30.09.2013 23:12 Uhr

Rapid und die verlorene Generation

Das böse Erwachen nach dem Gefühlsrausch
Das böse Erwachen nach dem Gefühlsrausch

Seine vergebene große Chance zum 3:0 und auf die Vorentscheidung beim Heimspiel gegen den Wolfsberger AC war nur der erneute Beweis. Steffen Hofmann ist schon längst nicht mehr der umjubelte "Fußballgott" und Rapid landete gemeinsam mit seinem langjährigen Aushängeschild wieder einmal am harten Boden der Hütteldorfer Realität. Die 2:4-Heimpleite gegen den WAC verdeutlichte die Probleme beim Rekordmeister.

Kapitän Hofmann ist der letzte Mohikaner der Meistermannschaft von 2008, der immer noch beim Verein engagiert ist. Dazu kehrte Branko Bošković nach seinem Gastspiel in den USA mittlerweile zu Rapid zurück und Stephan Palla (vor fünf Jahren als "Maskottchen" im Kader mit dabei) fand ebenso einen Platz im aktuellen Aufgebot.

weltfussball.at wirft einen Blick auf die restlichen Spieler der damaligen Erfolgstruppe. Um es vorweg zu nehmen: Bis auf eine einzige Ausnahme gab es bei allen anderen einen gehörigen Karriereknick, die verlorene Generation der Meisterklasse 08 steht sinnbildlich für die grün-weiße Tristesse.

Helge Payer

Nach seiner Galavorstellung in der WM-Qualifikation gegen Superstar Ryan Giggs war er im Nationalteam noch zum "Prince of Wales" geadelt worden, doch die Degradierung zum "Helge aus Wels" folgte fast ebenso schnell. Ein Venenverschluss im Darmbereich kostete Payer seinen Platz bei der Heim-EM 2008 und danach fand er auch bei Rapid nie wieder zu seiner alten Form zurück. Mittlerweile nach einem Griechenland-Gastspiel bei AEL Kalloni vereinslos und als TV-Analytiker im Einsatz.

Jürgen Patocka

Untersiebenbrunn, FAC, Austria Lustenau, Mattersburg, Rapid. Für "He-Man" ging es ständig nach oben. Am Ball wahrlich kein Künstler, aber Patocka gab auch nie vor ein solcher zu sein. Der beinharte und kopfballstarke Verteidiger schaffte sogar den Sprung in die Nationalmannschaft. Erhielt bei Rapid im Vorjahr keinen neuen Vertrag mehr und hält momentan wieder bei Austria Lustenau seine Knochen hin.

Christian Thonhofer

Würde man die typische Laufbahn eines gescheiterten österreichischen Talents beschreiben, dann könnte man kein besseres Beispiel finden. Über den Austria-Nachwuchs und die Akademie von Admira Wacker landete Thonhofer bei Rapid. Dort stieg er zum Stammspieler auf und ebendies ihm nachhaltig zu Kopf. Später ausgeliehen nach Wiener Neustadt, zurückgekehrt zu Rapid, beim WAC aussortiert weil er nach einem 2:6-Debakel in Salzburg ohne Abmeldung nach Wien gefahren war. Derzeitiger Verein? SV Wimpassing, II. Liga Nord im Burgenland.

Andreas Dober

Copyright siehe Eröffnungssatz bei Christian Thonhofer: Würde man die typische Laufbahn eines gescheiterten österreichischen Talents beschreiben, dann könnte man kein besseres Beispiel finden. Champions League, Nationalteam, Meistertitel: Andreas Dober standen alle Türen offen, es wurde nach Disziplinlosigkeiten wie Verwicklungen in eine Schlägerei bei seiner Geburtstagsfeier der Notausgang: Hartberg, Vienna, St. Pölten.

Stefan Kulovits

Sogar Andreas Herzog schwärmte von den kämpferischen und läuferischen Qualitäten der "Kampfgelse". Kulovits wusste, dass fußballerisch viele über ihm standen und fand dennoch meist seinen Platz in der Mannschaft. Schaffte dadurch auch den Sprung in das Nationalteam, wo er 2011 in der EM-Qualifikation gegen Deutschland eine ganz starke Leistung bot. Bei Rapid gab es heuer keinen neuen Vertrag mehr, wechselte deshalb zum SV Sandhausen in die zweite deutsche Bundesliga.  

