24.09.2021 12:52 Uhr

Nach Gladbachs Horror-Start wächst der Druck

Adi Hütter trifft mit Gladbach auf den BVB
Adi Hütter trifft mit Gladbach auf den BVB

Borussia Mönchengladbach erwischte unter dem neuen Trainer Adi Hütter einen kapitalen Fehlstart in die neue Saison. Vor dem richtungsweisenden Duell gegen den BVB mit Hütters in Gladbach verhasstem Vorgänger Marco Rose wächst der Druck - auch intern.

Was Borussia Mönchengladbachs Kapitän am vergangenen Samstag live vor einem Millionen-Publikum im "ZDF"-Sportstudio nach der bitteren 0:1-Niederlage beim FC Augsburg forderte, ließ tief blicken. "So langsam" müsse "diese Phase" mal vorbei sein, sagte Lars Stindl, und meinte damit die Phase des Beschnupperns zwischen der Gladbacher Mannschaft und dem neuen Trainer Adi Hütter. 

"Wir müssen die Qualitäten, von denen wir immer reden, auch auf den Platz bringen und in Ergebnisse ummünzen", stellte Stindl unmissverständlich klar. "Wir spielen und spielen, kommen aber nicht in den Sechzehner und werden nicht gefährlich."

Gegen Augsburg habe Gladbach "keine Idee" gehabt, "in der Box Gefahr auszustrahlen", kritisierte der 33-Jährige. "Aber wenn wir nicht dieses Tor erzwingen, werden wir keine Punkte holen. In der Gefahr befinden wir uns gerade." Klare Worte, die angesichts der großen Gladbacher Ambitionen schmerzen, denen angesichts der nackten Zahlen aber wohl keiner rund um den Borussia-Park widersprechen kann.

Gladbach mit Fehlstart unter Adi Hütter

Sechs Pflichtspiele absolvierte die Borussia inzwischen unter Hütters Regie. Erst zwei Siege gelangen, bei Drittligist 1. FC Kaiserslautern in der ersten Runde des DFB-Pokals (1:0) und am vierten Bundesliga-Spieltag gegen Arminia Bielefeld (3:1). Gegen Augsburg, Union Berlin (1:2) und Bayer Leverkusen (0:4) setzte es Niederlagen. Den 1:1-Achtungserfolg gegen den FC Bayern zum Liga-Auftakt haben sie in Gladbach angesichts dieser durchwachsenen Bilanz schon fast vergessen. Die bittere Zwischenbilanz lautet Tabellenplatz 16.

"Nicht Gladbach-like" sei das, was Hütters Team derzeit anbiete, polterte der frühere Borussia-Profi Lothar Matthäus in seiner "Sky"-Kolumne. "Das, wofür der Klub steht, wird total vermisst. Begeisternder Offensiv-Fußball, viele herausgespielte Chancen, Tore, Tempo, Leidenschaft. Von alledem ist bisher so gut wie nichts zu sehen."

"Mindestens bis Weihnachten", prophezeite Matthäus, werde es "richtig schwer für Gladbach" bleiben. Hütter, für den die Borussia vor der Saison satte 7,5 Millionen Euro an Eintracht Frankfurt überwies, habe "viel Arbeit vor sich und bis hierhin hat er nicht überzeugt".

"Baustelle Borussia"

Die Gründe für die Talfahrt unter dem Österreicher sind vielschichtig. Potenzielle Leistungsträger wie Marcus Thuram, Stefan Lainer und Ramy Bensebaini fehlen verletzungsbedingt, auch Jonas Hofmann plagten zuletzt muskuläre Probleme.

Andere vermeintliche Stützen wie Florian Neuhaus, Christoph Kramer oder Alassane Pléa laufen ihrer Form hinterher. Sogar "Mr. Zuverlässig" Yann Sommer erwischte beim Debakel in Leverkusen einen rabenschwarzen Tag.

Andere Problemzonen fallen eindeutig in Hütters Zuständigkeitsbereich: Defensiv präsentierte sich die Fohlenelf immer wieder allzu sorglos. Offensiv läuft wenig zusammen, zumal die Chancenauswertung bislang überhaupt nicht stimmt. Die Torgefahr nach Standards, in der vergangenen Saison eine große Gladbacher Waffe, ist wie weggeblasen. Klare Abläufe sind sowohl hinten als auch vorne kaum zu erkennen.

Nicht von ungefähr schrieb der renommierte Fan-Blog "Fohlen Hautnah" in einer aktuellen Situationsanalyse von der "Baustelle Borussia".

Trendumkehr ausgerechnet gegen den BVB?

Hütter, der sich nach dem Augsburg-Spiel "sehr enttäuscht und verärgert" zeigte, muss nun zügig den berühmten Bock umstoßen, um zu verhindern, dass noch mehr Unruhe aufkommt - am besten schon gegen den BVB, in einem Spiel also, dem Sportdirektor Max Eberl im Vorfeld unumwunden eine "größere Brisanz" zusprach.

Im Duell mit seinem gerade bei den Gladbach-Fans extrem unbeliebten Vorgänger Marco Rose soll seine Mannschaft Hütter zufolge vieles anders machen als zuletzt - und vor allem besser. "Von der ersten Minute an" müsse das Team zeigen, "dass wir das Spiel gewinnen wollen, von Beginn an in jeden Zweikampf gehen und 90 Minuten lang marschieren" sowie "mutig und schnell nach vorne spielen", sagte der Coach. Damit könne man den Dortmundern "wehtun", ergänzte Hütter. "Nur mit spielerischen Lösungen wird man gegen diesen Gegner nicht bestehen können."

Immerhin: Mit Trendwenden kennt Hütter sich aus. Auch seine Debütsaison in Frankfurt vor drei Jahren begann mit vier Punkten aus fünf Spielen in der Bundesliga enttäuschend. Letztlich führte er die Eintracht aber noch in die Europa League.

Tobias Knoop