09.01.2014 09:00 Uhr

Ohne neues Stadion geht Venezia bald unter

In der Serie A war das Penzo oft noch gut besucht.
In der Serie A war das Penzo oft noch gut besucht.

2011 hat sich der millionenschwere russische Tourist Yuri Korablin in Venedigs Fußballklub verliebt und gemeinsam mit einem Kumpel die Unione Venezia gekauft. Von ihr ist er zwar nach wie vor angetan, aber in der heruntergekommenen Bleibe im über 100 Jahre alten Stadio Pierluigi Lenzo sieht der ehemalige Bürgermeister von Khimki keine gemeinsame Zukunft. Er fordert ein neues Zuhause in der Nähe des Flughafens, sonst sagt er demnächst "Arrividerci".

Langsam wird es bedenklich. Präsident Yuri Korablin ist letzten Sonntag beim Spiel gegen AC FeralpiSalò gar nicht mehr im Fan-Sektor vom FBC Unione Venezia aufgetaucht. Obwohl dort seinem verstorbenen Freund Igor Goncharenko mit einem Banner "Ciao Igor" gehuldigt wurde. Korablin suchte die Nähe der TV-Übertragungskabine. Es ist Gefahr in Verzug. Wenn die Stadtverwaltung nicht bald den Bau eines neuen Stadions genehmigt, ist der "Padrone" so rasch weg wie er in der Lagunenstadt aufgetaucht ist.

Das 1913 erbaute Stadio Pierluigi Penzo ist eine der größen Bruchbuden im italienischen Profifußball. Noch älter ist nur das 1911 errichtete Stadio Luigi Ferraris von Sampdoria Genoa, das allerdings vor der WM 1990 abgerissen und neu aufgebaut wurde. Aus dem Penzo im Stadtteil Sant'Elena lässt sich nichts mehr machen. Korablin will eine Arena in der Nähe des Flughafens im Stadtteil Tessera. Aber die Stadt hat andere Sorgen und vor allem kein Verkehrskonzept.

Im Sportgeschäft hat es gefunkt

Korablin, der ehemalige Bürgermeister von Khimki, hat sich in einem Sportgeschäft in den Verein verliebt. Als der Tourist die Replika-Shirts von 1941, als Venezia mit Valentino Mazzola und Ezio Loik die Coppa holte, an der Wand hängen sah, war es um ihn geschehen. Gemeinsam mit dem russischen Unternehmer Alex Sarnochin, der schon länger in Venedig lebte, erwarb er die Mehrheitsanteile des damaligen Viertligisten.

Die letzten Serie-A-Spiele im Penzo fanden 2001/2002 statt, als Venezia Kicker wie Filippo Maniero, der in der Abstiegssaison mit 18 Toren fünftbester Ligaschütze war, Arturo Di Napoli (einst auch Stürmer bei Napoli oder Inter) und Legionären wie Joachim Björklund oder Tomislav Rukavina unter Vertrag hatte. Von September 1999 bis Februar 2000 zog auch der ehemalige ÖFB-Teamtorhüter Michael Konsel für den damaligen AC Venezia 15 Mal die Handschuhe an.
>> Kader und Einsätze AC Venezia in Abstiegsaison 2001/2002
>> Torschützenliste Serie A 2001/2002
>> Alle Spiele von Michael Konsel für AC Venezia

Zamparini kaufte sich lieber Palermo: "In Venedig wollen sie keinen Fußball"

Zwei Konkurse und Namensumbenennungen von AC Venezia auf SSC Venezia und Unione Venezia später entdeckte Korablin seine Liebe. Derzeit ist Venezia Fünfter in der zweigeteilten dritten Leistungsklasse. Die Meister der norditalienischen Lega Pro 1° A und der süditalienischen Lega Pro 1° B steigen direkt in die Serie B auf. Die zweit- bis fünftplatzierten Teams ermitteln dann in Playoffs je einen weiteren Aufsteiger. Im Norden führt Virtus Entella (Venezia hat acht Punkte Rückstand), im Süden Perugia.

Die erste dringliche Anfrage nach einem neuen Stadion hat es in Venedig übrigens schon in den 90er-Jahren von einem gewissen Mauricio Zamparini gegeben. Der Geschäftsmann aus Udine hat AC Venezia 1987 gekauft und 2002 verkauft, um US Palermo von Öl-Tycoon Franco Sensi zu erwerben, der sich wiederum nur mehr auf seine AS Roma konzentrieren wollte. Zamparini hat Korablin gleich geraten, es lieber bleiben zu lassen, weil "sie in Venedig einfach keinen Fußball wollen." Da man in Italien selbst in der dritten Liga Eintrittskarten nur an registrierte Zuschauer verkaufen kann, sind die Touristen in der Lagunenstadt für die Unione auch immer schwerer einzufangen.

Das Spiel am Sonntag gegen AC FeralpiSalò haben sich immerhin noch 1.000 Zuschauer angesehen. In der Abstiegssaison 2001/2002 kamen im Schnitt 7.776 Besucher ins Penzo. Unter 10.000 hatte in der Saison sonst nur Piacenza. Der Ligaschnitt lag damals bei 26.430. In der laufenden Saison liegt der Schnitt in der Serie A bei 23.708 Zuschauern und in der Lega Pro 1° A bei 1.297.
>> Zuschauerstatistik Serie A
>> Zuschauerstatisitk Lega Pro 1° a
>> Übersicht und Zuschauerzahlen Stadio Pierluigi Penzi

>> Ergebnisse, Spielplan und Tabelle Lega Pro 1° A

Thomas Schöpf