03.12.2024 19:23 Uhr

Darum setzt der FC Bayern nicht auf Tel

Mathys Tel kommt beim FC Bayern nicht über die Joker-Rolle hinaus
Mathys Tel kommt beim FC Bayern nicht über die Joker-Rolle hinaus

20 Millionen Euro zahlte der FC Bayern 2022 für den damals 17-jährigen Mathys Tel - ein Deal mit Risiko. Das Sturm-Juwel deutete schnell an, welches Potenzial in ihm schlummert. Inzwischen ist die Euphorie jedoch verflogen, Tels Situation wirft stattdessen viele Fragen auf. Die wichtigste könnte ausgerechnet durch den Ausfall von Harry Kane bald beantwortet sein.

81 Pflichtspielminuten für die Profis von Stade Rennes, verteilt auf zehn kurze Joker-Auftritte, keine Vorlage, kein Treffer: Mit dieser überschaubaren Ausbeute im Gepäck war Mathys Tel 2022 zum FC Bayern gewechselt.

Beim Nachwuchs des Ligue-1-Klubs und in den französischen Junioren-Auswahlen hatte der Rechtsfuß allerdings mächtig Eindruck hinterlassen - und nicht nur den deutschen Rekordmeister von sich überzeugt, der letztlich tief in die Tasche griff, um sich die Dienste des Talents zu sichern.

In der bayerischen Landeshauptstadt hatte man sich 2022 zudem dazu entschieden, keinen neuen Superstar für den abgewanderten Neuner Robert Lewandowski zu verpflichten, der Weg für Tel schien geebnet - und der Franzose lieferte. Kaum in München aufgeschlagen, erzielte er im DFB-Pokal sein erstes Profitor, zehn Tage später löste der Hoffnungsträger mit 17 Jahren, vier Monaten und vier Tagen Jamal Musiala beim 2:2 gegen den VfB Stuttgart als jüngsten Bundesliga-Torschützen der Bayern ab. Nicht wenige träumten bereits von einem Match made in Heaven!

Trainer Thomas Tuchel schickte Tel dennoch weiterhin eher dosiert aufs Feld - und wurde zudem nicht müde, zu betonen, dass Tel sich noch steigern könne und müsse. Dass am Ende der Saison "nur" 600 Pflichtspielminuten, aber trotzdem sechs Tore zu Buche standen, schürte die enormen Hoffnungen allerdings noch einmal an.

Mathys Tel beim FC Bayern: Gefangen in der Jokerrolle

In München hatte man derweil erkannt, dass man nicht darum herumkommen würde, noch einmal kräftig in die Abteilung Attacke zu investieren. Harry Kane kam im Sommer 2023 für beinahe 100 Millionen Euro und zahlt diese Rekordinvestition seitdem mit Toren wie am Fließband zurück. 

Und Tel? Der Youngster blieb der Mann für Kurzeinsätze, startete aber dennoch mit beeindruckenden sechs Treffern und einem Assist in den ersten neun Spielen in die Saison und avancierte zum "Super-Joker", von dessen "außergewöhnlicher Quote" sich selbst Bayern-Urgestein Thomas Müller beeindruckt zeigte.

Der Druck auf Tuchel, Tel in die Startformation zu beordern, wuchs. Tels Einsatzzeiten jedoch nicht. Erst als der Kampf um die Meisterschaft mit Bayer Leverkusen so gut wie verloren war, Tuchels Aus im Sommer verkündet war, durfte der Franzose vermehrt auf den Flügeln ran. Tel traf erneut regelmäßig, der endgültige Durchbruch unter einem neuen Coach schien vorherbestimmt.

Sechs Monate später hat sich diese Hoffnung in Rauch aufgelöst. Tel, dessen starke Auftritte noch im März 2024 mit einem neuen Fünfjahresvertrag belohnt wurden, absolvierte unter Tuchels Nachfolger Vincent Kompany bislang acht Einsätze und gerade einmal 286 Pflichtspielminuten. Von seiner Fähigkeit als vermeintlicher Super-Joker war unter dem Belgier noch gar nichts zu sehen.

Besonders bitter: Beim zurückliegende 1:1 gegen Borussia Dortmund durfte Tel von Beginn an. Und nachdem sich Offensiv-Platzhirsch Kane zu allem Überfluss früh verletzt hatte, bot sich dem Youngster die Riesenchance, bei Kompany einen Stein ins Brett zu hämmern - doch Tel blieb blass (sport.de-Note: 5,0) und wurde nach 60 Minuten ausgewechselt.

Tel kann gegen den BVB keinen Eindruck schinden

Ein Umstand, der mehr als ein heftiger Wink mit dem Zaunpfahl sein dürfte, ist, dass Kompany dem inzwischen 19-Jährigen nicht zutraut, Kane (Muskelfaserriss) in den kommenden Wochen zu vertreten. Den Superstar könne man "nicht ersetzen", es gebe "keine Eins-zu-eins-Lösung", erklärte Kompany bereits am Montag auf der PK im Vorfeld des Pokal-Krachers gegen Bayer Leverkusen (Dienstag, 20:45 Uhr). 

Bei der Aufzählung möglicher Vertreter sparte Kompany zwar auch Tel nicht aus, nannte allerdings schlicht die komplette Offensivabteilung der Münchner. Gegen eine weitere Chance für Tel spricht nun wohl die Brisanz der anstehenden Spiele. Gegen Leverkusen steht am Dienstagabend ein echter K.o.-Kracher auf dem Programm, eine Woche später folgt die Champions-League-Partie gegen Schachtar Donezk (10.12./21 Uhr), die man schlicht nicht verlieren darf. Ein weiteres "Experiment" mit Tel könnte schnell bittere Folgen haben. 

Einzig zwischen den wegweisenden Duellen, im anstehenden Ligaspiel gegen den 1. FC Heidenheim (07.12./15:30 Uhr), dürfte für Tel eine weitere Chance bieten, Kompany zu überzeugen. Allerdings deutete der Bayern-Coach auch schon an, dass er von einer schnellen Genesung Kanes ausgeht.

Nicht auszuschließen ist daher, dass Tels verheißungsvoller Start in München im Winter 2023/24 sogar erst einmal in der Trennung gipfelt. Nachdem er im September noch wenig davon wissen wollte, das Juwel zu verleihen, zeigte sich Bayerns Sportdirektor Christoph Freund bei "Sky" zuletzt deutlich offener für einen Tel-Abschied auf Zeit. Immerhin: Die Interessenten sollen Schlange stehen.