30.05.2015 13:25 Uhr

Fink: Mit Austria agieren statt reagieren

Thorsten Fink nimmt auf dem violetten Schleudersitz Platz
Thorsten Fink nimmt auf dem violetten Schleudersitz Platz

Im höchsten Maße stolz hat die Wiener Austria am Samstag ihren neuen Trainer präsentiert. Mit dem früheren Bayern-Spieler Thorsten Fink, vormals bei Basel und dem Hamburger SV als Betreuer erfolgreich, ist den Veilchen in der Tat ein großer Fang gelungen.

Zeitempfinden ist bekanntermaßen relativ. Etwa wenn es um die seit März laufende Trainersuche bei der Austria geht. "Es war eine lange Suche, für manche etwas zu lange", blickte Sportdirektor Franz Wohlfahrt auf ereignisreiche Wochen und Monate zurück. Mit Thorsten Fink sei jedenfalls "die beste Wahl" gefallen. "Ich bin sehr glücklich, dass ich mit Thorsten einen Partner habe, bei dem ich hundertprozentig das Gefühl habe, dass es klappen wird."

Für Fink ging es hingegen recht flott nach der abrupt zu Ende gegangenen Episode auf Zypern bei APOEL Nikosia. "Die erste Kontaktaufnahme war vor einer Woche, oder waren es zwei?", war sich der 47-Jährige selbst nicht mehr ganz sicher. "Ich habe nicht lange gebraucht, mich dafür zu entscheiden. Franz Wohlfahrt hat mich mit seiner Art und seinem Konzept überzeugt. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich dafür zu entscheiden", erklärte Fink.

Dem prominenten designierten Austria-Coach wurde ein großer Bahnhof bereitet, das Medienzentrum der Austria war überfüllt. Zur Vorstellung hatte sich auch der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Katzian bemüht. Er blickte auf das seit dem Ausstieg von Frank Stronach 2007 aufgebaute zurück, hob den Höhepunkt 2013 mit Meistertitel und Champions League hervor. "Ab diesem Zeitpunkt ist unsere sportliche Entwicklung auf der nationalen Ebene nicht so gelaufen, wie wir uns das wünschen und um den Ansprüchen der Austria gerecht zu werden", sagte Katzian. Der Auftrag ist daher eindeutig: Bringe die Austria zurück zum Erfolg.

"Ich habe schon mal in Österreich gearbeitet und mitbekommen, dass der Klub groß ist und große Tradition dahintersteckt." Fink freue sich daher, "die Zukunft hier mitgestalten zu dürfen". Dazu müssen "viele Weichen" gestellt werden. Nichtsdestotrotz sei die Situation für ihn eine angenehme: "Weil die Möglichkeit da ist für einen Trainer, den Kader von Beginn an mitzugestalten." Wie Finks Pläne diesbezüglich aussehen, wollte er nicht verraten. "Die Saison läuft noch, die Austria hat noch ein sehr, sehr wichtiges Spiel vor sich. Das wäre nicht gut für den Ablauf."

Fink: "Hier hat sich nicht viel geändert"

Seit seinem Abschied aus Salzburg, wo er zunächst als Amateurtrainer und danach als Assistent von Trainerlegende Giovanni Trapattoni erste Erfahrungen als Betreuer sammelte, hat sich die österreichische Bundesliga kaum verändert. "In Österreich wird hart gespielt, das habe ich damals mitbekommen. Man sieht, dass Salzburg vorne weg läuft und dass es schwierig ist, Konkurrent zu sein." Über genaue Ziele will Fink erst während der Vorbereitung sprechen, wenn der Kader steht. Klar ist aber, dass oben mitgespielt werden soll: "Auf lange Sicht wollen wir mal wieder vorne weg marschieren. Aber das dauert etwas."

