22.05.2021 16:47 Uhr

Hamann adelt Gerland: "Er ist ein harter Hund"

Dietmar Hamann adelt Hermann Gerland
Dietmar Hamann adelt Hermann Gerland

Im Vorlauf zu den Samstagnachmittagspartien des 34. Spieltages der Fußball-Bundesliga hat "Sky" die Verantwortlichen vieler Klubs zum Interview gebeten. Die wichtigsten Stimmen im Überblick:

Thomas Schaaf (Interimstrainer SV Werder Bremen) ...

... ob er in den Sozialen Medien den Hashtag "Wir Schaafen das" mitbekommen hat: "Das kann man nicht vermeiden. Irgendwie bekommst du es immer mit, es wird dir zugespielt. Es zeigt die Verbundenheit der Stadt mit dem Verein und umgekehrt. Es ist eine Stärke dieses Vereins und auch etwas Besonderes."

... zum Empfang der Mannschaft von den Fans vor dem Stadion: "Das ist ein großes Pfand. Wir wissen die Fans, die Bremer hinter uns. Das geht vom Bürgermeister bis zu jedem, der beim Training oder im Stadion ist. Daraus schöpfen wir Kraft und Motivation für die Aufgaben, die uns bevorstehen."

... wie es sich für ihn nach so langer Zeit angefühlt hat am Montag auf dem Trainingsplatz: "Das verliert man nicht. Das lebt man oder man lebt es nicht. Das hat man immer in sich drin. Wenn es zu so einer Trennung kommt und man so eine Aufgabe übertragen bekommt, dann nimmt man sie an und versucht das beste daraus zu machen."

... was er der Mannschaft am meisten mitgegeben hat: "Wenn man eine Reihe von Spielen nicht gewinnt, dann geht das erstmal in den Kopf rein. Man stellt sich Fragen und darauf muss man Antworten haben. Wir haben geschaut, dass wir eine Klarheit in den Köpfen reinbekommen. Die Mannschaft hat bis zu dieser Negativserie Punkte geholt und das heißt, dass die Leistungen bis dahin okay waren. Es geht darum, wieder ein Verständnis dafür zu bekommen, ein erfolgreiches Spiel hinzubekommen."

... zum Spiel: "Wir brauchen für uns eine Idee und Überzeugung. Wir müssen an uns glauben. Die Mannschaft hat viel zu viel über sich ergehen lassen. Wir haben einen sehr, sehr guten Gegner, der eine gute Geschwindigkeit und ein gutes Passspiel hat. Das müssen wir begrenzen und an unsere Fähigkeiten glauben."

Frank Baumann (Geschäftsführer Sport SV Werder Bremen) ...

... auf die Frage, ob der Trainerwechsel zu spät kam: "Man muss da eng dran sein, um das bewerten zu können. Wir haben jetzt den richtigen Zeitpunkt gesehen, weil der Glaube der Mannschaft am Boden ist, auch wenn der Zeitpunkt sehr ungewöhnlich ist. Es kann aber nochmal einen Effekt haben. Thomas Schaaf hat in dieser Woche das gemacht, was er machen konnte. Er konnte natürlich nicht alles verändern, aber er hat einige Ansatzhebel gefunden."

... zur Kritik von Mario Basler im kicker, der den späten Trainerwechsel als populistisch bezeichnet hat: "Wir haben diesen Zeitpunkt, der zugegebenermaßen ungewöhnlich ist, als richtig empfunden. Wir haben am 24. Spieltag 30 Punkte gehabt, lagen elf Punkte vor den Abstiegsplätzen und dann kam die Negativserie, die zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwarten war. Wir haben kurz vorher Frankfurt und Bielefeld geschlagen. Dann gab es eine Entwicklung in den letzten Wochen, auf die wir spät reagieren mussten."

... ob es schwer war, Thomas Schaaf zu überzeugen: "Nein, Thomas hat sich natürlich mit der Situation auseinandergesetzt. Es ist natürlich keine leichte Aufgabe, innerhalb von vier oder fünf Tagen gewisse Dinge zu verändern. Thomas liegt das sehr am Herzen und hat das im Sinne des Vereins getan."

... ob er eigene, persönliche Konsequenzen ausschließt im Falle eines Abstiegs: "Heute geht es nicht um eigene Interessen. Wir haben ein ganz wichtiges Spiel. Ich habe mich schon vor einigen Wochen entsprechend positioniert."

Friedhelm Funkel (Trainer 1. FC Köln) ...

... auf die Frage, was Köln heute besser kann als Schalke: "Ich hoffe, dass wir mehr Tore schießen. Die Mannschaft ist hochmotiviert. Die Mannschaft hat sich gegenseitig gepusht vor dem Warmmachen. Die Spannung, die wir in den letzten Tagen aufgebaut haben, muss um 15:30 Uhr aus allen raus. Wir müssen Gas geben. Das ist das Rezept heute."

... zur Unterstützung der Fans, die den Bus empfangen haben: "Das ist super angekommen. Das, was sie uns auf den letzten 500 Metern mitgegeben haben, das vergisst man nicht. Das war nochmal der letzte große Ansporn, bevor wir in die Kabine gegangen sind."

