27.09.2017 12:22 Uhr

Torwarttrainer Kraft glaubt an Potenzial in China

Einst auch als Torwarttrainer in Frankfurt aktiv: Michael Kraft
Einst auch als Torwarttrainer in Frankfurt aktiv: Michael Kraft

Über Jahre hinweg zählte Michael Kraft in der Bundesliga zu den bekannsten Torwarttrainern. Unter seiner Ägide arbeiteten sich Tim Wiese und Kevin Trapp ins Blickfeld der Nationalmannschaft.

Mitte 2016 wagte Michael Kraft den Sprung nach China und wechselte zum damaligen Erstligisten Shijiazhuang Ever Bright und blieb dort bis Ende Oktober 2016. Ein Abschied, über den Kraft immer noch ein wenig enttäuscht ist. "Das Problem war, dass der damalige Stammtorhüter extrem lernresistent gegen neue Ideen, besonders aus dem europäischen Raum, war. Das war auch der Grund, weshalb ich nicht länger bei Ever Bright geblieben bin", sinniert der Ex-Profi.

Auf ein längeres Engagement hofft der gebürtige Dernbacher nun beim Super-League-Verein Beijing Guoan. Die Bedingungen beim Verein aus Peking, der zur CITIC Group, einem staatlichen Finanz- und Investmentunternehmen, gehört, sind laut Kraft "vergleichbar mit der Bundesliga". "Im Training fehlt es uns an nichts. Wenn man nicht wüsste, dass wir in China sind, könnte man glatt denken, wir sind in Deutschland", sagt der ehemalige Schlussmann des 1. FC Köln.

Deutsch in der Trainerkabine

Die Eingewöhnung fiel dem 51-Jährigen nicht schwer. Zum einen, weil Michael Kraft im asiatischen Raum bei SK Bucheon und Incheon United (beide Südkorea) bereits Erfahrung sammelte, zum anderen, weil in der Trainerkabine deutsch gesprochen wird.

Neben dem ehemaligen Cheftrainer von Bayer Leverkusen, Roger Schmidt, gehören der Österreicher Richard Kitzbichler (Co-Trainer), der ehemalige Fitnesstrainer von Borussia Dortmund, Oliver Bartlett, die Physiotherapeuten Steffen Lutz, Lucas Ditczyk sowie Jörn Wolf (Teamkoordinator) zum Trainer- und Betreuerstab.

"Natürlich fällt die Kommunikation in der eigenen Muttersprache viel leichter und wir können uns untereinander besser austauschen. Insgesamt herrscht eine extreme Harmonie zwischen uns, auch deshalb, weil wir offen und direkt Probleme ansprechen können", betont Kraft.

Probleme im Nachwuchsbereich

Zuletzt war Beijing Guoan, die seit Kurzem eine Kooperation mit Ajax Amsterdam haben, 2009 chinesischer Meister. Die Durststrecke soll - wenn möglich - bald beendet sein. "In dieser Spielzeit werden wir wohl keine Chance mehr bekommen, ganz oben mitzuspielen. Langfristig sei das "Ziel die Meisterschaft".

Kraft verliert nur lobende Worte für seine Schützlinge. "Die Verständigung verläuft zwar über einen Dolmetscher. Nichtsdestotrotz merkt man, dass alle Torhüter richtig Bock haben, mitzuziehen und voranzukommen", betont der Ex-Keeper.

Probleme sieht er vor allem im Nachwuchsbereich. "Die derzeitigen Voraussetzungen, dass in Zukunft Spitzentorhüter aus China kommen, sind schlecht. Zum einen gibt es zu wenig Torwarttrainer im Jugendbereich und zum anderen wurde über Jahre der passive Keeper gefördert", so Kraft, der aber generell den chinesischen Fußball im Aufbruch sieht. "Was viele vergessen, ist, dass nicht nur viel Geld für ausländische Spieler ausgeben wird, sondern auch viel Geld in die Jugendakademien gesteckt wird. Ich denke in 10 bis 15 Jahren wird China eine interessante Rolle bei Weltmeisterschaften spielen."