25.05.2023 15:17 Uhr

Fehlen dem FC Bayern die Führungsspieler?

Dem Kader des FC Bayern mangelt es nicht an international erfahrenen Profis
Dem Kader des FC Bayern mangelt es nicht an international erfahrenen Profis

Der sportliche Absturz des FC Bayern in den vergangenen Monaten hängt nach Meinung vieler Experten mit einem Mangel an Führungsspielern zusammen. Grund genug für sport.de, einige der erfahrensten Münchner Profis im großen Leader-Check auf ihre Leader-Qualitäten zu prüfen.

Nach der bitteren 1:3-Heimniederlage gegen RB Leipzig ist rund um den FC Bayern eine Führungsdebatte entbrannt. Während Trainer Thomas Tuchel bemüht ist, die Mannschaft auf das Letzte-Strohhalm-Spiel beim 1. FC Köln einzustimmen, mehren sich die kritischen Stimmen, die dem Starensemble die nötigen Leader-Qualitäten absprechen.

"Ich hab am Samstagabend bei Bayern keine Männer auf dem Platz gesehen. Ich habe eine Mannschaft gesehen, die auf dem Platz völlig führungslos ist, die keine Führungsspieler hat", polterte Mario Basler in seinem wöchentlichen Podcast und sprach damit wohl vielen Skeptikern aus der Seele.

Liegt Basler richtig? Gehen beim FC Bayern in schwierigen Situationen zu wenige Spieler mit gutem Beispiel voran? sport.de nimmt acht etablierte Akteure genauer unter die Lupe:

  • Manuel Neuer

Leaderqualität: Hoch!

Der Ausfall des Kapitäns wog in der Rückserie schwerer als gedacht. Sein unbändiger Siegeswille ist legendär, seine klaren Ansagen an die Teamkollegen werden befolgt. Auch, weil Neuer seinen Sonderstatus stets durch Top-Leistungen gerechtfertigt hat. Mit dem Routinier im Tor dürfte wieder ein anderer Wind durchs Team wehen. Daran dürfte auch sein unglückliches Wut-Interview zu Jahresbeginn nichts ändern.

  • Lucas Hernández

Leaderqualität: Gering!

Sportlich ist der Weltmeister von 2018 eine feste Größe beim FC Bayern, allerdings ist er wahrlich kein Lautsprecher und zudem immer wieder verletzt. Schenkt man den jüngsten Gerüchten Glauben, könnte Hernández seine Zelte in München demnächst sogar abbrechen und nach Paris wechseln.

  • Benjamin Pavard

Leaderqualität: Mäßig!

Es ist augenscheinlich nicht leicht, den Defensiv-Allrounder zufrieden zu stellen. Allzu oft soll er sich intern über seine Einsätze als Rechtsverteidiger beschwert haben, was ihn angeblich so sehr stört(e), dass es einer Verlängerung seines 2024 auslaufenden Arbeitspapiers im Weg stand. Im Team ist Pavard recht angesehen, dennoch ist er eher nicht der Mann für klare Kommandos.

  • Matthijs de Ligt

Leaderqualität: Hoch!

Auf den Schultern des zweitteuersten Neuzugangs der Vereinsgeschichte ruhen perspektivisch große Hoffnungen. Trotz seines vergleichsweise zarten Alters lebt der Niederländer Kämpfermentalität vor, auch wenn er leistungstechnisch sicher noch eine Schippe drauflegen kann. De Ligt hat fraglos das Zeug dazu, beim FC Bayern zum neuen Abwehrboss aufzusteigen.

  • Joshua Kimmich

Leaderqualität: Mäßig!

Über keinen anderen Bayern-Profi wird beim Thema Führungsstärke kontroverser diskutiert. Kimmich scheint als aggressiver Spielertyp mit enormer internationaler Erfahrung prädestiniert für den Job des Leaders, wird dieser Rolle jedoch allzu oft nicht gerecht, weil er überdreht. Dann werden Gegenspieler und Fans provoziert, Referees bedrängt und Interviewer angeblafft. Zum Vorbild taugt er so nicht. Plus: In der Rückserie ist der 28-Jährige zu häufig mit dem Rest der Mannschaft untergegangen.

  • Leon Goretzka

Leaderqualität: Mäßig!

Der deutsche Nationalspieler steckt seit Monaten im Tief, zwischendurch findet er sich nur noch auf der Ersatzbank wieder. Problematisch ist vor allem seine Körpersprache, die zwischen genervt und resigniert hin- und herwechselt. Der einst so lauf- und zweikampfstarke Antreiber ist längst ein Gesicht der Krise geworden. Möglich, dass er seinen Platz demnächst an Neuzugang Konrad Laimer verliert.

  • Thomas Müller

Leaderqualität: Mäßig!

Als dienstältester Spieler des FC Bayern ist der 33-Jährige nach wie vor hoch angesehen, sein Nimbus als Unverzichtbarer ist allerdings passé. So bemüht Müller auch ist, die Mannschaft (nicht nur verbal) mitzureißen, so wenig Effekt war in den letzten Monaten spürbar. Man merkt, dass sein sportlicher Stellenwert gesunken ist.

  • Kingsley Coman

Leaderqualität: Gering!

Eines vorweg: Der Franzose zählt zu den wenigen Bayern-Profis, die beim Rekordmeister über jeden Zweifel erhaben sind. Seine Leistungen stimmen, nach seiner Verlängerung ist Coman, der mittlerweile gutes Deutsch spricht, gar in den Mannschaftsrat aufgerückt. In diesem Leben wird der Angreifer allerdings kein Lautsprecher mehr, das entspricht einfach nicht seinem Naturell. Den Leaderjob müssen in München andere übernehmen - womöglich auch Spieler, die erst im Sommer dazukommen.

Heiko Lütkehus