23.07.2015 13:55 Uhr

Tigres: Ungeliebte Gäste erobern Südamerika

Die Tigres-Fans haben derzeit Grund zur Freude
Die Tigres-Fans haben derzeit Grund zur Freude

Seit einigen Jahren werden mexikanische Teams zu den internationalen Pokalwettbewerben der CONMEBOL eingeladen. Sie erweitern den Werbemarkt und heben durchaus das sportliche Niveau. Aber so richtig mag man sie in Südamerika nicht.

Ende November 2006 in Santiago de Chile. Der Sommer steht vor der Tür und der populärste Klub des Landes Colo Colo mit einer historisch starken Mannschaft im Finale der Copa Sudamericana. Mit Arturo Vidal, Alexis Sánchez und Matias Fernández ist das Team in den vergangenen Wochen durch die Copa galoppiert, im Schnitt 3,3 Tore pro Spiel standen vor dem Finale auf der Habenseite.

Das Hinspiel ist 1:1 ausgegangen, aber mit 75.000 Fans im Rücken, scheint nach der 1:0 Führung durch Torjäger "Chupete" Suazo der Pokalsieg sicher. Feuerwerkskörper zischen bereits durch den Abendhimmel, als in der zweiten Halbzeit die Gastmannschaft im chilenischen Hexenkessel das Spiel überraschend dreht und letztendlich mit 1:2 den sichergeglaubten Pokal entführt. "Toluca oder Pachuca – irgendein Team aus Mexiko" erinnert sich heute mancher Colo Colo-Fan fassungslos an dieses verlorene Finale.

Es war der 1895 gegründete Club de Fútbol Pachuca, der als erster Verein der CONCACAF einen offiziellen Wettbewerb des CONMEBOL gewinnen konnte. Seit 1998, als erstmals die Namensrechte der Copa Libertadores an Toyota verkauft wurden, sind mexikanische Teams als Gäste bei den südamerikanischen Kontinentalwettbewerben dabei. Wohl auch durch Toyotas Interessen eingeladen, machen die Gäste aus Nordamerika auch sportlich Sinn.

Finanzstarke mexikanische Liga hat aufgeholt

Mexikos Liga stand vom spielerischen Niveau lange Zeit deutlich unter den Ligen Brasiliens und Argentiniens. Allerdings konnte die "Liga MX" in den letzten Jahren durch den finanzstarken Binnenmarkt und Millionen mexikanischer TV-Konsumenten in den USA finanziell auf- beziehungsweise überholen. Folglich spielen zahlreiche argentinische, brasilianische und vor allem auch kolumbianische und ecuadorianische Spieler in Mexiko - besser bezahlt als in der Heimat.

Richtung Süden reicht die Strahlkraft des mexikanischen Fußballs allerdings nicht. Bereits in Costa Rica verfolgt man eher die argentinischen Teams und so mancher Südamerikaner schreibt die Teilnehmer aus Mexiko noch immer als Kanonenfutter ab. Dabei hatten bereits 2005 die Pumas aus "DF" das Finale der Sudamericana erreicht und auch ein Jahr nach Pachucas legendärem Erfolg gegen Colo Colo erreicht mit América ein großes Team aus Mexiko-City das Endspiel. Und musste die sportpolitischen Scharmützel der CONMEBOL erfahren.

CONMEBOL stellt Mexikanern Fallen

Nach dem überraschenden 3:2 Sieg des argentinischen Retortenklub Arsenal Sarandí im Azteken-Stadion, entschied der Verband in der Nacht vor dem Rückspiel, die sonst für Finalspiele ausgesetzte Auswärtstorregel gelten zu lassen. América siegte in Avellaneda 2:1 – und verpasste unberechtigterweise den Pokal.

Ähnlich besagt der Artikel 5.13 des Reglements für internationale Wettbewerbe, dass diese definitiv und ausnahmslos auf südamerikanischem Terrain enden müssen.

Aus diesem Grund wurde das Heimrecht zwischen América und Arsenal damals gedreht. Und deshalb wird am kommenden Mittwoch, den 29. Juli, das Finalhinspiel der Copa Libertadores auch zunächst in Mexiko ausgetragen – obwohl Finalist Tigres als nach der Vorrunde besser positioniertes Team gegenüber River Plate eigentlich das Recht hätte, zunächst auswärts anzutreten.

Ebenso hat Tigres mit dem Erreichen des Endspiels River Plates Qualifikation für die Klubweltmeisterschaft bereits klargemacht, denn die mexikanischen Klubs müssen sich über ihre eigene Champions League in Mittel- und Nordamerika für den Wettbewerb in Japan qualifizieren.

Ins Endspiel gehen die blaugelben Tigres als Gast und Außenseiter, weil River Plate zuletzt international stark aufspielt, weil River im Rückspiel zuhause antritt – und weil River einen ganzen Kontinentalverband als Hochzeitsgesellschaft auf seiner Seite weiß.

Mehr dazu:
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Für weltfussball berichtet aus Südamerika: Viktor Coco