28.12.2016 11:29 Uhr

Vogts: "Ich? Störrisch?"

Berti Vogts gewann 1996 als Trainer den EM-Titel mit der DFB-Elf
Berti Vogts gewann 1996 als Trainer den EM-Titel mit der DFB-Elf

Berti Vogts gewann als Spieler mit Mönchengladbach fünf Mal die deutsche Meisterschaft und zwei Mal den UEFA-Cup. 1974 wurde er Weltmeister. Als Trainer gewann Vogts 1996 den bisher letzten EM-Titel mit Deutschland.

Wo und wie werden Sie Ihren 70. Geburtstag verbringen?

Berti Vogts: Alleine, mit einem guten Glas Rotwein. Saint Estèphe oder Saint Julien, mal sehen.

Alleine?

Ein Berti Vogts ist ja nicht allein auf der Welt. Und da, wo ich feiern will, ist von Weihnachten bis Dreikönige alles ausgebucht. Also werde ich erst Mitte Januar feiern.

Sie haben Ihr Leben lang dem Fußball gedient, aber auch von ihm profitiert. Wie denken Sie über den Profifußball von heute?

Ich bin durch den Profifußball zu Wohlstand gekommen. Sie werden kein schlechtes Wort über ihn von mir hören.

Wie hat sich der Wohlstand entwickelt?

250 Mark Gehaltserhöhung pro Monat nach dem ersten Länderspiel. 500 Mark nach dem zehnten.

Der damalige Manager Helmut Grashoff soll ein Geizkragen gewesen sein.

Nein, er war ein Sachverwalter des Profifußballs, der in Mönchengladbach möglich war. Grundehrlich. Er hatte seinerzeit nicht die Möglichkeiten von Hertha BSC oder 1860 München.

Cristiano Ronaldo soll 150 Millionen Euro an der Steuer vorbei geschleust haben.

Ich habe Ronaldo kennengelernt, da war er 18. Da war er schon ein Super-Fußballer und dazu ein feiner Mensch.

Uli Hoeneß, mit dem Sie 1974 Weltmeister wurden, ist vorzeitig wegen guter Führung aus dem Gefängnis entlassen worden.

Ich bin gegen die Tendenz Ihrer Fragen. Ich finde es großartig für Deutschland, wie er zurückkommen darf. Das ist mein Land, das ist unsere Demokratie. Fehler gemacht, bestraft werden und dann - verzeihen! Verzeihen können und wollen. Das ist mein Land.

Sie haben Ende des letzten Jahrtausends gesagt und sind dafür gegeißelt geworden: 'Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein.'

Ja, ich glaube, das war, nachdem wir 1996 zum letzten Mal die Europameisterschaft gewonnen haben, ich dann auf dem Feld vor den deutschen Fans den Diener gemacht habe, und in der anschließenden Pressekonferenz. Aber das war ja noch nie meine Welt.

Heute plärren Zehntausende Ihre Aussage nach, 'stolz' zu sein.

Erstens: Mit denen habe ich nichts, aber auch gar nichts zu tun. Zweitens: Erster zu sein, war immer mein Ziel, mein sportliches.

Weshalb sind Sie nicht nach dem Gewinn der EM, auf dem Höhepunkt ihrer Trainerkarriere, zurückgetreten?

Ich hatte unserem Präsidenten Egidius Braun versprochen, den Umbruch, die Verjüngung, die neue Art der Ausbildung noch einzuleiten. Ich hatte ja alle Papiere und Pläne in der Schublade. Dann kam bei der WM in Frankreich im Viertelfinale die unglückliche Rote Karte für Christian Wörns. Dann gingen die Kroaten in Führung und schossen in den letzten zehn Minuten noch zwei Tore. Das war's.

Nun ja. Zwei Jahre später verlief unter Erich Ribbeck die EM mit dem Ausscheiden in der Vorrunde noch katastrophaler.

Das haben Sie gesagt. Jedenfalls haben der damalige Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder und die neu gegründete Deutsche Fußball Liga dann das Ruder rumgeworfen.

Herr Vogts, sind Sie immer noch so störrisch wie zu ihrer aktiven Spieler- und Trainerzeit oder sind Sie altersmilde geworden?

Ich? Störrisch? Woher nehmen Sie das denn? Ich war doch derjenige, der immer zwischen dem störrischen Weisweiler und dem ebenso störrischen Netzer hin- und herlaufen musste, um zu vermitteln. Nein, ich bin gerade heraus und aufrichtig geblieben, und darauf bin ich stolz.

1990 behauptete der scheidende Teamchef Franz Beckenbauer, Deutschland sei jetzt auf Jahre hinaus unschlagbar, weil ja die DDR-Spieler hinzu kämen. Dann ging das EM-Finale 1992 gegen Außenseiter Dänemark mit 0:2 verloren. Hat der 'Kaiser' Ihnen mit dieser Äußerung geschadet?

Franz ist direkt nach der Pressekonferenz zu mir gekommen und meinte, er habe gerade in der Euphorie über den Titelgewinn wohl etwas Dummes zu den Medien gesagt. Was Dänemark betrifft: Natürlich waren die Außenseiter, aber wie die Medien das dargestellt haben, das war lächerlich. Dänemark war für Jugoslawien nachnominiert worden, aber es war ja keineswegs so, dass die in Badelatschen vom Strand kamen und so ins Finale einzogen.