... zu Horst Heldt im Falle eines Abstiegs: "Ich wünsche Horst, dass er seine Arbeit hier fortführen kann. So schlecht, wie seine Arbeit hier manchmal gemacht wird, ist sie wirklich nicht. Ich habe sechs Wochen mit ihm zusammengearbeitet und habe gespürt, wie er am Verein und an den Spielern hängt."

Horst Heldt (Geschäftsführer Sport 1. FC Köln) ...

... was der Abstiegskampf mit ihm gemacht hat: "Es gibt Vereine, die um die Meisterschaft spielen und leider Gottes, gibt es Vereine, die um den Abstieg spielen. Wir gehören dazu und das ist für alle Beteiligten sehr, sehr intensiv, natürlich auch für die Fans. Das hat man heute bei der Anfahrt gemerkt, dass alle mitfiebern. Wir wollen versuchen, heute über den Strich zu kommen."

... zum Spiel: "Ich weiß, dass die Mannschaft gut vorbereitet ist und eine gute Mischung gefunden hat aus Lockerheit und Fokussierung auf das Spiel. Wir wollen von Beginn an zeigen, dass wir gewinnen wollen. Ich hoffe, dass die Mannschaft das auch umsetzen kann."

... was die Nachrichten der Fans, die auf der Anzeigentafel vor dem Spiel gezeigt wurden, freisetzen kann beim Team: "Das ist immer unterschiedlich. Jeder hat seine eigene Vorbereitung. Es ist wichtig, dass jeder seinen eigenen Weg findet. Wir hoffen, dass es bei dem ein oder anderen nochmal etwas freisetzen kann."

... auf die Frage, ob es sein letztes Spiel sein könnte für ihn in seiner Funktion, sollte Köln absteigen: "Ich weiß, dass ich einen Vertrag habe für die 1. Und 2. Liga. Aber das ist auch nebensächlich. Heute zählt erstmal, ein gutes Spiel abzuliefern und in der Liga zu bleiben. Das ist unser großes Ziel. Alles andere wird man dann sehen."

Frank Kramer (Trainer Arminia Bielefeld) ...

... über das Nervenkostüm: "Wenn wir vor dem letzten Spieltag locker und entspannt wären, wäre das geflunkert. Natürlich ist eine Anspannung da, natürlich auch eine positive Energie, ein Kribbeln. So muss es auch sein, sonst kann man nichts gewinnen. Deswegen brauchen wir diese positive Anspannung auch."

... zum Verlauf der Trainingswoche: "Wir sind ruhig, aber dennoch sehr entschlossen unseren Weg gegangen. Es gilt sich gut vorzubereiten, den Jung sein gutes Gefühl zu geben, Erfolgserlebnisse zu haben."

... ob er die Anspannung bei seinen Spieler in den letzten Stunden gespürt hat: "Natürlich merkt man das. Einige sind in sich gekehrt, es gibt aber auch extrovertiertere Typen, die nochmal ein bisschen mehr aufdrehen. Jeder ist da anders. Für sich als Team muss man aber einen gemeinsamen Weg finden. Jeden muss man lassen, so wie er es gerade braucht und ihn dabei bestmöglich begleiten. Sodass er, wenn der Anpfiff erfolgt, einfach auch eine richtig gute Leistung bringen kann."

... ob er über die anderen Zwischenstände informiert wird: "So lange bei uns alles in Ordnung ist und stabil ist, lassen wir es laufen. Ab der zweiten Halbzeit sind wir mit einem Knopf im Ohr verbunden. Wenn wir dann mehr Risiko gehen müssen, bekommen wir dann ein Kommando. Natürlich spielt das am letzten Spieltag eine Rolle."

... auf die Frage, ob Aberglaube eine Rolle spielt. Der letzte Bundesliga-Klassenerhalt 2008 war auch in Stuttgart: "Ich glaube, dass jeder Fußballer ein klein wenig abergläubisch ist. Da nehmen wir uns nicht aus. Jedes gute Omen nehmen wir mit. Wenn man nicht hier und da das Quäntchen Glück auf seiner Seite hat, kann man keinen Erfolg haben. Alles was einem Glauben schenkt, ist willkommen und bringt ein gutes Gefühl. Und wir brauchen ein gutes Gefühl, um gute Leistungen zu bringen."

Dirk Zingler (Präsident 1. FC Union Berlin) ...

... zu 2000 Zuschauern in der Alten Försterei: "Der gesamte Tag ist wichtig für uns. Die Zuschauer sind zurück. Wir arbeiten seit einem guten Jahr daran, Menschen zurückzuholen und auch Vorreiter zu sein für Kultur und andere Branchen. Wir sind Teil eines Pilotprojekts Berlins. Jetzt ist Fußball dran und wir fühlen uns wohl damit und probieren es aus, damit es in der neuen Saison wieder vorangeht."

