Daley Blind ist selbst auf dem Fußballplatz kollabiert, er trägt einen Defibrillator unter der Haut. Das Drama um seinen Freund Christian Eriksen hat ihn hart getroffen.

Ein Titankästchen, klein wie ein Überraschungsei, nur flacher. Federleicht, nicht mal ein halber Becher Joghurt, aber für Daley Blind bedeutet es die Welt. Droht sein Herz zu versagen, wie erst vor zehn Monaten in einem dramatischen Testspiel gegen Hertha BSC, sendet es lebensrettende Schock-Impulse aus. Es ist ein implantierter Defibrillator.

Es gibt Zeiten, in denen der niederländische Nationalspieler seine Geschichte verdrängen kann: Schublade auf, rein damit, weiter. Das geht ganz gut. Doch das EM-Drama um seinen Freund Christian Eriksen, mit dem er bei Ajax Amsterdam zusammenspielte, traf Daley Blind mit unerhörter Wucht. Gegen die Ukraine ließ er sich danach unter Tränen auswechseln - aber er will spielen: Auch am Donnerstag (21:00 Uhr/ZDF und MagentaTV) gegen Österreich.

So reagierte Daley Blind auf den Auftaktsieg

"Für mich war es ein Deja-vu, das macht es so intensiv. Auch für meine Familie. Meine Eltern, meine Frau. Es war eine große emotionale Barriere, die ich durchbrechen musste, um überhaupt auf den Platz gehen zu können", sagte der 31-Jährige sichtlich bewegt nach dem 3:2-Auftaktsieg. "Ich habe ernsthaft überlegt, es zu lassen. Ich hatte selbst viele Probleme mit dem Herzen."

Denn bereits zweimal ist es ihm ähnlich ergangen. 2019, in einem Champions-League-Spiel gegen den FC Valencia, wurde ihm aus dem Nichts schwarz vor Augen. Ein Herzmuskel war schwer entzündet. Er hatte großes Glück, ließ sich den Defibrillator einsetzen und machte weiter. Bis er sich Ende August gegen Hertha entsetzt an die Brust fasste und an der Strafraumgrenze einfach umfiel: Das Gerät hatte ausgelöst. Der Schock stand Blind in den Augen.

"Am Samstag habe ich dann Christian live gesehen, es war schwierig", sagt Blind. Er kuckte das Dänemark-Spiel mit Freunden aus dem Team - die 2017 den Kollaps des Ajax-Nachwuchsspielers Abdelhak Nouri im Test gegen Werder Bremen auf dem Platz erlebt hatten. Der 24-Jährige ist ein Pflegefall mit bleibenden Hirnschäden. "Ich habe nicht gut geschlafen. Aber jetzt bin ich stolz auf mich", berichtet Blind.

Der sechsmalige niederländische Meister, der auch schon Fußballer des Jahres war, legt trotz seiner unglaublichen emotionalen Belastung Wert darauf, dass er nicht mit dem Feuer spielt. "Die Ärzte sagen, ich bin in Sicherheit", auch wenn der Kopf ab und an andere Signale senden mag.

Emotionen wegen Christian Eriksen

"Ich bin mir sicher, dass Blind mit dem, was passiert ist, eine schwere Zeit hatte", sagte Bondscoach Frank de Boer. "Daley war sehr emotional. Er hatte einige Probleme mit seinem eigenen Herzen, und einer seiner besten Freunde ist Christian Eriksen. Also ist es normal, dass eine Menge Emotionen im Spiel sind."

Der Sieger des Duells zweier Auftaktsieger in Amsterdam steht bereits sicher im Achtelfinale. Für Daley Blind ist das ein Ziel, ja. Ein anderer Wunsch aber ist ihm wichtiger: "Bitte lassen Sie Christian in Ruhe. Geben Sie ihm Raum und Zeit, sich zu erholen."