26.03.2021 21:40 Uhr

Hoeneß attackiert den DFB - Verband wehrt sich

Uli Hoeneß schimpft über die Zustände beim DFB
Uli Hoeneß schimpft über die Zustände beim DFB

Fast schien es, als sei der "Transfer" von Uli Hoeneß zu RTL nur ein PR-Coup gewesen. Der neue Chefkritiker war zunächst ungewohnt zahm, seine Aussagen meist belanglos, seine Pranken lagen wie festgenagelt auf dem Pult.

Viele der rund sieben Millionen TV-Zuschauer fragten sich verwundert: Das ist die berüchtigte Abteilung Attacke? Doch dann gab Moderator Florian König dem neuen RTL-Experten das Stichwort "DFB" - und Hoeneß feuerte aus allen Rohren.

"Das ist ein Trauerspiel", wetterte der Ehrenpräsident von Bayern München über die Führungskrise im Deutschen Fußball-Bund (DFB), "die streiten ja wie die Besenbinder. Es geht ja gar nicht mehr um Fußball, es geht um Postenschacherei, um Aufwandsentschädigungen, um Machtspiele. So kann es nicht weitergehen".

Verband wehrt sich gegen Hoeneß-Kritik

Der Verband wies am Freitagnachmittag auf Anfrage "die subjektiv motivierten, pauschalen und persönlichen Angriffe zurück", ohne näher auf die vielen Kritikpunkte einzugehen.

Bei seinem Rundumschlag hatte Hoeneß ausdrücklich DFB-Präsident Fritz Keller in Schutz genommen, "ihm werden Knüppel zwischen die Beine geworfen". Dafür forderte Hoeneß "personelle Konsequenzen" gegen die drei Keller-Gegenspieler Rainer Koch (Vizepräsident), Friedrich Curtius (Generalsekretär) und Stephan Osnabrügge (Schatzmeister). "Die drei ewig Unzufriedenen versuchen, das Geschäft zu machen - und der Leidtragende ist Fritz Keller", polterte Hoeneß.

Einmal in Fahrt gekommen, war der langjährige Bayern-Patron am Mikrofon kaum noch zu stoppen. Curtius bezeichnete er als "völlig überfordert", Koch spiele ein falsches Spiel ("Glaubt, dass er der geeignete Präsident wäre"), und Schatzmeister Osnabrügge sprach er die Qualifikation für das Amt komplett ab: "Wir wissen ja selbst: Die Steuerfahndung geht beim DFB in etwa so oft ein wie der Briefträger."

Freudscher Versprecher: Rummenigge als FC-Bayern-Vertreter zur FIFA?

Hoeneß nutzte seinen ersten von zunächst drei Auftritten als RTL-Experte auch, um Karl-Heinz Rummenigge für die deutschen Ämter bei FIFA und UEFA vorzuschlagen - mit einem (Freudschen) Versprecher: "Dann hätte der FC Bayern, äh, dann hätte die deutsche Fußball-Welt den besten Vertreter, den man haben kann."

Er habe Bayerns Vorstandschef deswegen kürzlich angesprochen, verriet Hoeneß, "ich glaube, da würde er sich schon geehrt fühlen". Rummenigge lehnte in der Bild-Zeitung am Freitagabend jedoch ab: "Ich stehe für keinen Job beim DFB zur Verfügung." Dieser ist nötig, um in die internationalen Gremien einzuziehen. Zurzeit sitzt Koch im UEFA-Exekutivkomitee, der frühere Schalke-Finanzvorstand Peter Peters soll demnächst in den FIFA-Rat entsendet werden. Auch ihn qualifizierte Hoeneß als ungeeignet ab.

Seine scharfe Attacke auf den DFB war auch deshalb so überraschend, weil er zuvor bei der Analyse des lockeren 3:0-Auftaktsieges der Nationalmannschaft in der WM-Quali gegen Island null polarisierte: "Ich bin total zufrieden."

Bundestrainer? Hoeneß: Lothar Matthäus ist "fantastischer Fachmann"

Hoeneß' TV-Premiere war in der Kabine ein Thema, "wir wussten natürlich auch, dass der Uli da ist", sagte Kapitän Manuel Neuer. Auch Bundestrainer Joachim Löw hatte von Hoeneß nichts zu befürchten: "Herzlichen Glückwunsch, Jogi! Das war ein guter Start."

Die Trikot-Aktion der Spieler ("HUMAN RIGHTS") vor dem Anpfiff, die sich gegen die Menschenrechtsverletzungen im WM-Gastgeberland Katar richtete, lobte der Weltmeister von 1974: "Sehr gut. Wir wollen ja mündige Spieler."

Und auch in die Debatte um den künftigen Bundestrainer mischte er sich ein. Über die Chancen, Hansi Flick trotz laufenden Vertrags bei den Bayern zu bekommen, wollte Hoeneß zwar weniger reden. Dafür aber über Lothar Matthäus. Der Rekordnationalspieler sei ein "fantastischer Fußballfachmann", so Hoeneß, "von den Fähigkeiten her ist er geeignet".