24.05.2022 21:37 Uhr

Warum sich Lewandowskis Kuschel-Aus nicht wiederholen wird

Robert Lewandowski bei seinem letzten Heimspiel im BVB-Trikot 2014
Robert Lewandowski bei seinem letzten Heimspiel im BVB-Trikot 2014

Wiederholt sich die Geschichte? Robert Lewandowski will den FC Bayern ein Jahr vor Ablauf seines Vertrags verlassen, der Klub ihn aber nicht freigeben. Schon beim BVB hatte sich die Situation des Polen 2013 ähnlich dargestellt. Borussia Dortmund blieb damals jedoch hart und lag damit richtig: Lewandowski ließ sich aller Befürchtungen zum Trotz nie hängen und ging letztlich als gefeierter Torschützenkönig nach München. Ganz so harmonisch dürfte es im Falle eines endgültigen Bayern-Vetos diesmal nicht laufen.

Der 3. Mai 2014 war für Robert Lewandowski ein ganz besonderer Tag. Schon vor dem Anpfiff des Dortmunder Heimspiels gegen die TSG Hoffenheim kämpfte der Stürmer mit den Tränen. Es gab lautstarke Ovationen, einen großen Strauß gelber Blumen und eine Foto-Collage als Erinnerung an vier erfolgreiche Jahre beim BVB.

Ein Tor gelang dem damals 25-Jährigen in seinem letzten Heimspiel im schwarz-gelben Trikot zwar nicht. Dennoch schallten bei der Ehrenrunde der Mannschaft "Lewandowski"-Sprechchöre durch den Signal Iduna Park.

"Meine Emotionen sind noch immer sehr hoch. Das war ein unglaublich schöner Moment nach so vielen tollen Spielen und vier tollen Jahren beim BVB", sagte ein sichtlich gerührter Lewandowski nach Schlusspfiff.

Zu diesem Zeitpunkt stand sein ablösefreier Wechsel zum großen Dortmunder Rivalen Bayern München bereits seit geraumer Zeit fest, nachhaltigen Schaden nahm sein Image dadurch allerdings nicht. Lewandowski zog mit dem Ruf des "Vollblut-Profis" gen Süden, Groll gab es kaum.

Acht Jahre später steht der Torjäger erneut am Scheideweg, die Vorzeichen sind indes völlig andere.

Öffentliche Schlammschlacht beim FC Bayern

Im Frühsommer 2022 scheint das Tischtuch zwischen Robert Lewandowski und dem FC Bayern endgültig zerschnitten zu sein. Anders als einst beim BVB fallen die Nebengeräusche rund um die Wechselabsichten des Weltfußballers diesmal extrem aus.

Selbstredend war auch in Dortmund Frust zu spüren, als feststand, dass die zu diesem Zeitpunkt nicht übermächtigen Münchner nach Mario Götze einen zweiten Leistungsträger der Borussia von einer Unterschrift überzeugt hatten. Zu einer öffentlichen Schlammschlacht kam es jedoch nie.

Ein Zustand, von dem der FC Bayern derzeit nur träumen kann. Im chronisch aufgeregten Umfeld des deutschen Branchenführers geht es momentan besonders hoch her, angeheizt wird die Stimmung durch Statements aus allen Richtungen: Von Vereins-Oberen, Ex-Profis bis hin zu Beratern und Lewandowski selbst gibt jeder seinen Senf zum Transfer-Theater an der Säbener Straße.

Jüngster Tiefpunkt waren die verbalen Scharmützel zwischen Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Lewandowski-Agent Pini Zahavi, der einen Wechsel seines Schützlings zum FC Barcelona durchboxen will.

"Natürlich können sie Robert noch ein Jahr behalten, fairerweise hat er Vertrag bis 2023, aber das würde ich ihnen nicht empfehlen. Für Robert Lewandowski ist der FC Bayern Geschichte", sagte Zahavi der "Bild".

Lewandowski will den FC Bayern offenbar verlassen
Lewandowski will den FC Bayern offenbar verlassen


Zuvor hatte Salihamidzic im "Sport1"-"Doppelpass" schwere Vorwürfe erhoben. Lewandowski habe "einen Berater, der ihm den Kopf verdreht. Das ist einfach nicht sauber", giftete der Bosnier Richtung Zahavi.