"Wichtig ist für mich Teamwork, Leidenschaft und dazu muss man auch noch Visionen und Ziele haben", nannte Thorsten Fink als wichtigste Punkte für Erfolg. "Ich glaube Agieren statt Reagieren ist das richtige Wort", fasste er zudem seine Vorstellung von Fußball zusammen. "Wir wollen offensiv spielen, mit und ohne Ball agieren", so der 47-Jährige, "ohne Ball heißt hier den Gegner zu Ballverlusten zu zwingen." Er wünsche sich "schnelle Spieler im Sturm und auf den Flügeln, die das Eins gegen Eins gut können und den Ball zum richtigen Zeitpunkt in die Spitze spielen." 

Kopfsache Fußball

"Dass wir hinterherhinken, weiß ich", war Fink klar. "Aber davor waren auch tolle Jahre da, mit der Champions League." Seither haben die Violetten allerdings den Faden verloren. Nicht selten war von verlorenem Selbstvertrauen und Verunsicherung die Rede, wenn nach inferioren Leistungen nach Erklärung gesucht wurde.

Wie steht Thorsten Fink zum Thema Sportpsychologie, wollte weltfussball daher vom neuen Fußballlehrer wissen. "Der Kopf ist bei einem Fußballer sehr, sehr wichtig, und natürlich ist es die Aufgabe des Trainers, die Spieler richtig einzustellen, die richtigen Worte zu finden, ihnen Selbstvertrauen zu geben oder auch sie wieder runter zu holen. Als Trainer muss man schon auch ein kleiner Psychologe sein", sagte Fink. "Ich stehe Mentaltraining oder psychologischem Beistand sehr offen gegenüber. Fußballer brauchen sowas, aber der wichtigste ist Trainer."

Fink kennt alle Bühnen des Fußballs. Vier Meistertitel mit den Bayern, drei DFB-Pokale sowie jeweils einmal die Champions League und den Weltpokal hat der frühere Mittelfeldspieler gewonnen. Als Trainer schaffte er mit Ingolstadt den Aufstieg in die Zweite Liga, holte seine ersten Titel mit Basel und lernte in Hamburg Abstiegskampf und das Rennen um Europa kennen.

Gerade die Zeit beim Schweizer Vorzeigeklub FC Basel, auf den in Österreich immer wieder neidisch geblickt wird, birgt für die erhoffte Zukunft wertvolle Erfahrungen. "Es ist immer wieder schwierig, wenn eine Mannschaft Champions League gespielt hat, sie wieder runterzuholen und auf die Meisterschaft vorzubereiten", beschrieb Fink ein der Austria nicht ganz unbekanntes Problem der jüngeren Vergangenheit. "Aber es ist uns immer gelungen, die Mannschaft hungrig zu halten und dass sie gerne auf den Platz geht."

Egal ob der Gegner Barcelona heißt oder eine kleine Mannschaft ist, "man sollte probieren sein Spiel rüberzubringen. Natürlich kann ich gegen Barcelona nicht immer so spielen, aber von der Haltung her: Ich will Spaß haben, wenn ich auf den Platz gehe und will mich zerreißen."

Ogris im Trainstab

Begleitet wird Thorsten Fink von einem Co-Trainer und einem Athletiktrainer nach Wien. Sebastian Hahn und Nikola Vidovic stehen auf der Wunschliste. Auch der derzeitige Interimstrainer Andreas Ogris wird Fink als Assistent zur Seite stehen.

Die Freude, dass der Kelch Felix "Quälix" Magath an der Austria vorüberging, dürfte bei den Spielern nur kurz währen. Basel-Routinier Marco Streller sagte einst über den früheren Kickbox-Champion Vidovic: "Bei ihm haben wir Muskeln kennengelernt, von deren Existenz wir noch gar nichts wussten."

Dass der Trainersessel der Austria mitunter ein Schleudersitz ist, interessierte Thorsten Fink nur wenig. "Ich habe nicht drauf geschaut, ob hier viele Trainer gewechselt werden. Wenn ich gut arbeite, dann wird das eine langfristige Aufgabe", war er sich sicher. "Stöger ist ja auch von selber gegangen", meinte Fink. Darauf warf Franz Wohlfahrt ein: "Er war zu gut". Ausstiegsklausel ließ sich Fink jedenfalls keine in den Vertrag schreiben. "Vielleicht beginnt mal was anderes und ein Trainer bleibt länger da."

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Sebastian Kelterer