26.01.2023 08:16 Uhr

Kommentar: Hätte Gnabry mal lieber im Ski-Anzug posiert

Serge Gnabry (li.) hat es derzeit beim FC Bayern nicht ganz leicht
Serge Gnabry (li.) hat es derzeit beim FC Bayern nicht ganz leicht

Beim FC Bayern hängt nach zwei Remis zum Hinrunden-Abschluss der Haussegen schief. In Serge Gnabry hat Sportvorstand Hasan Salihamidzic dabei schnell einen Sündenbock gefunden, um öffentlich mächtig Dampf abzulassen. Allerdings muss der Sportvorstand der Münchner aufpassen, dass nicht der Vorwurf laut wird, er würde mit zweierlei Maß messen. Ein Kommentar.

Die Kritik, die auf Serge Gnabry nach seinem Fashion-Week-Besuch in den letzten Tagen einhagelte, war heftig. Dieser hatte am Sonntag die wichtigste Modemesse der Welt in Paris besucht und sich dort in stylishen Outfits ablichten zu lassen.


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Wenige Tage später fliegt dem Nationalspieler der Glamour-Ausflug um die Ohren: Es sei nicht bayern-like, "irgendwo rumzuturnen, wenn man einen freien Tag hat", polterte Sportchef Hasan Salihamidzic nach dem 1:1 gegen den 1. FC Köln am Dienstagabend. Ein freier Tag sei dafür da, sich auszuruhen, "um beim nächsten Spiel Gas geben zu können", gab der Sportvorstand die Marschrichtung vor.

Dabei hatte Gnabry erst einmal gar nichts Verbotenes getan. Das sah Julian Nagelsmann noch vor dem Spiel genauso. "Ich bin der Überzeugung, dass ein Spieler in seiner Freizeit machen kann, was er will. Entscheidend ist auf dem Platz", sagte der Cheftrainer vor dem Köln-Spiel.

Da Gnabrys Leistungen dem Trainer gegen den Domstadt-Klub offenbar nicht passten (sport.de-Note 4.0), bekam er einen Denkzettel und wurde zur Pause ausgewechselt. Damit hätte die Sache eigentlich gut sein können.

FC Bayern: Salihamidzic findet leichtes Opfer in Gnabry

Doch Salihamidzic zählte nach der Partie nicht etwa die schwachen Jamal Musiala oder Leon Goretzka an (jeweils sport.de-Note 5.0) an, sondern wählte den Weg der Öffentlichkeit, um ausgerechnet den angezählten Gnabry - ein leichtes Opfer - zu attackieren. "Amateurhaft" nannte der Sportchef den Paris-Ausflug des deutschen Nationalspielers.

Harte Worte, nachdem Salihamidzic Anfang Dezember mit Manuel Neuer nach dessen schwerer Verletzung beim Skitourengehen noch deutlich sanfter umgegangen war. 

Dabei hatte sich dieser in seinem Urlaub bewusst in Gefahr gebracht, hatte bei schlechten Bedingungen abseits der Pisten einen komplizierten Unterschenkelbruch erlitten, um nun bis Saisonende auszufallen. Von der sportlichen Schwächung ganz abgesehen auch ein großer finanzieller Schaden für die Münchner.

Gnabry, der erwiesenermaßen seit Jahren großer Fashion-Fan ist und sich nicht das erste Mal bei Instagram und Co. in ungewöhnlichen Outfits gezeigt hat, ist hingegen an seinem freien Tag nach Paris geflogen, um seiner Leidenschaft zu frönen. Anderthalb Stunden dauert der Flug. Viel weniger dürfte Neuer auch nicht gebraucht haben, um sich mit allem drum und dran für sein gefährliches Ski-Abenteuer am Hang des Roßkopf vorzubereiten. Anders als Neuer stand Gnabry jedoch gesund und rechtzeitig zur Vorbereitung auf das Köln-Spiel auf der Matte.

In Gnabry jedenfalls traf es mit Blick auf die Leistungen in den letzten Monaten definitiv den Falschen. Seit Mitte Oktober zeigt der Nationalspieler durchweg starke Auftritte, gehörte immer zu den Leistungsträgern. Umso mehr wirkt es so, als hätte Salihamidzic nach insgesamt vier verschenkten Punkte in Folge unbedingt einen Sündenbock gebraucht. 

Vielleicht hätte Gnabry einfach in Paris im Ski-Anzug posieren sollen ...

Chris Rohdenburg