02.04.2017 12:22 Uhr

De Klassieker: Und wieder sind die Straßen leer

Auch heute wird es wieder ein enger Tanz zwischen Feyenoord und Ajax
Auch heute wird es wieder ein enger Tanz zwischen Feyenoord und Ajax

Wenn am Sonntagnachmittag wieder alle Straßen in den Niederlanden wie leergefegt sind, dann liegt das an "De Klassieker": Ajax Amsterdam empfängt Feyenoord Rotterdam zum traditionsreichen und emotionsgeladenen Gipfeltreffen (ab 14:30 Uhr im weltfussball.de-Liveticker). Das Duell der Erzrivalen könnte den Titelkampf in der Eredivisie vorentscheiden.

Sechs Punkte trennen Feyenoord und Ajax in der Tabelle. Das war in der jüngeren Vergangenheit eigentlich immer so. Oft lagen sogar noch mehr Zähler zwischen dem Rekordmeister aus Amsterdam und dem großen Rivalen aus der Hafenstadt.

In der vergangenen Saison holte die PSV Eindhoven mit zwei Punkten Vorsprung auf Ajax den Titel. Satte 19 Punkte dahinter auf Rang drei fanden sich die Rotterdamer wieder. Das Ungewöhnliche in diesem Jahr: das "kleine" Feyenoord liegt vorn.

Ajax würde die Spitze im Falle einer Niederlage aus den Augen verlieren und mit neun Punkten Abstand auf Platz drei hinter der PSV Eindhoven bleiben. Die "Top Drie" liefern sich in diesem Jahr ein Kopf-an-Kopf-Rennen, in dem Feyenoord mit insgesamt nur zwei Saisonniederlagen momentan die Nase vorn hat.

Auferstanden aus Ruinen

Ganz Rotterdam träumt also von der niederländischen Meisterschaft. Dieses Jahr würde sich der Titel ganz besonders lohnen. In der kommenden Spielzeit ist der niederländische Meister zum vorerst letzten Mal direkt für die Champions League qualifiziert.

Ausgerechnet im Klassieker in Amsterdam könnte eine Vorentscheidung zugunsten Feyenoords fallen. "Jeder im Klub will diesen Titel, der Klassieker wird das wichtigste Spiel sein", sagte Rotterdam-Trainer Giovanni van Bronckhorst.

Die Feyenoord-Fans mussten lange genug auf ein Erfolgserlebnis warten: Es wäre der erste Ligatitel seit 1999. Die Helden von damals werden in Rotterdam noch heute kultisch verehrt.

Seitdem gab es nicht mehr viel zu feiern beim Trots van Zuid (übersetzt "Stolz des Südens"). 2010 war der Klub am Tiefpunkt angelangt, wurde in der Liga nur Zehnter und hatte kein Geld mehr. Nur die Finanzspritze einer lokalen Investorengruppe rettete den Traditionsverein vor dem Untergang.

Erfahrung ist Trumpf bei Feyenoord

In der jüngeren Vergangenheit geht es wieder bergauf. Ein Grund dafür: In der "Ausbildungsliga" Eredivisie setzen die Rotterdamer ausgerechnet auf Erfahrung. Keeper Brad Jones (34 Jahre alt), Karim El Ahmadi (32), Eljero Elia (30) und Dirk Kuyt (36) gehören zum Stammpersonal.

"Sie suchen Spieler, die nicht zu jung sind, etwas Erfahrung haben, aber auch nicht so herausragend sind, dass ausländische Klubs sich für sie interessieren", erläutert Pierre van Hooijdonk, ehemaliger Feyenoord-Spieler, die Transferstrategie seines Ex-Klubs.

Duell der "Dänen-Knipser" fällt aus

Einer, für den sich andere Vereine nun definitiv interessieren, ist Nicolai Jørgensen. Der 26-Jährige, der sich einst äußerst erfolglos bei Bayer Leverkusen und dem 1. FC Kaiserslautern versuchte, kam im vergangenen Sommer aus Kopenhagen zu Feyenoord - und trifft dort wie er will.

19 Saisontore und zwölf Vorlagen stehen bislang zu Buche. Allein in den letzten beiden Partien erzielte der Däne vier Treffer. Der Top-Scorer der Liga trägt großen Anteil daran, dass Feyenoord mit 69 Toren die beste Offensive der Liga stellt.

Zweitbester Torjäger der Liga ist Amsterdams Kasper Dolberg. Jørgensens Landsmann wird im Klassieker jedoch keine Rolle spielen können. Er fehlt verletzt.

Ajax-Trainer Peter Bosz könnte stattdessen auf den Sohn einer Klublegende setzen: Der 17 Jahre alte Justin Kluivert, Filius des früheren Weltklasse-Stürmers Patrick, hat am vergangenen Spieltag bewiesen, dass er Tore gegen Mannschaften aus Rotterdam erzielen kann. Beim Auswärtsspiel gegen Excelsior markierte er seinen ersten Treffer in der Eredivisie.

Gästefan-Verbot gilt immer noch

Es ist aber nicht nur das Duell "Alt gegen Jung" auf dem Platz oder die Tabellenkonstellation, die den Klassieker ausmachen. Auch die besonders heftige Rivalität zwischen den Fans macht das niederländische Top-Duell aus.

In den vergangenen Jahren überschatteten immer wieder heftige Ausschreitungen das Schlager-Spiel.

Rassistische und antisemitische Beleidigungen, auf das Spielfeld geworfene Feuerwerkskörper und Hooligan-Treffen veranlassten die Bürgermeister der beiden Städte 2009 dazu, ein Verbot für Gästefans beim Klassieker auszusprechen. Es hat bis heute Bestand. Feyenoord muss also ohne eigene Anhänger in der Amsterdam ArenA antreten.

Stimmungstechnisch wird Ajax folglich einen klaren Vorteil haben. Auf dem Rasen dürfte der Klassieker aber ein Duell auf Augenhöhe werden. "Sechs Punkte sind ein großes Pfund, aber wir werden auf keinen Fall schon jetzt das Handtuch werfen", kündigte Bosz an.

Sicher ist auf jeden Fall: Die Straßen in Holland werden nachmittags wieder leer sein.

Benedikt Strickmann/Tobias Knoop