30.05.2015 13:23 Uhr

Villa will Geschichte schreiben

Wollen auch in Wembley wieder jubeln: Christian Benteke (l.) und seine Teamkollegen
Wollen auch in Wembley wieder jubeln: Christian Benteke (l.) und seine Teamkollegen

Im FA-Cup-Finale gegen Arsenal am Samstag (ab 18:30 Uhr im weltfussball-Liveticker) kann Aston Villa eine abermals verkorkste Saison mit einem historischen Titel retten. Der Fast-Absteiger geht allerdings als krasser Außenseiter ins Duell mit Arsène Wengers Starensemble. Mut machen den Villans ihre neue fußballerische Qualität und zwei Hoffnungsträger.

Dwight Yorke setzte den Schlusspunkt. Der Star-Stürmer aus Trinidad & Tobago erzielte in der 89. Spielminute das 3:0 für Aston Villa, entschied damit das Endspiel um den League Cup gegen Leeds United im März 1996 endgültig und sicherte seinem Team den Titel im "kleinen" englischen Pokalwettbewerb.

Etwas mehr als einen Monat danach schloss Villa die Premier-League-Saison hinter Manchester United, Newcastle United und Liverpool auf Platz vier ab. Der traditionsreiche Klub aus dem Vorort Birminghams gehörte vorübergehend zur Crème de la Crème im Mutterland des Fußballs.

Liga pfui, Pokal hui

Fast 20 titellose Jahre später sieht die Situation in Aston ganz anders aus. Villa schrammte bereits zum vierten Mal in Folge nur knapp am Abstieg in die Zweitklassigkeit vorbei. Schlagzeilen produzierten die Erben von Yorke und Co. in der laufenden Spielzeit vor allem dadurch, dass sie in den ersten 27 Ligapartien minusrekordverdächtige 13 Treffer erzielten. Erst am vorletzten Spieltag war der Klassenerhalt rechnerisch perfekt.

Dass die leidgeprüften Fans der Villans nach einer über weite Strecken desaströsen Saison dennoch auf den größten Triumph der jüngeren Vereinsgeschichte hoffen dürfen, grenzt an ein Wunder. Im FA Cup war den Mittelengländern zunächst das Losglück hold und bescherte ihnen mit den Zweitligisten Blackpool und Bournemouth sowie den ebenfalls wenig furchteinflößenden Ligakonkurrenten Leicester und West Bromwich machbare Gegner. Erst im Halbfinale wartete mit Liverpool die erste große Hürde, die Villa allerdings souverän nahm.

Umschwung unter dem neuen Teammanager

Eng verknüpft sind Ligaverbleib, Pokalfinaleinzug und auch die leisen Hoffnungen der Anhänger auf eine Sensation gegen Arsenal mit dem Austausch des Teammanagers im Februar. Nach der 0:2-Schlappe gegen den Kellerkonkurrenten Hull City schassten die Klub-Verantwortlichen nach zweieinhalb Jahren den früheren BVB-Profi Paul Lambert und verpflichteten Tim Sherwood als Nachfolger.

Der ehemalige Tottenham-Coach belebte in erster Linie das nahezu brachliegende Offensivspiel der von vielen schon totgesagten Mannschaft und hauchte ihr damit neues Leben ein. In den 13 Premier-League-Matches seit seinem Amtsantritt erzielten die Villans respektable 21 Tore und holten immerhin 16 Punkte.

Nach der durchaus beeindruckenden Vorstellung beim 3:2-Sieg gegen Everton Anfang Mai ließ sich Daniel Davies, Aston-Villa-Experte der "Birmingham Mail", auf der Webseite der Zeitung sogar zu der Fragestellung hinreißen, ob Villa den "momentan besten Fußball in England" spiele und lobte "Tempo, Talent und Fantasie" der Sherwood-Truppe.

Zwei Hoffnungsträger fürs Finale

Besonders zwei Spieler verbesserten sich unter Sherwood deutlich und kristallisierten sich in den letzten Wochen als Hoffnungsträger für das Spiel der Spiele heraus: Mittelfeldmann Jack Grealish und der wiedererstarkte Torjäger Christian Benteke.

Eigengewächs Grealish gilt schon länger als eines der größten Talente im englischen Fußball und brachte sein Potenzial zuletzt endlich auch häufiger auf den Platz. Beim Halbfinalerfolg gegen Liverpool glänzte er mit einer starken Leistung und der Vorlage zum Siegtreffer.

Benteke profitierte sogar noch deutlicher vom "Sherwood-Effekt" und ist nach durchwachsenem Saisonstart in Höchstform: 12 Mal traf der Belgier in den letzten 12 Spielen. In London könnte er sich nach drei Jahren bei Villa mit einem Titel verabschieden. Er wird seinen aktuellen Arbeitgeber im Sommer wohl für eine Ablösesumme jenseits der 40-Millionen-Euro-Marke verlassen und sich einem englischen oder internationalen Top-Klub anschließen.

Titelchance mit historischer Dimension

Trotz Sherwoods positivem Einfluss auf sein Team und der starken Form von Grealish und Benteke: Gegen den Titelverteidiger um Per Mertesacker und Mesut Özil ist Villa natürlich Underdog. "Arsenal ist der Favorit. Es wird sehr schwierig für uns", weiß auch Villas Teammanager, der aber auf die historische Chance für seine Schützlinge verweist: "Es ist eine Riesenmöglichkeit für uns. Jeder hat die Möglichkeit, sich einen Namen zu machen und sich in die Geschichtsbücher einzutragen."

Und tatsächlich: Ein Überraschungscoup gegen die Gunners wäre der achte Titel für die Villans im FA Cup. Dann hätten nur noch Arsenal selbst und Man United häufiger den ältesten Fußball-Wettbewerb der Welt gewonnen.

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Tobias Knoop