23.08.2021 20:10 Uhr

Warum Grammozis bei S04 schon um seinen Job zittern muss

Dimitrios Grammozis (l.) steht beim FC Schalke zunehmend unter Druck
Dimitrios Grammozis (l.) steht beim FC Schalke zunehmend unter Druck

Bye bye, Aufbruchstimmung: Nach nur vier Spieltagen in der 2. Bundesliga hängt der Haussegen bei Absteiger FC Schalke 04 schon wieder gewaltig schief. Nur vier Punkte stehen bislang zu Buche, auch spielerisch läuft wenig zusammen. Erste Fans fordern bereits das Aus von Trainer Dimitrios Grammozis. Zu Recht?

Simon Terodde brachte die Schalker Tristesse am Wochenende auf den Punkt. "Das war ein richtiges Scheißspiel", polterte der Top-Torschütze der Königsblauen nach der jüngsten 1:4 (0:1)-Klatsche bei Überraschungs-Tabellenführer Jahn Regensburg bei "Sky".

Schon nach vier Spieltagen im Fußball-Unterhaus steht Schalke mit dem Rücken zur Wand. Nach Abpfiff drückten die mitgereisten Fans ihren Unmut mit teils lautstarken Pfiffen im Stadion aus.

Andere scheinen hingegen bereits so frustriert zu sein, dass sie einen Schritt weitergehen und sogar die Trennung von Dimitrios Grammozis fordern.

Der Deutsch-Grieche wollte das Debakel erst gar nicht schönreden. "Es war zu wenig - und wenn man dann noch drei Standardgegentore kassiert, ist das alles in allem sehr negativ heute", resümierte der Coach: "So wie heute dürfen wir uns nicht präsentieren und in dieser Höhe verlieren."


Mehr dazu: Grammozis beim FC Schalke schon unter Druck?


Ähnlich sah es Neuzugang Dominick Drexler: "Wir haben heute eine sehr schlechte Leistung gezeigt." Im kommenden Heimspiel am Samstag gegen Fortuna Düsseldorf müsse man sich ganz anders präsentieren.

Gleichwohl stellt sich die Frage, wie viele Chancen Grammozis überhaupt noch erhält. Trotz der widrigen Umstände ist der Trainer nicht schuldlos am Fehlstart. Drei Faktoren machen ihm besonders zu schaffen:

  • Die Hypothek der Vorsaison

Für viele Beobachter ging Grammozis bereits gebrandmarkt in die neue Saison. Mickrige sieben Punkte aus elf Partien in der Bundesliga nährten Zweifel an seiner Eignung für den FC Schalke, der sich seit längerem nach einem unbelasteten Erneuerer sehnt(e).

Die Hypothek der vergangenen Pannen-Spielzeit wirkt nach. Statt Aufbruchstimmung herrscht im Umfeld schon wieder Unzufriedenheit, die sich teils in Frust, teils in Häme offenbart.

Dass der Name des ehemaligen Trainers Domenico Tedesco in den Sozialen Medien regelmäßig als möglicher Nachfolger von Grammozis gehandelt wird, macht die Gesamtsituation nicht angenehmer.

Es zeigt sich: Mit dem derzeitigen Linienchef sind die S04-Fans bis heute nicht richtig warm geworden. Tedescos Popularitätswerte wird Grammozis auf Schalke so schnell jedenfalls nicht erreichen.

  • Die Personalpolitik

Eigentlich sollte der bittere Abstieg als Chance zum Neuanfang gesehen werden. Als Gelegenheit, die starke Nachwuchsarbeit der Knappenschmiede endlich wieder gewinnbringend für das Profiteam zu nutzen.

Nach vier Pflichtspielen ist vom ursprünglichen Plan jedoch nicht mehr viel zu sehen. Grammozis setzt bisher kaum auf die eigenen Talente, die in den letzten Wochen allerdings auch kaum Eigenwerbung betrieben haben.

Bleibt zu klären, ob Florian Flick, Blendi Idrizi und Co. in ihrem Entwicklungsstand überschätzt wurden oder doch andere Gründe für das ausgebliebene Revival der jungen Wilden ausschlaggebend sind. So oder so machen viele Anhänger Grammozis für den Status quo verantwortlich.

Neben seiner Personalwahl hat sich der Ex-Profi auch mit seinen taktischen Entscheidungen nicht überall Freunde gemacht. Dass er in Aue kürzlich von der eingeübten Dreierkette abwich und plötzlich eine Viererkette wählte, sorgte allgemein für Kopfschütteln. Nur eines von vielen Beispielen, das beweist, dass Grammozis' Suche nach Stabilität bis hierhin nicht von Erfolg gekrönt war.

  • Die Kommunikation

"Dass wir eine zusammengewürfelte Truppe haben, will ich nicht als Ausrede benutzen", betonte Grammozis nach der Schmach von Regensburg und ergänzte: "Wir müssen schnell eine Mannschaft werden und wissen, dass es keine einfache Saison wird."

Aber das war den Schalkern schon vor dem Saisonstart in der 2. Liga klar. Auffällig ist, dass der Übungsleiter seine Schützlinge weiter mit Samthandschuhen anfasst - egal, wie schlecht die Leistung war.

Andreas Ernst von der "WAZ" kommentiert diese Art der Kommunikation kritisch: "Keiner verlangt, dass Grammozis seine Profis beleidigt - die Fans erwarten aber ein wenig mehr Klartext. So wie es im Ruhrgebiet üblich ist."

Tatsächlich muss Grammozis aufpassen, dass sein Stil nicht irgendwann zum Bumerang wird. Bei David Wagner war die Diskrepanz zwischen dem gesprochenen Wort und den für jeden Zuschauer ersichtlichen Leistungen auf dem Platz irgendwann zu groß - der Ausgang ist bekannt. Grammozis sollte gewarnt sein.

Heiko Lütkehus (mit "SID"-Material)