09.09.2006 18:30 Uhr

BVB-«Amateure» erzürnen van Marwijk

Thannhausen (dpa) - Die Menschen in der bayerischen 6000-Seelen-Gemeinde Thannhausen werden wohl noch in 20 Jahren von der ehrenvollen 0:3-Niederlage ihrer fünftklassigen TSG-Fußballer gegen Borussia Dortmund schwärmen. BVB-Trainer Bert van Marwijk hatte dagegen einen dicken Hals.

In der ersten DFB-Pokal-Hauptrunde empfand van Marwijk die Vorstellung seiner Bundesliga-Profis als 90-minütige Qual. «Wir haben wie Amateure gespielt. Ich habe mich fast das ganze Spiel unglaublich geärgert, das wissen die Spieler auch», schimpfte er.

Allein die drei Treffer der Neuzugänge Tinga (29.), Nelson Valdez (40.) und Alexander Frei (42.) sowie das Weiterkommen konnten ihn ein wenig besänftigen. «Man muss im Pokal zufrieden sein, wenn man eine Runde weiter ist», sagte der Niederländer mit Blick auf die Pleiten einiger Bundesligisten. Trotzdem nahm er die teilweise erschreckend schwache Leistung seiner Mannschaft zum Anlass, seine Spieler vor dem nächsten Punktspiel aufzurütteln. «Wenn wir so spielen, müssen wir in der Meisterschaft nicht auf Platz fünf schielen, sondern auf Rang 15», warnte van Marwijk.

In der desolaten Anfangsphase hätte der BVB-Coach das mit 10 500 Zuschauern ausverkaufte Mindelstadion sogar am liebsten fluchtartig verlassen. «Ich wollte weglaufen», gestand der 54-Jährige. Nur zwei Akteure nahm er von seiner Pauschal-Kritik aus: «Roman Weidenfeller war sehr gut, und Tinga hat ein Vorbild gegeben, wie man so ein Spiel spielen muss», betonte der Trainer, der in der Halbzeit «ziemlich laut» geworden war und feststellte: «Die Spieler schämen sich auch.»

Dem starken Torhüter Weidenfeller sowie der Abschlussschwäche der Amateur-Kicker hatten es die Dortmunder zu verdanken, dass sie in den ersten 20 Minuten nicht auf die Verliererstraße geraten waren. «Wir sind ein Team. Und in einer schlechten Phase muss der Torwart eben mal helfen», kommentierte Weidenfeller seine Glanztaten gegen Stefan Selig (8.) und den 20 Jahre jungen TSG-Stürmer Bayram Sadrijaj (13./17.) bescheiden. Der Schlussmann entschuldigte den pomadigen Auftritt seiner Vorderleute mit den üblichen Profi-Floskeln: «Es ist schwer zu spielen, wenn sich ein ganzes Dorf gegen einen stemmt.»

Tatsächlich war es für die TSG Thannhausen «ein Jahrhundertspiel», wie Vereinschef Gerd Olbrich betonte. Und bei der After-Pokal-Party feierten die Verlierer wie Sieger. «Ein Riesenspiel, wir können stolz sein», sagte TSG-Trainer Oliver Schmidt, ein 29-jähriger Student.

Neben rund 70 000 Euro Reingewinn blieb dem Landesligisten die Erkenntnis, dass auch sportlich sogar noch mehr drin gewesen wäre. «Vor dem Spiel hätte ich gesagt, ein 0:3 ist wie ein Sieg. Aber wenn man die erste Halbzeit gesehen hat, kann man sich schon ein bisschen ärgern. Da hätten wir ein, zwei Kisten machen können», meinte Torwart Sebastian Steidle. Einen dicken Hals hatte er deswegen aber nicht.