... auf die Nachfrage, wie gut das Pilotprojekt läuft: "2000 Menschen zu organisieren ist jetzt nicht der große Aufwand. Wir haben im September und Oktober schon mit 5000 gespielt. Wir können eigentlich 22.000, andere Vereine können 40.000 oder 80.000. Alle Vereine sind gut gerüstet, dass die Menschen wieder zurückkommen. Es ist wichtig für die Politik, auch wieder ein Gefühl zu bekommen. Und da helfen wir gerne."

... was die Qualifikation für die Conference League für Union bedeuten würde: "Wir sind Siebter, wir starten von der Pole Position und wir wollen diesen Platz unbedingt halten und das Spiel gewinnen. Wir haben die letzten 15 Spiele zu Hause nicht verloren. Wenn am Ende Platz Sieben dabei rumkommt, dann ist das die Teilnahme am internationalen Wettbewerb. Das wäre eine Sensation. Wir sind ganz schön aufgeregt und freuen uns darauf. Wenn es einer packt, dann ist es Urs Fischer. Alle haben Bock, auch Max Kruse hat Bock. Von Max bis zum Greenkeeper bis zur Buchhaltung, alle im Verein wollen, dass wir Siebter bleiben."

... auf die Frage, wie die Bundesliga-Saison bis zu diesem Zeitpunkt schmeckt: "Eigentlich ist es egal, wie dieses Spiel heute ausgeht. Die Conference League wäre die dicke, fette Kirsche. Aber auch, wenn wir am Ende Zehnter sind, dann werden wir uns trotzdem heute Abend in den Armen liegen und glücklich sein über diese Saison, weil es sensationell ist. Die Spieler entwickeln sich weiter, der Klub. Wir haben mit Oliver Ruhnert einen tollen Kaderplaner, mit Urs Fischer einen tollen Trainer. Wir haben überhaupt keinen Grund, egal wie das Spiel ausgeht, nicht glücklich zu sein."

Sky Experte Lothar Matthäus ...

... auf die Frage, ob es eine große Geste wäre, wenn Robert Lewandowski nicht versuchen würden, den Tor-Rekord von Gerd Müller zu knacken: "Es wäre eine große Geste. Aber dafür ist er zu viel Fußballer und zu ehrgeizig. Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Das hat es immer gegeben und wird es immer geben. Ich glaube nicht, dass er heute einen Ball absichtlich vorbeischießen wird, um nicht das 41. Tor zu schießen."

... welchen Klub der Abstieg am härtesten treffen würde: "Werder Bremen natürlich. Sie sind wirtschaftlich sehr angeschlagen. Die Bielefelder vielleicht am wenigsten, weil sie als Aufsteiger wussten, dass sie gegen den Abstieg spielen. Die Kölner überschätzen sich meistens sowieso ein bisschen. Der Kader hat von Anfang an nicht mehr hergegeben.

... zum Trainerwechsel bei Werder Bremen: "Ich bin der Meinung, dass dieser Trainerwechsel zu spät gekommen ist. Ich hoffe, nicht viel zu spät. Bremen und der Bundesliga würde es sehr wehtun, wenn Bremen als Traditionsverein absteigt. Sie sind irgendwo ein bisschen selbst dran schuld, weil sie sich wahrscheinlich schon zu früh zu sicher gefühlt haben. Sie hatten am 24. Spieltag 30 Punkte, da waren sie eigentlich gerettet. Ich hätte früher reagiert. Aber jetzt ist es so. Natürlich hat Thomas Schaaf Erfahrung. Er kennt Werder Bremen, aber das ist keine Garantie, dass er die Klasse mit ihnen hält."

Sky Experte Dietmar Hamann ...

... welche Mannschaft den besten mentalen Eindruck im Abstiegskampf macht: "Am wenigsten zu verlieren haben wahrscheinlich die Bielefelder. Keiner hat damit gerechnet, dass sie am letzten Spieltag noch die Chance haben, in der Liga zu bleiben. Die Kölner sind wahrscheinlich in der glücklichen Situation, dass sie die Einzigen sind, die gewinnen müssen. Bei Bremen und Bielefeld könnte ein Punkt reichen, um sicher drin zu bleiben oder 16. zu werden."

... zum Abschied von Hermann Gerland bei den Bayern: "Allein schon, was er für Spieler hochgebracht hat. Das ging in meiner Zeit los. Mit Babbel, Nerlinger. Das ging dann. David Alaba hat diese Woche in einem Interview gesagt, dass Hermann Gerland wie eine Vaterfigur für ihn gewesen sei. Er hat diese Mentalität verkörpert wie kein anderer. Er kommt aus dem Ruhrpott, er ist ein harter Hund. Er hatte ein unglaubliches Gespür dafür, Talente zu sehen und auch zu entwickeln.

... auf die Frage, wie attraktiv die neue Conference League ist: "Das muss man abwarten und schauen, wer letztendlich mitspielt. Die Vereine haben schon alle Interesse, so hoch wie möglich die Saison abzuschließen. Den Stuttgartern und Union würde es wahrscheinlich etwas mehr helfen. Und diese Englischen Wochen sind natürlich auch Erfahrungen. Am liebsten würde ich vielleicht die Stuttgarter dort sehen."