23.12.2014 10:04 Uhr

Keine Besinnlichkeit für Robert Gucher

Die Schleife hat Robert Gucher nicht umsonst
Die Schleife hat Robert Gucher nicht umsonst

Fußball am 24. Dezember in einem erzkatholischen Land? Klingt nicht sehr wahrscheinlich, ist aber in der italienischen Serie B Wirklichkeit. In der zweithöchsten Liga des Stiefels zeigt im Moment ein Spieler besonders auf: Robert Gucher. Der Österreicher führt den Sensationsaufsteiger Frosinone Calcio als Kapitän auf den zweiten Platz der Tabelle. Mit weltfussball sprach er über den Erfolgslauf, Ziele und wie man es in Italien schaffen kann.

Sonderlich erfreut zeigte sich der 23-jährige über seinen Weihnachtsdienst nicht: "Leider hat es sich so entwickelt, dass die TV-Sender die Beginnzeiten diktieren. Für die Mannschaften die auswärts spielen und durch ganz Italien reisen müssen ist das anstrengend. Für die Fans ja auch. Ich kann es mir nicht wirklich erklären. Vor allem ist es ja ein gläubiges Land."

Ein gemütlicher Weihnachtsspaziergang wird es nicht, soviel steht fest. "Auswärts in Crotone, das ist nicht leicht. Gegen die vermeintlich kleineren Namen muss man sich extra motivieren." Vom Papier her ist Frosinone gegen den Vorletzten natürlich Favorit. "Wenn wir schon am 24. spielen müssen, dann wollen wir das Bestmögliche daraus machen. Wir haben keine Lust darauf, dass wir uns den Heiligen Abend mit einer Niederlage verpatzen."

Simples Erfolgsrezept in einer fußballverrückten Stadt

Zu verpatzen gibt es viel, denn Frosinone spielt bisher eine großartige Saison. Als Aufsteiger rangieren die Gelb-Blauen auf dem hervorragenden zweiten Platz. Der Aufstieg wird aber (noch) nicht angepeilt. "Das Ziel bleibt der Klassenerhalt. Nach der Hinrunde werden wir ein Resümee ziehen und dann werden wir sehen, ob wir unsere Ziele anpassen werden."

Das Erfolgsrezept von Frosinone ist simpel. "Wir sind eine Einheit. Nicht nur am Platz, sondern auch außerhalb. Wir spielen mit einem sehr hohen Forechecking, dass die Gegner von unserem eigenen Tor fern hält. Es ist sehr schwierig, gegen uns zu spielen", so Gucher.

Einen Zauberkick wird man beim erfolgreichen Underdog aus Latium nicht finden. Vermeintlich große Klubs wie Brescia, Catania oder Bari schauen mehr auf eine schöne Spielweise, in der Tabelle sind sie jedoch abgeschlagen. "Das sind namhafte Vereine, sie haben gute Fußballer in ihren Reihen. Aber es ist jedes Jahr ähnlich. Die Aufsteiger von der dritten Liga bringen eine ganz andere Intensität mit. In der Lega Pro beruht alles viel mehr auf Kampf. Das haben wir eben verinnerlicht. Wenn man nicht läuft und rackert, dann hat man es schwer", erklärte der Steirer die Unterschiede.

Als Kapitän nimmt der zentrale Mittelfeldspieler natürlich eine Schlüsselrolle ein. "Es ist nicht normal, dass man in Italien als junger Österreicher die Schleife hat. Ich genieße das volle Vertrauen des Vereins und habe bei allen ein hohes Standing". Seit seiner Zeit in Kapfenberg habe sich Gucher vor allem mental entwickelt. "Ich arbeite vom Kopf her sehr viel. Mein Selbstvertrauen ist viel größer, auch meine Persönlichkeit hat sich stark entwickelt."

Nächste Station Serie A?

Das ist auch größeren Vereinen nicht entgangen. "Ich fühle mich bereit. Im Sommer gab es schon einige Anfragen. Ich wollte aber ein Jahr Stammspieler in der Serie B gewesen sein. Somit hätte ich dann auch bei Vereinen aus der Serie A einen höheren Stellenwert. Ich möchte die Saison so gut wie möglich fertig spielen und dann vielleicht den nächsten Schritt machen. Wenn es nicht klappt, ist es auch kein Problem. Ich bin in Frosinone glücklich, auf der Flucht bin ich auf keinen Fall."

Im Moment spielen neben ihm vier weitere Österreicher in der Serie B. Bei Bologna stehen György Garics, Torhüter Dejan Stojanović und der von Juventus ausgeliehene Marcel Büchel unter Vertrag. Ex-Austrianer Srđan Spiridonović ist bei Vicenza engagiert. In der Vergangenheit war die Liga nicht unbedingt ein gutes Pflaster für Alpenkicker.

"Entscheidend ist hier Geduld und der unbedingte Wille, die italienische Mentalität anzunehmen. Zwischendurch wollte ich auch schon alles hinschmeißen und nach Österreich zurückgehen. Mit der Zeit macht sich dann die Arbeit aber bezahlt", so der 23-Jährige. Vielleicht wird er für diese Einstellung auch schon im Sommer belohnt. Dann könnte es wieder einen rot-weiß-roten Serie-A-Legionär geben.

Mehr dazu:
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Johannes Sturm