09.10.2024 13:03 Uhr

Ungeklärte T-Frage: Fehlt dem DFB ein "Zukunftskeeper"?

Hat Deutschland ein Torwartproblem?
Hat Deutschland ein Torwartproblem?

Oliver Baumann debütiert mit 34 Jahren für den DFB. Hat Deutschland ein Torwartproblem?

Oliver Baumann hechtete auf einem Nebenplatz den Bällen hinterher, der Sprung ins Rampenlicht ist erst für Freitag geplant. Dann soll der Hoffenheimer in der Nations League in Bosnien für Deutschland debütieren - im reifen Torwart-Alter von 34 Jahren.

Baumann, betont Bundestrainer Julian Nagelsmann zurecht, habe sich diesen Einsatz "verdient" - und dennoch fragt sich die Fußball-Nation angesichts dieser ungewöhnlichen Geschichte: Gibt es keinen anderen, jüngeren Keeper? Hat Deutschland etwa ein Torwartproblem?

Nun, Alexander Nübel wirft sich seit Dienstag wie Baumann in Herzogenaurach den Bällen hinterher und ist "erst" 28. Nagelsmann aber hat sich entschlossen, den Platz im deutschen Tor für Marc-Andre ter Stegen zu reservieren. Während die Nummer 1 sich mit Blickrichtung WM 2026 von ihrer schweren Knieverletzung erholt, soll kein "Zukunftskeeper" mit womöglich langfristiger Perspektive als Konkurrent in den Fokus rücken.

Das erklärt auch die Berufung des ebenfalls schon 33-jährigen Janis Blaswich als Nummer drei für die Länderspiele in Zenica (20:45 Uhr/RTL) und drei Tage später in München gegen die Niederlande.

Es sagt viel über die Lage der Torhüter-Nation, dass nach dem Drama um ter Stegen sofort Rufe nach einer möglichen Rückkehr von Manuel Neuer laut wurden - der mit immerhin 38 Jahren gerade erst zurückgetreten ist. Der Weltmeister von 2014 winkte dankend ab - und warb um "Vertrauen" für seine Erben, darunter auch Kevin Trapp und Bernd Leno.

Deutschland wird "einige Problem kriegen"

Baumann, Nübel, Blaswich, Trapp, Leno - keiner aus diesem Quintett ist jünger als 28. Dahinter fehlen ganze Jahrgänge. Andreas Köpke, Europameister von 1996 und langjähriger DFB-Torwartcoach, mahnte im vergangenen Jahr, er blicke "mit großer Sorge" auf die Zeit nach der Generation Neuer/ter Stegen. "Wir werden ein Problem kriegen", prophezeite Köpke, "ich wüsste gerade keinen Namen, bei dem ich sagen würde, er könne in diese Fußstapfen treten."

Der Verband hat die Notlage längst erkannt und versucht, gegenzusteuern. Er hat den früheren Bundesliga-Keeper Marc Ziegler als Torwartkoordinator angestellt, der 48-Jährige kümmert sich seit 2017 um die Juniorenteams und die Ausbildung der Torwarttrainer. Im Projekt "N28" sucht er eine Antwort auf die Frage, wer in vier Jahren das deutsche Tor hüten soll.

Der DFB hat eine eigene "Torwart-DNA" entwickelt, mit "zehn Genen", die einen modernen Klassekeeper ausmachen sollen: Er soll ein guter Techniker sein, immer "online", dabei Organisator, Persönlichkeit, Raumverteidiger und erster Offensivspieler. "Wir haben die Talente", sagte Ziegler kürzlich, "vielleicht nicht mehr sechs Stück wie in den Topjahrgängen in der Vergangenheit, aber wir haben sie."

Tatsächlich stehen im aktuellen Kader der U21 mit Noah Atubolu (SC Freiburg), Tjark Ernst (Hertha BSC) und Jonas Urbig (1. FC Köln) drei Torhüter, die bei ihren Klubs schon die Nummer 1 sind - das war nicht immer so. In der 2. Liga hüten bei 17 von 18 Vereinen Deutsche das Tor.

Im Oberhaus aber greifen nur noch zehn Klubs auf deutsche Stammkeeper zurück - vor zehn Jahren waren es noch 14. Unter den 30 wertvollsten Torhütern der Welt listet Transfermarkt.de noch einen einzigen Deutschen: ter Stegen.

Baumann belegt Platz 196.