06.12.2015 12:00 Uhr

Newcastle: Gras fressen gegen die Kritik

Klare Ansage der NUFC-Fans: Die Spieler sollen endlich wieder Willen zeigen
Klare Ansage der NUFC-Fans: Die Spieler sollen endlich wieder Willen zeigen

Fight um jeden Millimeter Rasen, Einsatzwille bis das schwarz-weiße Leibchen der guten alten englischen Tradition entsprechend vor Dreck strotzt und Laufbereitschaft bis zum Wadenkrampf. Diese Tugenden sind es, die die hartarbeitenden Anhänger von Newcastle United seit eh und je von ihrer Elf erwarten. Ein Selbstverständnis, das nicht nur die Herzen der Fußballromantiker der Insel höher schlagen lässt, das mit der Realität des Klubs von der Tyne aktuell jedoch herzlich wenig zu tun hat.

"We don't demand a team that wins, we demand an club that tries!", brüllte ein Fanplakat zuletzt den geballten Unmut heraus. Mick Quinn, der einst selbst die Knochen für die Magpies hinhielt, fasste die Situation daraufhin treffend zusammen: "Wenn ich aktuell auf den Verein schaue, sind alle Dinge, die diesen Klub ausgemacht haben, vergangen: Das Band zwischen den Fans und dem Klub ist verschwunden, das Band zwischen den Spielern und dem Klub und den Spielern und den Fans ist verschwunden."

Damit nicht genug. Angesichts der jüngsten Leistungen schoss der ehemalige Profi nach: "5:1 gegen einen Kontrahenten wie Palace zu verlieren, so gut sie momentan auch sein mögen, ist komplett inakzeptabel. Die Art, wie es passierte, war sogar noch schlimmer", mit diesen Worten sprach Quinn den leidgeprüften Anhängern des Dauersorgenkinds unlängst aus der Seele. Trotz einer frühen Führung gegen den Underdog hatte sich das millionenschwere Ensemble der Magpies zuvor von den Adlern mit 5:1 demütigen und noch tiefer in die Krise ballern lassen. Noch schlimmer: Von den geforderten Tugenden war dabei nicht einmal ein Hauch zu erkennen.

Geld schießt nicht immer Tore

Vor allem die Offensive der Magpies strahlt dabei in der Premier League bislang weniger Gefahr aus als ein Hamster im Infight mit einem Rudel Hyänen. 14 Tore stehen auf der Habenseite – bei 14 absolvierten Spielen an sich schon eine traurige Ausbeute. Bedenkt man zudem, dass sechs dieser 14 Buden aus einem Kantersieg gegen Aufsteiger Norwich resultieren, wird es richtig bitter.

Dabei schien nach dem Beinahe-Abstieg im letzten Jahr eigentlich bereits ein probates Mittel gegen die andauernde sportliche Talfahrt gefunden: das liebe Geld! Nicht weniger als 70 Millionen Euro investierte man am St. James Park in neues Personal und lockte damit unter anderem das vielumworbene Offensivduo Aleksandar Mitrović und Georgino Wijnaldum langfristig an die Tyne. Bislang mit sehr überschaubaren Erfolg.

Lösung aus dem eigenen Stall

Wenigstens für die mangelnde Durchschlagskraft im Angriff könnte die Lösung allerdings bereits gefunden sein: Mit Adam Armstrong sorgt aktuell ein Angreifer aus dem eigenen Stall der Magpies in Englands dritter Liga mächtig für Furore. Der Youngster schnürt seit dem Sommer seine Schuhe auf Leihbasis für Coventry und glänzt seitdem mit 13 Treffern. Die Leihe endet zum Jahreswechsel und bietet den Magpies zumindest eine weitere Option für die Offensive.

Der Schuh drückt jedoch längst nicht nur in der Abteilung Attacke. Mit 30 Gegentoren stellt man die schwächste Defensive der Liga und die Probleme reißen nicht ab: Über die Mannen auf dem Feld wird längst nicht mehr im stillen Kämmerchen, sondern in aller Öffentlichkeit diskutiert.

So wurde die Kapitänsrolle von NUFC-Innenverteidiger Fabricio Coloccini unlängst ebenso infrage gestellt, wie die Leistungsbereitschaft seiner Vorderleute Vurnon Anita und Moussa Sissoko. Zu allem Überfluss kämpft United mit einigen herben Ausfällen: Für Stammkeeper Tim Krul ist die Saison nach einem Kreuzbandriss bereits Geschichte und mit Massadio Haïdara meldete sich erst vor Kurzem die nächste Stammkraft für Monate ab.

Siege nur gegen zwei Aufsteiger

Kein Wunder also, dass man den Traum vom internationalen Geschäft in diesem Jahr einmal mehr begraben musste. Zugegeben: Gegen Manchester United und den ebenfalls kriselnden Chelsea FC erkämpfte man jeweils ein Remis, die weniger namhafte Konkurrenz holte die Magpies jedoch schnell wieder auf den harten Boden der Tatsachen zurück. Swansea, West Ham, Watford, Sunderland, erwähntes Crystal Palace und das Überaschungsteam aus Leicester zwangen Newcastle allesamt mehr oder weniger deutlich in die Knie. Siege gab es überhaupt nur gegen die Liga-Neulinge aus Bournemouth und Norwich.

Am Sonntag wartet allerdings das genaue Gegenteil eines Liga-Neulings: Angeführt vom Menschenflüsterer Jürgen Klopp rollt mit Liverpool ein wahrer Erfolgstsunami die Tyne hinauf. Kurz: Es ist endgültig an der Zeit, Gras zu fressen, will man im nächsten Sommer nicht für Liga zwei planen. Ob dieses Vorhaben gelingt, erfahrt ihr ab 17 Uhr im weltfussball-Liveticker.

Mehr dazu:
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Marc Affeldt