07.06.2022 14:31 Uhr

Wie Flick das Rätsel Sané lösen will

Leroy Sané (M.) muss langsam liefern, sonst könnte auch Bundestrainer Hansi Flick (r.) abspringen
Leroy Sané (M.) muss langsam liefern, sonst könnte auch Bundestrainer Hansi Flick (r.) abspringen

In der deutschen Offensive hakt es. Allen voran Leroy Sané, der beim FC Bayern längst ein großes Sorgenkind ist, gibt mal wieder Rätsel auf.

Als der Bayern-Profi nach seinem nächsten rätselhaften Auftritt beim 1:1 gegen Europameister Italien am Montagvormittag am Trainingsplatz in Herzogenaurach ankommt, packt er seine Stollenschuhe erstmal in den Schuhofen, den der DFB extra vorhält. Nach kurzer Wartezeit schlüpft Sané von den Adiletten in die angewärmten Fußballschuhe. Als er sich noch die Fußballschuhe schnürt, machen seine Kollegen auf dem Trainingsplatz längst Passübungen.

Der kurze Pfiff zum Sammeln von Hansi Flick ertönt, der Münchner muss sich sputen - schließlich stößt er als Letzter zum Kreis, der sich um den Bundestrainer gebildet hat.

Es sind Szenen wie diese beim Abschlusstraining für den Klassiker in der Nations League gegen England am Dienstag (20:45 Uhr/ZDF), die selbst diejenigen verzweifeln lassen, die es gut mit Sané meinen. Flick gehört dazu. Noch.

"Auch bei ihm geht es darum, die Bereitschaft zu zeigen, dass ich im Spiel bin, aktiv bin, die Intensität habe", sagte Flick am Montag ungewohnt deutlich über sein größtes Sorgenkind.

Der Bundestrainer streichelt den Bayern-Profi wie keinen zweiten Nationalspieler, im Training umarmt und neckt er ihn. Er weiß: "Leroy kann ein Unterschiedsspieler sein." Deshalb versprach er: "Wir werden ihn unterstützen und haben absolutes Vertrauen in seine Qualität."

Sané achtmal in Flicks Startelf

Doch diese ruft er zu selten ab, stattdessen stellt er mitunter seine Teilnahmslosigkeit fast zur Schau. "Wir sind dran", sagte Flick dazu. In zehn Länderspielen unter ihm stand Sané achtmal in der Startelf und erzielte vier Tore - drei gegen Fußball-Zwerg Liechtenstein, eines gegen Island.


Mehr dazu: Die Noten und Einzelkritik zum Länderspiel gegen Italien


Beim 1:1 der DFB-Elf in Italien hakte es insgesamt im deutschen Sturm, Sané aber fiel besonders ab. Auch in den Augen des Bundestrainers? "Die, die mich länger kennen, wissen, dass ich keine Spieler rausnehme. Die gesamte Mannschaft ist in der Pflicht", sagte Flick versöhnlich.

Ob Flick den Münchner Flügelstürmer aber auch am 7. Juni (20.45 Uhr/ZDF) in der heimischen Allianz Arena erneut in die Startelf stellt, erscheint fraglich.

FC Bayern verzweifelt schon am Angreifer

Bei den Bayern verzweifeln sie längst am Hochtalentierten. Trainer Julian Nagelsmann rätselte darüber, warum Sané nach starker Hinrunde krass abfiel ("Kann ich nicht sagen") und meinte konsterniert: "Ich habe viele Gespräche gehabt, viel versucht." Erfolglos.

Auch Sportchef Hasan Salihamidzic berichtete von zahlreichen vergeblichen Versuchen, die Blockade beim 26-Jährigen zu lösen. Nach den Unterredungen habe er meist das Gefühl, Sané habe verstanden. Doch dann passiere: nichts. "Er muss jetzt explodieren!", forderte er.

Lothar Matthäus glaubt, dass das doch noch klappen kann. "Wenn Leroy einer hinbekommt, dann Hansi", sagte der Rekordnationalspieler und forderte via "Bild": "Leroy muss allen, die ihm vertrauen, jetzt etwas zurückgeben."

Neuer will Sané "kein negatives Jahr" beim FC Bayern bescheinigen

Flicks Vorgänger Joachim Löw hatte Sané indes kurz vor der WM 2018 im Trainingslager aussortiert. Es sollte ein Denkzettel sein. Bei der EM 2021 spielte der Angreifer auch nur eine Nebenrolle. Mit 26 ist er kein Youngster mehr.

Manuel Neuer, sein Kapitän in München und in der Nationalelf, warb zuletzt im Trainingslager in Marbella für Sané. "Leroy ist jemand, der ein emotionaler Typ ist, auch sensibel ist in manchen Dingen", sagte der Torwart: "Man hat auch gesehen, welche Leistungen er im ersten Halbjahr gezeigt hat, das war exzellent."

Neuer mag Sané darum "kein negatives Jahr" bescheinigen. "Es war - ähnlich wie für den FC Bayern - ein Jahr mit Höhen und Tiefen", sagte Neuer und prophezeite: "Ich bin mir ganz sicher, dass er ein wichtiger Faktor für uns in der Mannschaft sein wird."

Auch Flick bescheinigt Sané, "über weite Strecken der Saison herausragend gespielt" zu haben. Der Bundestrainer redet viel mit dem Undurchschaubaren, nicht nur über Fußball. "Ich weiß, was für Dinge ihn privat umtreiben."

Ein Wohlfühl-Kicker wie Sané braucht halt mehr als angewärmte Schuhe, um sich auf dem Fußballplatz wohlzufühlen.