28.07.2021 16:10 Uhr

Watzke schlägt Alarm: BVB im "Dreiviertel-Blindflug"

BVB-Boss Hans-Joachim Watzke macht sich Gedanken über die Fan-Rückkehr
BVB-Boss Hans-Joachim Watzke macht sich Gedanken über die Fan-Rückkehr

Das morgendliche Training im Dauerregen verfolgte Hans-Joachim Watzke mit skeptischem Blick. In Bad Ragaz erlebt der Geschäftsführer die 17. Saisonvorbereitung von Borussia Dortmund. "Aber an so eine kann ich mich auch nicht erinnern", sagte Watzke angesichts des ausgedünnten Kaders, in dem einige Verletzte und EM-Fahrer (noch) fehlen: "Es ist speziell."

Da sich das Aufgebot des neuen Trainers Marco Rose aber nach und nach füllen wird, bereitet die anhaltende Corona-Pandemie mit den steigenden Inzidenzen dem BVB-Boss weitaus größere Sorgen. "Wir planen mit einer Auslastung von 60 Prozent über die Saison gesehen. Und selbst damit werden wir keine schwarzen Zahlen schreiben", erklärte Watzke in einer Medienrunde im Grünen Salon der Fünf-Sterne-Nobelunterkunft Grand Resort Bad Ragaz.

Zum Start gegen Eintracht Frankfurt sind am 14. August Stand jetzt 22.000 Zuschauer zugelassen. Doch das darf für den 62-Jährigen nur der Anfang sein. "Wenn in allen anderen Ländern mit 100 Prozent gespielt wird, geht die internationale Wettbewerbsfähigkeit natürlich völlig flöten", sagte Watzke - und mahnte vor einem Verlust der Topspieler: "Wir können über die Jahre zwar die Verträge anpassen, aber dann werden viele Spieler abwandern."

Watzke will mehr Privilegien für Geimpfte

Damit dies verhindert wird und die Stadien möglichst voll werden, will Watzke Geimpften bei Großereignissen mehr Rechte einräumen. "Irgendwann müssen die Leute, die sich impfen lassen, belohnt werden. Wir haben als Veranstalter schon das Recht zu sagen, wen wir reinlassen", sagte Watzke, der aber gleichzeitig betonte, "kein Anhänger einer Impfpflicht für alle" zu sein: "Aber es wird automatisch dazu kommen, dass Geimpfte mehr Möglichkeiten haben werden."

Mögliche Klagen bei Zuschauerbeschränkungen seitens der Politik schloss Watzke vorerst aus. "Eine Klage kann immer nur die Ultima Ratio sein. Mir ist es lieber, wenn wir versuchen, eine gemeinsame Lösung mit der Politik zu finden", sagte der BVB-Boss, der negativ getestete Personen nicht komplett ausschließen will. Es müsse zudem auch ein Kontinent für getestete Kinder geben.

BVB im "Dreiviertel-Blindflug"

Watzke richtete zudem einen Appell an die Politik, die es bisher "insgesamt gesehen gut gemacht" habe. Wenn sie aber jetzt die Nerven verliere, man wieder nur auf Inzidenzen schaue und am Ende relativ lange wieder nur vor ein paar tausend Zuschauern spielen könne, "dann werden ein ganze Menge Klubs in richtige Schwierigkeiten kommen".

Der BVB habe zwar "immer noch eine wirtschaftliche Stärke". Aber wirtschaftlich befinde man sich "in einem Dreiviertel-Blindflug".

Daher wollte sich Watzke auf weitere Neuzugänge beim Pokalsieger nach Donyell Malen auch nicht festlegen. Alles müsse "Sinn und Verstand machen". Wenn allerdings noch eine Notwendigkeit bestehen sollte, "würden wir was machen".

Watzke: BVB hat den Abstand auf den FC Bayern nicht verkürzt

In Dortmund ist die Sehnsucht groß, den FC Bayern nach neun Meistertiteln in Serie vom Thron zu stoßen. Der Abstand zu den Münchnern sei "gleich geblieben", so Watzke: "Weil Bayern die gleichen Voraussetzungen hat wie wir. Sie haben die gleichen Einnahmeprobleme."

Mit Kampfansagen Richtung München hielt sich Watzke zurück. "Wenn man sich zu weit aus dem Fenster lehnt, dann zeugt das von Übermut statt Vernunft", sagte Watzke. Nach Platz drei in der vergangenen Saison möchte sich der BVB "ein Stückchen verbessern".