Markus Heikkinen

Der finnische Nationalspieler war bei Rapid jahrelang der personifizierte Ruhepol in der Schaltzentrale. Wer in WM- und EM-Qualifikation die Rolle als Spezialbewacher von Cristiano Ronaldo und Co. gewohnt war, den konnten Gegenspieler in der österreichischen Bundesliga nur schwer beeindrucken. Verlor jedoch immer mehr an Schnelligkeit und war dann eher Bremsblock als Antreiber im Rapid-Spiel. Aktuell bei IK Start in Norwegen unter Vertrag und glänzt dort auch in ungewohnter Rolle als Torschütze.

Steffen Hofmann

Aufgrund seiner (vergangenen) Leistungen mit einem für heimische Verhältnisse äußerst gut dotierten Vertrag bis 2016 ausgestattet. Zu diesem Zeitpunkt wird Hofmann auf seinen 36. Geburtstag zu gehen. Fußballer des Jahres, Torschützenkönig als Mittelfeldspieler, gescheiterte Einbürgerung für einen Einsatz im österreichischen Nationalteam, Europacup-Rekordspieler: Steffen Hofmann schrieb Rapid-Geschichte. Aber zählt die Vergangenheit in der Gegenwart mehr als die Zukunft?

Ümit Korkmaz

"Ü-Ü-Ü-Ü-Ü-mit" hallte es durch das Hanappi-Stadion, wenn der Flügelflitzer zu einem seiner Tempoläufe ansetzte. Ein "Käfigkicker", wie er im Buche steht. Unbeschwert, trickreich, so wurde er zum Publikumsliebling und bei der EM 2008 zur Geheimwaffe im Nationalteam. Verdiente sich dadurch einen millionenschweren Vertrag bei Eintracht Frankfurt, wo ihm das Verletzungspech von Wolke sieben stieß. Momentan Edeljoker beim FC Ingolstadt 04 in der zweiten deutschen Bundesliga. 

Veli Kavlak

Die Ausnahme von der Regel. Der einzige Rapid-Spieler, dem man wirklich den Durchbruch bestätigen kann. In der Türkei bei Besiktas zum Klassespieler gereift. Derby-Duelle gegen Fenerbahçe und Galatasaray haben Veli Kavlak im defensiven Mittelfeld zum "Kämpfer, der nie aufgibt" (ÖFB-Teamchef Marcel Koller) gestählt. Stellte dies trotz seiner gegen Deutschland erlittenen Verletzung mit Gesichtsmaske auch gegen Irland unter Beweis.

Stefan Maierhofer

"Major is all in" - diesen Spruch präsentierte Stefan Maierhofer vor gar nicht allzu langer Zeit auf seinem T-Shirt. Um in der Pokersprache zu bleiben: Der "bad beat" folgte nur wenig später. Der Rapid-Torjäger schaffte den Sprung in die englische Premier League, doch bei den Wolverhampton Wanderers reichte es nur zu einem einzigen Treffer. Nach Stationen bei Bristol City und beim MSV Duisburg startete er bei RB Salzburg noch einmal als Torschützenkönig durch. Einem Gastspiel beim 1. FC Köln folgte jedoch die Vertragslosigkeit. Derzeit deshalb als Hobby-Bauer auf dem Traktor sowie Nebenerwerbs-Model auf dem Laufsteg unterwegs.

Erwin Hoffer

"Und Jimmy ging zum Regenbogen", der Literaturklassiker von Johannes Mario Simmel braucht eine Neuauflage mit dem Titel "Jimmy und die vergebliche Suche nach dem Regenbogen". Der Wechsel von Rapid zu Napoli spülte Millionen auf das Konto, aber dort fand Erwin Hoffer auch durch fehlende Sprachkenntnisse nie zu seinem Glück. Auch beim 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt und aktuell Fortuna Düsseldorf konnte die "laufende Handgranate" (Ex-Teamchef Dietmar Constantini) nie wieder zünden.

>> Der Rapid-Kader der Meistersaison 2007/08 im Überblick

ct