düsterer als jetzt schon aussehen würde.

Christian Schenzel