08.09.2017 11:39 Uhr

Coutinho bei Liverpool: Nicht größer als der Klub

Philippe Coutinho musste beim FC Liverpool bleiben
Philippe Coutinho musste beim FC Liverpool bleiben

Philippe Coutinho ist nach der Länderspielpause zum FC Liverpool zurückgekehrt. Der geplatzte Wechsel nach Barcelona ist aber immer noch bestimmendes Thema. Für das Top-Spiel bei Manchester City am Samstag steht der Brasilianer nicht im Kader. Der Umgang mit Coutinho wird für den Klub schwierig – nicht zuletzt wegen der Fans.

Frei konnte Jürgen Klopp nicht sprechen. Erstens war das Thema höchst sensibel, zweitens gab der Teammanager des FC Liverpool sein Update zu Rückkehr und Fitnesszustand von Philippe Coutinho dem vereinseigenen TV-Kanal.

"Alles gut, alles gut. Viel mehr gibt es eigentlich auch nicht zu sagen. Er ist zurück, und wir hatten eine wirklich gute Unterhaltung, eine sehr gute", sagte Klopp über Coutinho. Und: "Er ist in einer sehr, sehr guten Stimmung erschienen und schaut wirklich vielversprechend aus."

Der Spielmacher sei nach seinen ominösen Rückenproblemen wieder "fit" und im Training "echt gut". Klopp erklärte, er habe sogar kurz darüber nachgedacht, den 25-Jährigen ins Aufgebot für das City-Spiel zu berufen.

Coutinho wollte unbedingt nach Barcelona

Eine Woche vor diesem nach außen hin warmen Empfang für den Edeltechniker war eine der größten Possen des Transfer-Sommers zu Ende gegangen.

160 Millionen Euro hatte der FC Barcelona angeblich zuletzt für Coutinho geboten, der Spieler wollte unbedingt nach Katalonien – doch Liverpool blieb standhaft und ließ ihn nicht ziehen.

Coutinho-Theater für die Fans "sehr schwierig"

Coutinhos widerwillige Rückkehr nach Liverpool wirft viele Fragen auf. Besonders spannend wird sein, wie die leidenschaftlichen Fans des 18-fachen englischen Meisters den abwanderungswilligen Star aufnehmen.

Denn die Anhänger, auf der Jagd nach Titeln im zuletzt nicht gerade erfolgsverwöhnten Liverpool fest als Faustpfand eingeplant, sind wütend auf Coutinho.

"Für uns Supporter war die Transferperiode wegen des Wechseltheaters um ihn sehr schwierig", erklärt Kerstin Albrecht, Liverpool-Expertin und Vorstandsmitglied im größten deutschen LFC-Fanklub German Reds, gegenüber weltfussball. "Coutinho wurde sehr geschätzt und natürlich wollte zu Beginn niemand, dass er wechselt. Je länger sich dieser Hickhack aber hinzog, um so gespaltener wurden die Meinungen."

Verlängerung inklusive Rekordgehalt im Januar

Was die Fans dem beinahe abtrünnig gewordenen Profi besonders übel nehmen: Erst im Januar verlängerte er seinen Vertrag am River Mersey bis zum 30. Juni 2022 - natürlich begleitet von den in der Branche üblichen Treueschwüren.

Coutinho soll seitdem in Liverpool rund 200.000 Pfund pro Woche verdienen, mehr als jeder andere Spieler in der ruhmreichen Geschichte des Vereins. An dem heftigen Flirt mit Barça hinderte das den Mann aus Rio de Janeiro offenbar nicht.

Wie fällt der Empfang der Fans aus?

Egal, ob Coutinho kommende Woche in der Champions League gegen Sevilla oder erst beim darauf folgenden Ligaspiel gegen Burnley auf den Platz oder zumindest die Bank zurückkehrt.

Es erwartet den Nationalspieler ein heißer Empfang von den treuesten der Treuen auf Liverpools legendärer Stimmungstribüne The Kop.

"Es gibt viele Fans, die ihm erstmal ein paar Wochen auf der Ersatzbank oder Einsätze in der U23-Mannschaft wünschen, andere wollen ihn gar nicht mehr im roten Trikot sehen", sagt Albrecht.

Wird Coutinho zum Ersatzspieler?

Klopp ist jetzt nicht nur als Moderator im Binnenverhältnis mit den Anhängern gefragt. Der Erfolgstrainer muss in seiner aktuell hervorragend funktionierenden Mannschaft auch erst einmal einen Platz für Coutinho finden.

Der frühere BVB-Coach ließ zuletzt höchst erfolgreich ein 4-3-3-System spielen. In vorderster Front harmonierten Roberto Firmino, Sadio Mané und Neuzugang Mohamed Salah nahezu perfekt miteinander.

1899 Hoffenheim und dem FC Arsenal schenkte Liverpool vor der Länderspielpause jeweils vier Treffer ein.

Fußballerische Qualitäten weiterhin unbestritten

Allzu lange wird sich Coutinho aber wohl dennoch nicht mit einer Rolle als Ersatzspieler begnügen müssen. Zu groß sind die fußballerischen Qualitäten des Rechtsfußes, der als einer der besten Offensivspieler der englischen Elite-Liga gilt.

"Es macht keinen Sinn, einen solchen spielstarken Mann langfristig auf die Bank zu setzen", sagt Albrecht. "Er wurde nicht abgegeben, weil er wichtig für das Offensivspiel ist und seine kreative Spielweise die Mannschaft weiterbringen kann."

"No player is bigger than Liverpool Football Club"

Die Chance, ein Großer der Liverpooler Vereinsgeschichte zu werden, hat Coutinho durch sein Verhalten aber längst vertan. "Das ist vorbei", so Albrecht.

Nur über Einsatz und Leidenschaft auf dem Platz könnte sich der in Ungnade gefallene Profi wieder ein gewisses Standing bei den Fans erarbeiten. Erwägt Coutinho allerdings tatsächlich, durch einen Streik einen Winter-Wechsel nach Barcelona voranzutreiben, ist es nicht ausgeschlossen, das die Situation eskaliert.

Die Haltung der Anhänger ist jedenfalls eindeutig. "No player is bigger than Liverpool Football Club", heißt es in einem offenen Brief an Coutinho, der Anfang September im Fan-Blog "Empire of the Kop" erschien.

Tobias Knoop