Der Profi selbst hatte bereits nach dem letzten Saisonspiel in Wolfsburg verkündet, nicht verlängern zu wollen und zugleich keinen Hehl aus seinen Abschiedsgedanken gemacht. Von offizieller Seite wurde Lewandowski anschließend verdeutlicht, dass eine vorzeitige Trennung nicht angedacht ist. Eigentlich.

Was Lewandowskis BVB-Abschied von seiner aktuellen Situation unterscheidet

Denn ein Zwangs-Verbleib von Lewandowski würde für den FC Bayern enorme Risiken mit sich bringen, eine Wiederholung der harmonischen Trennung in Dortmund scheint ausgeschlossen. Das hat Gründe.

Zum Einen ist in den vergangenen Wochen und Monaten zwischen Spieler und Verein offenkundig eine Menge in die Brüche gegangen. So beeindruckend Lewandowskis Ausbeute als Sturmspitze der Münchner auch ist, so belastet war sein Verhältnis zu seinen Bossen zuletzt.

"Er fühlt sich seit Monaten von den Verantwortlichen nicht respektiert, das ist die Wahrheit. Der FC Bayern hat nicht den Spieler Lewandowski verloren, sondern den Menschen Robert", verriet Berater Zahavi.

Hintergrund soll sein, dass sich der FC Bayern zwischenzeitlich um den Dortmunder Stürmer-Star Erling Haaland bemüht haben soll, ehe dieser bei Manchester City unterschrieb.

Ein weiterer Faktor und zudem ein großer Unterschied im Vergleich zu seinem BVB-Abschied ist Lewandowskis fortgeschrittenes Fußballer-Alter.

Im August wird der Goalgetter 34 Jahre alt, allzu viel Zeit für ein neues Abenteuer in einer anderen Liga bleibt ihm folglich nicht mehr. Entsprechend gering ist seine Geduld, ein Warte-Jahr wie bei der Borussia kann und will sich der Abonnement-Torschützenkönig der Bundesliga offenkundig nicht leisten.

Ribéry warnt den FC Bayern

Übereinstimmenden Berichten zufolge will Lewandowski nun unbedingt weg, am liebsten nach Barcelona. Ob ihn dabei die neue Liga, das gute Wetter oder gar die verbesserten Chancen auf den Gewinn des Ballon d’Or am meisten reizen, ist unklar und für den FC Bayern im Grunde auch unerheblich.

Die Entscheidungsträger der Münchner müssen jetzt abwägen, was ihnen lieber ist: eine Ablöse zwischen 30 und 40 Millionen Euro und ein Ende des jüngsten Schmierentheaters oder doch der Verbleib des womöglich immer noch besten Stürmers der Welt - verbunden mit dem Risiko, dass sich dieser in den Schmollwinkel zurückzieht.

Auffällig: Der Superstar hat auf Twitter schon erste Verbindungen zum Verein gekappt. War er dort lange mit dem Trikot der Münchner zu sehen, präsentiert er jetzt eine Modekollektion unter seinem Namen.


Mehr dazu: "Schmutziges" Lewandowski-Theater am Pranger


Geht es nach Lewandowskis langjährigem Teamkollegen Franck Ribéry, kann es nur eine Lösung geben. "Bayern ist ein großartiger Klub, einer der größten der Welt. Aber manchmal willst und brauchst du eine Veränderung. Das ist bei Robert der Fall", sagte der Franzose dem polnischen Portal "Wirtualna Polska".

Ihn gegen seinen Willen zu halten, sei gefährlich. "Ein Fußballer, der zum Verbleib gezwungen wird, kann frustriert und sauer sein", warnte Ribéry. Einen Lewandowski, der nicht (mehr) alles gibt, kann sich der FC Bayern jedoch nicht leisten.

Der Weltfußballer würde zwar wohl auch eingeschnappt noch seine Tore machen, dafür ist sein Ehrgeiz zu groß, könnte im Hintergrund indes das Klima im Team von Julian Nagelsmann dauerhaft belasten. Schon jetzt ist die Stimmung nach einer durchwachsenen Saison alles andere als prickelnd, weitere Störfeuer rund um die Hängepartie könnten sie komplett kippen lassen.

Auf eine Wiederholung des friedlichen Lewandowski-Abschieds aus Dortmund sollten Salihamidzic und Co. für den Fall, dass das Wechsel-Verbot aufrechterhalten wird, jedenfalls nicht mehr hoffen.

Heiko Lütkehus