07.07.2021 13:32 Uhr

Italiens Elfer-Held Jorginho avanciert zum EM-Superstar

Jorginho traf locker lässig zur Entscheidung
Jorginho traf locker lässig zur Entscheidung

Jorginho ist nicht erst seit seinem entscheidenden Elfmetertreffer im Halbfinale der Fixpunkt im italienischen Spiel. Der Weg des gebürtigen Brasilianers zum Star-Regisseur war jedoch steinig.

Jorginho schlug stolz auf das Italien-Wappen über seinem Herzen, als er die Squadra Azzurra auf die coolste aller Arten ins EM-Finale geschossen hatte. Vor Tausenden tobenden Tifosi im Wembley-Stadion zerrte er, der gebürtige Brasilianer, an dem azurblauen Leibchen, als wollte er sagen: Den Elfmeter habe ich nur für dieses Trikot verwandelt. Für den Star-Regisseur persönlich war es nach einer langen Reise ein kathartischer Moment.

"Es fühlt sich wunderbar an", sagte der Mittelfeldstratege des FC Chelsea, nachdem er das Elfmeterschießen im Halbfinale gegen Spanien (1:1 n.V., 4:2 i.E.) gewohnt lässig entschieden hatte. Eingesprungener Anlauf, federleichter Schuss ins rechte untere Eck, Tor.

"Hinterher denkst du: Boah, es ist geschafft", gab ein erleichterter Jorginho zu. Das "Algemeen Dagblad" kommentierte: "Jorginho war beim entscheidenden Elfmeterschuss so kalt wie ein Frosch."

Aber nicht nur wegen dieses Elfers ist der 29-Jährige ein Hauptgrund dafür, dass Italien im Endspiel am Sonntag (21:00 Uhr/ZDF und MagentaTV) in London nach dem zweiten EM-Titel nach 1968 greift. In der italienischen Heimat feierte ihn die "Gazzetta dello Sport" als "neuen Maestro" - eine klare Anspielung an den früheren Spielmacher Andrea Pirlo. Jorginho lenkt die Mannschaft bei dieser Europameisterschaft, wie Pirlo es einst tat.

Sarri hält sogar den Ballon d'Or für möglich

Auch am Champions-League-Sieg Chelseas hatte er mit seinen klugen Pässen einen Löwenanteil, sein langjähriger Förderer Maurizio Sarri forderte bei "Sportitalia" gar: "Wenn er die Europameisterschaft gewinnt, ist er ein Kandidat für den Ballon d'Or." Als Jorge Luiz Frello Filho, wie Jorginho vollständig heißt, in der 50.000-Seelen-Stadt Imbituba in Brasilien aufwuchs, war an derlei Ehren überhaupt nicht zu denken.

In eine Familie mit italienischen Wurzeln hineingeboren, weckte seine Mutter in ihm die Leidenschaft für den Fußball. Als Jorginho 15 Jahre alt war, lud ihn der damals drittklassige Klub Hellas Verona ein.

Als Jugendlicher verließ er sein Elternhaus für ein ungewisses Abenteuer in Italien. Mit der Zeit kamen dem schmächtigen Jungen Zweifel. Teilweise lebte er in einem Kloster und von 20 Euro in der Woche - er drohte durchs Raster zu fallen. Es war seine Mutter, die ihn mit 17 davon abhielt alles hinzuschmeißen.

"Komm nicht zurück. Es mag sich schlimm anfühlen, aber du bist so kurz davor, deinen Traum zu realisieren, und das wird bald passieren", habe seine Mama ihm gesagt, erzählte Jorginho einmal.

Sie behielt recht, ihr Sohn biss sich in Verona bis ins Profiteam durch, ehe er zum SSC Neapel kam, wo er unter Sarri aufblühte. Als jener Jorginho 2018 mit zum FC Chelsea nahm, hatte der einst Übersehene es endlich auf die ganz große Bühne geschafft. So richtig im Rampenlicht steht er aber erst jetzt.