20.07.2015 15:31 Uhr

Will Salzburg nicht mehr Meister werden?

Peter Zeidler übernahm in Salzburg als Coach von Adi Hütter
Peter Zeidler übernahm in Salzburg als Coach von Adi Hütter

"Wieder ganz vorne mit dabei sein", meint Neo-Salzburg-Coach Peter Zeidler zu den Saisonzielen in der Bundesliga. Will der Titelverteidiger also gar nicht mehr unbedingt Meister werden? Auch das große Saisonziel der vergangenen Jahre kommt Zeidler nicht über die Lippen: Die Champions League. Der österreichische Budgetkrösus gibt sich plötzlich ungewohnt zurückhaltend.

Zeidler kann die anstehenden Aufgaben dennoch kaum erwarten. Seit knapp einem Monat ist der 52-jährige Deutsche neuer Trainer des Doublegewinners. Der souveräne Auftakt-Erfolg im ÖFB-Cup lässt den früheren Coach des FC Liefering zuversichtlich in die Zukunft blicken. Auf seine internationale Feuertaufe freut er sich besonders.

"Natürlich wollen wir eine Rolle in Europa spielen und nicht, dass das Ganze schon im August wieder beendet ist", sagte Zeidler. Wie manch einer seiner jungen Spieler, wird auch er am 29. Juli in der Qualifikation der Champions League seine Premiere auf europäischer Bühne geben. "Wir haben damals in meiner Zeit in Hoffenheim immer von Europa geträumt, es aber noch nicht geschafft", erklärte Zeidler in Anspielung an die Tage, in denen er als Co-Trainer von Ralf Rangnick in Hoffenheim tätig gewesen war.

Erreichen der Gruppenphase wird nicht mehr als Ziel augegeben

Der "Reiz Europa" sei auch deshalb sehr ausgeprägt. "Wir haben nun die Möglichkeit, auch hier eine Rolle zu spielen. Ich weiß, dass es schwierig ist, aber wir gehen das Ziel Europa offensiv und mit viel Begeisterung an", betonte Zeidler. Seit dem Amtsantritt der neuen sportlichen Führungsriege rund um Jochen Sauer (General Manager), Christoph Freund (sportlicher Leiter) und Zeidler ist der "Rucksack" Champions-League-Qualifikation offiziell abgelegt. Selbst das Erreichen für eine europäische Gruppenphase wird nicht als Ziel ausgegeben.

Die hochgesteckten Ziele werden leiser kommuniziert, doch Zeidler hält fest: "Wir bewegen uns hier in Salzburg auf professioneller Vereinsebene, dort, wo es ums Gewinnen geht." Auch die Aufgaben in der heimischen Bundesliga gilt es "anzunehmen", so Zeidler, um "wieder ganz vorne mit dabei zu sein".

Die herbe 0:4-Niederlage über 45 Minuten im Testspiel gegen Werder Bremen sei ein "kleiner Rückschlag" gewesen. Im ÖFB-Cup schoss seine Truppe aber am Samstag den Regionalligisten Deutschlandsberger SC mit 7:0 vom dortigen Kunstrasen. "Ich will jetzt keine prozentuellen Angaben machen, wie weit wir sind, aber ich denke, die Mannschaft hat die Prinzipien verstanden. Sie weiß, wie wir spielen wollen, das haben uns auch gegen Deutschlandsberg viele Situationen gezeigt", sagte Zeidler.

Es gibt kein A-Team mehr: "Brauchen 14 bis 18 Stammspieler"

Seit drei Wochen coacht der vom FC Liefering "beförderte" Trainer nun den heimischen Ligakrösus. Nach einer kurzen Phase des Kennenlernens hätten er und sein Betreuerteam rund um den ebenfalls vom Videoanalysten zum Co-Trainer aufgestiegenen Richard Kitzbichler rasch den Fokus auf taktische Belange gelegt: "Damit beginnend, wie wir aggressiv und aktiv wieder die Bälle holen können. Es gehört zu unserem Spiel, das alles gemeinsam zu machen."

Eine Startelf hat Zeidler noch nicht gefunden. Auf eine in Stein gemeißelte Stammformation will er sich angesichts des möglicherweise dicht gedrängten Spielplans auch gar nicht festlegen. "In den darauffolgenden Monaten haben wir hoffentlich noch viele englische Wochen. Das heißt als Konsequenz, dass wir nicht elf, sondern 14 bis 18 Stammspieler brauchen", erklärte er.

An der Salzburger Spielanlage will der frühere Französisch-Lehrer nicht allzu viel ändern. "Na klar gibt es einen roten Faden, und daran orientieren wir uns", sagte Zeidler. Einer eigenen Handschrift als Trainer will er nicht allzu viel Bedeutung beimessen. "Natürlich wären ich und meine Trainerkollegen froh, wenn man dann in ein paar Monaten eine gewisse Handschrift erkennen könnte." Ein vorrangiges Ziel sei das aber nicht. "Letztendlich geht es darum, erfolgreich Fußball zu spielen."

"Nicht so, dass täglich abends nach der Tagesschau Rangnick bei mir anruft"

Anderes als sein Vorgänger Adi Hütter, der sich nach dem Double-Gewinn nicht mehr als Ausbildungstrainer sah, identifiziert sich Zeidler mit dieser Rolle voll und ganz. Als ihm der Job angeboten wurde, sagte er rasch zu. "Als sie mich dann gefragt haben, gab es eigentlich keine Sekunde zu überlegen", meinte Zeidler, der erst spät während der Trainersuche von Freund und Sauer kontaktiert worden sei. "Sie mussten mich ja nicht gleich zu den ersten Gesprächen einladen, mich kannten sie ja schon."

Die Internationalität seiner Mannschaft hat es ihm nun besonders angetan, doch steht auch er vor der Herausforderung, etwa ein Dutzend neuer Spieler ins komplexe System der Salzburger zu integrieren. "Es gilt, die Taktik gepaart mit dem Teamgeist - dass jeder jeden unterstützt - zu vereinen", erklärte Zeidler. Aufgrund von 15 verschiedener Nationalitäten im Kader gäbe es auch im kommunikativen Bereich viel zu tun. "Teamgeist, Zusammenspiel, Fehlerausbügeln und die Taktik - das ist eine Wechselbeziehung", erläuterte der ausgebildete Pädagoge.

Den ehemaligen Salzburger Sportdirektor und jetzigen Trainer von RB Leipzig, Rangnick, kennt Zeidler bereits länger. Von 2008 bis 2011 waren sie zusammen bei der TSG Hoffenheim tätig. Jetzt, da Rangnick laut Eigenaussagen ausschließlich in Leipzig verantwortlich zeichnet, sei für allzu ausführliche Gespräche wenig Zeit. "Es ist nicht so, dass täglich abends nach der Tagesschau Ralf Rangnick bei mir anruft", sagte Zeidler.

Mehr dazu:
>> Salzburg und Rapid jeweils am 29. Juli

apa