07.07.2010 23:30 Uhr

Aus der Traum: Kein 4. Stern für Deutschland

Durban (SID) Aus der Traum vom vierten Stern: Mutlos, harmlos und hilflos hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ihre Chance auf den WM-Titel verspielt. Das junge Team von Bundestrainer Joachim Löw ließ beim 0:1 (0:0) im Halbfinale gegen Spanien alles vermissen, was es bisher in Südafrika so stark gemacht hatte, und spielt wie bereits 2006 nur um den "Trostpreis". Im Spiel um Rang drei trifft die DFB-Auswahl am Samstag in Port Elizabeth auf Uruguay.

Nach 73 einseitigen Minuten war der Traum von der achten Finalteilnahme bei einer WM beendet: Abwehrchef Carles Puyol traf nach teilweise drückender Überlegenheit und zahlreichen Chancen für den Europameister mit einem Kopfball aus sieben Metern, die deutsche Mannschaft konnte nicht mehr kontern. Spanien und die Niederlande kämpfen am Sonntag in Johannesburg um die Nachfolge des entthronten Weltmeisters Italien. Es wird eine Premiere: Beide Nationen sind noch ohne WM-Titel. Holland hatte Uruguay am Dienstag 3:2 besiegt.

Wer die deutsche Mannschaft gegen England (4:1) und die Argentinier (4:0) erlebt hatte, rieb sich im Moses-Mabhida-Stadion von Durban verwundert die Augen. Dominanz, Spielwitz und der Glaube an die eigene Stärke waren vor 60.960 Zuschauern nicht zu sehen. Stattdessen schoben sich die deutschen Spieler in Abwehr und Mittelfeld fast ängstlich den Ball zu, die einzige Entlastung waren Befreiungsschläge, die zumeist gleich wieder in den Reihen des selbstbewussten Europameisters landeten.

Die Spanier dagegen dominierten, schienen technisch und taktisch eine Stufe reifer und waren zudem extrem gedankenschnell, was die deutsche Mannschaft bisweilen überforderte. Insbesondere in der ersten Halbzeit lief das Spiel fast nur in der deutschen Hälfte ab - es war wie eine Kopie des EM-Finals vor zwei Jahren (0:1). Die Abwehr immerhin stand lange halbwegs gut, vor allem Per Mertesacker überzeugte neben dem diesmal schwächeren Arne Friedrich.

Die Frage nach dem Ersatz für den überragenden, aber gelbgesperrten Thomas Müller hatte Löw mit der nächstliegenden Wahl beantwortet: Piotr Trochowski sprang ein, der Mittelfeldspieler vom Hamburger SV erbrachte aber nicht annähernd die Leistung, mit der Müller die Fußball-Welt begeistert hatte, und wurde zu Recht von Toni Kroos abgelöst (62.). Der Leverkusener besaß kurz darauf die beste Chance der DFB-Auswahl zum 1:0, scheiterte aber an Torhüter Iker Casillas (69.).

Bei Spanien standen gleich sieben Spieler vom Meister FC Barcelona in der Startelf - darunter auch David Villa, den die Katalanen zur neuen Saison für 40 Millionen Euro vom FC Valencia verpflichtet hatten. Fernando Torres, der zuletzt höchst glücklose Schütze des Siegtors im EM-Finale 2008 gegen Deutschland (1:0), saß auf der Bank, für ihn spielte der überragende Pedro. Torres kam erst in der Schlussphase für Villa.

Pedro führte sich auch gleich mit einem Steilpass durch die deutsche Abwehr ein - der aufmerksame Manuel Neuer rettete vor Villa (6.). Bereits zu diesem Zeitpunkt war auffällig: Deutschland musste reagieren, Spanien agierte - und das sehr ballsicher. Im Zweikampf kam Löws Elf häufig zu spät oder war nicht entschlossen genug.

Die Spanier legten sich die deutsche Mannschaft geduldig zurecht, so in der 13. Minute, als der aufgerückte Carles Puyol nach Flanke von Andres Iniesta über das Tor köpfte. Auch danach galt: Die Spanier dominierten, die Deutschen zögerten. Iniesta und Xavi konnten sich im Mittelfeld nach Herzenslust austoben - nur die Zielstrebigkeit fehlte zunächst.

Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira und Mesut Özil bekamen dagegen keine Linie ins deutsche Spiel, Jerome Boateng und Lukas Podolski auf der linken Seite waren zu schwach. Löw reagierte und brachte für Verteidiger Boateng früh Marcell Jansen (52.).

In den Minuten nach dem Wechsel herrschte in der deutschen Abwehr völlige Konfusion. In der 58. Minute parierte Neuer zunächst gegen Pedro, Sekunden später brachte Iniesta den Ball flach vor das Tor, und Villa verpasste um Zentimeter. Mit der Einwechslung von Kroos wurde es besser. Der Ball lief nun über mehrere Stationen, es war mehr Zug hinter den Aktionen - doch in die beste Phase hinein fiel nach einem Eckball von Iniesta das 0:1. Es war mehr als verdient.