04.11.2021 09:34 Uhr

Herthas Millionen-Abgänge: Edeljoker statt Hoffnungsträger

Matheus Cunha (l.) und Jhon Córdoba (r.) spielten letzte Saison noch bei Hertha BSC
Matheus Cunha (l.) und Jhon Córdoba (r.) spielten letzte Saison noch bei Hertha BSC

Sie gehörten zu den zehn teuersten Bundesliga-Verkäufen dieses Sommers, brachen ihre Zelte in Berlin mit großen Hoffnungen verbunden ab. Matheus Cunha und Jhon Córdoba sollten Hertha BSC einst zu neuem Glanz verhelfen, scheiterten in der Hauptstadt dann aber ziemlich kläglich. Immerhin spülte das Duo noch 46 Millionen Euro in die Hertha-Kassen. Der internationale Durchbruch soll jetzt woanders gelingen.

Herthas neuer Sportvorstand Fredi Bobic musste sich im Sommer einige kritische Fragen gefallen lassen, nachdem er mit den millionenschweren Verkäufen Cunha und Córdoba sowie den verliehenen Dodi Lukebakio und Javairo Dilrosun praktisch die versammelte Kreativabteilung der Berliner abgegeben hatte. 

Bobics Reaktion im "kicker" fiel dazu eindeutig aus: "Entschuldigung, aber hab’ ich was verpasst? Wie befriedigend waren die letzte Saison und die davor? Wie weit haben diese Spieler Hertha gebracht?"

Die klare Botschaft des neuen Hertha-Bosses: So hochveranlagt die bisherigen Stars im Team auch sein mögen, ihre Leistung konnten sie aus welchen Gründen auch immer im Olympiastadion nicht oder nur zu selten abrufen, weshalb die Trennung erfolgte.

Doch läuft es jetzt besser? Vor allem bei den Südamerikanern Cunha und Córdoba, für die immerhin schlappe 26 Millionen (Altético Madrid) und 20 Millionen Euro (FK Krasnodar) hingeblättert wurden, kommt diese Frage immer wieder auf, steuerten die beiden in der Vorsaison doch immerhin je sieben Treffer für die Berliner bei und waren somit deren Top-Torschützen.

Cunha empfahl sich während des olympischen Turniers

Matheus Cunha betrieb noch im Sommer mächtig Eigenwerbung, als er zu einem der großen Helden beim olympischen Fußball-Turnier in Tokio avancierte. Im Endspiel, welches seine brasilianische Mannschaft letztlich mit 2:1 nach Verlängerung gegen Spanien gewinnen sollte, traf der Kreativspieler zum wichtigen 1:0 für die Selecao. 

Insgesamt steuerte der 22-Jährige, der eineinhalb Jahre zuvor als Top-Talent von Ligakonkurrent RB Leipzig nach Berlin gewechselt war, drei Treffer für die brasilianische Olympia-Auswahl bei. Ohne anschließende Pause ging es für Cunha direkt nach dem Ende der Olympischen Spiele in der Bundesliga weiter, eine Woche später stand er für die Alte Dame gegen den 1. FC Köln auf dem Rasen.

Es sollte das letzte von insgesamt 74 Bundesliga-Partien für den Stürmer gewesen sein, der noch vor Ende des Transferfensters an den neuen spanischen Meister Atlético Madrid verkauft wurde.

Matheus Cunha stand noch nicht einmal in der Atleti-Startelf
Matheus Cunha stand noch nicht einmal in der Atleti-Startelf

Einen viel besseren Klub hätte Cunha gar nicht finden können, so schien es zunächst. Als neuer Hoffnungsträger in der Offensive wollte der Brasilianer an der Seite von Luis Suárez, Antoine Griezmann, Joao Felix und Co. für den vielleicht wichtigsten Entwicklungsschritt in seiner Karriere sorgen.

"Er will Exzellenz in jedem Moment, jeder Sekunde. Das sorgt immer für Spannung. Er fordert immer das Maximum von dir", berichtete Cunha von den ersten Erfahrungen mit seinem neuen Cheftrainer Diego Simeone. 

Wirklich einbringen konnte der dribbel- und abschlussstarke Offensivmann seine Qualitäten bei Atleti aber noch nicht. Kein einziger Startelf-Einsatz steht bisher zu Buche, achtmal wirkte Cunha lediglich als Einwechselspieler mit. Immerhin: In der Vorwoche glückte ihm als Joker-Spieler beim 2:2 bei UD Levante sein erster LaLiga-Treffer für Atlético.

In der Champions League durfte er hingegen noch überhaupt nicht ran, schmorte dort zuletzt gegen die Top-Teams FC Liverpool oder AC Mailand nur auf der Bank.

Wann Cunha seine ersten richtigen Bewährungschancen unter Simeone bekommen wird, bleibt noch abzuwarten. Unterschrieben hat er in der spanischen Hauptstadt zumindest bis 2026.

Córdoba legt Traumstart in Russland hin

Ganz anders verlief es hingegen beim zweiten XXL-Verkauf der Berliner in diesem Sommer. Der Kolumbianer Córdoba wechselte nach nur einem Jahr in der Hauptstadt, in die er erst im Sommer 2020 vom 1. FC Köln gewechselt war, erneut den Arbeitgeber und unterzeichnete beim russischen Erstligisten FK Krasnodar einen Vierjahresvertrag. 

Der Goalgetter legte beim Klub aus der Premier Liga einen Traumstart hin und knipste bei seinem ersten Ligaspiel für Krasnodar gleich zum 3:0-Endstand. In den folgenden Wochen traf er weiterhin zuverlässig, sodass er nach sechs Saisonspielen bereits bei fünf Treffern steht. 

Jhon Córdoba im Trikot von FK Krasnodar
Jhon Córdoba im Trikot von FK Krasnodar

Seit seinem Tor zum 2:0-Endstand gegen Rubin Kasan herrscht allerdings flaute beim 28-Jährigen, der in den Jahren zuvor immerhin 30 Tore in 119 Bundesliga-Begegnungen erzielt hatte. 

"Stark angefangen, stark nachgelassen" - diese Motto trifft auf Córdobas bisheriges Russland-Abenteuer nur allzu gut zu. Am letzten Wochenende stand er erneut über 90 Minuten für FK Krasnodar auf dem Feld, ging bei der 0:1-Heimschlappe gegen Krylia Sovetov aber mit unter.

Sowohl Matheus Cunha als auch Jhon Córdoba hatten sich nach ihren Abschieden aus Berlin sportlich deutlich mehr erhofft. Gewinner dieser Millionen-Transfers ist wenn überhaupt Sportvorstand Fredi Bobic, der mit dem Duo viel Geld eingenommen und sich als konsequenter Kaderplaner bei Hertha BSC Profil verschafft hat.

Mats-Yannick Roth