04.03.2014 13:49 Uhr

Debütanten: Jung, hungrig und heiß begehrt

Bundestrainer Joachim Löw überraschte vor dem Testspiel gegen Chile nicht nur mit deutlichen Worten, sondern auch mit der Nominierung von vier Debütanten. weltfussball stellt das Quartett vor.

Shkodran Mustafi: Flexibel und robust

Die "Gazzetta dello Sport" nennt ihn einen der "aufstrebenden Verteidiger in der Serie A", die "Panorama" bezeichnet ihn als "Juwel, das man unbedingt halten sollte." Während sich Shkodran Mustafi in Italien bereits einen Namen gemacht hat, war der Innenverteidiger in Deutschland bisher nur eingefleischten Kennern ein Begriff. Das hat Joachim Löw mit der Nominierung des 21-jährigen U17-Europameister und U21-Nationalspielers geändert.

Seit gut zwei Jahren läuft der 1,84 m große Abwehrspieler für Sampdoria Genua auf. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat er seinen Stammplatz in der Viererkette mittlerweile sicher. Ex-Trainer Delio Rossi prüfte den Deutsch-Albaner auf Herz und Nieren, ließ ihn mal in einer Dreierkette agieren, ab und an als Außenverteidiger auflaufen und schob in schließlich zurück in die Innenverteidigung. Dort agiert Mustafi auch unter dem neuen Coach Siniša Mihajlović.

Seine taktische Flexibilität gepaart mit der körperlichen Robustheit machen den Linksfuß für die "Samp" zu einem wichtigen Pfeiler. Ob der Youngster schon reif für eine WM ist, bleibt abzuwarten. Für einen europäischen Topklub scheint er aber bereits gut genug zu sein. Italienischen Medienberichten zu Folge hat Borussia Dortmund den Innenverteidiger schon mehr als ein Mal von seinen Scouts beobachten lassen.

>>> Deutschlands U 20 gegen die Schweiz live

Matthias Ginter: Hochtalentiert und heiß begehrt

Das Freiburger Eigengewächs hat die Blicke in dieser Saison mit konstant guten Leistungen auf sich gezogen. Der 20-Jährige stand in 22 von 23 Spielen von der ersten bis zur letzten Minute auf dem Platz. Mal stellt ihn Christian Streich in der Innenverteidigung auf, mal lässt er ihn im defensiven Mittelfeld ran. Manchester United, der FC Bayern, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen haben schon beim Defensivspezialisten angeklopft.

"Er hat eine gute Körperlichkeit, ist kopfballstark, technisch stark. Er hat viele Dinge, die ihn schon mit 20 Jahren dazu legitimieren, für die Nationalmannschaft berufen zu werden", beschreibt Christian Streich die Qualitäten des Debütanten. Dass Ginter das Zeug zum Nationalspieler hat, zeigte sich zuletzt in Berlin, wo er Toptorjäger Adrian Ramos über 90 Minuten kaltstellte.

Die WM wird für den Linksfuß wahrscheinlich noch zu früh kommen. An Per Mertesacker, Jérôme Boateng, Mats Hummels, Benedikt Höwedes, den Bender-Brüdern und einem Philipp Lahm kommt Ginter – wie auch Mustafi – noch nicht vorbei. Sein erster Ausflug zur Nationalmannschaft wird aber definitiv nicht der letzte bleiben.

>>> Überraschende Debütanten unter Löw

André Hahn: Pfeilschnell und brandgefährlich

Der Augsburger ist das Paradebeispiel für den von Löw geforderten "hundert Prozent fitten Spieler." In der Hinrunde spulte der 23-Jährige 12,52 km pro Partie ab – der zweitbeste Wert aller Bundesligaspieler. Dazu ist er mit einer gemessenen Sprintgeschwindigkeit von mehr als 35 km/h der zweitschnellste Akteur im deutschen Oberhaus, nach Firmino und Raffael zudem der torgefährlichste Mittelfeldspieler der Liga. Die Offensiv-Bilanz des Rechtsaußen liest sich beeindruckend: Zehn Tore, fünf Torvorbereitungen, 105 Torschussbeteiligungen und 65 Flanken.

Mindestens genauso wichtig dürften für Löw die Defensivqualitäten des Augsburgers sein. Hahn geht keinem Zweikampf aus dem Weg und arbeitet unermüdlich nach hinten mit. Nicht umsonst begeht er nach Kevin Volland (62) die zweitmeisten Fouls in der Liga (57). Was ihm an internationaler Erfahrung fehlt, macht er durch Einsatz wett. Teamkollege Sascha Mölders sagte einst über ihn: "Ich habe noch nie so einen verrückten Menschen gesehen, der in der 90. Minute von Eckfahne zu Eckfahne rennt." Eine Qualität, die unter der brasilianischen Sonne durchaus gebraucht wird.

>>> Deutschland vs. Chile live

Pierre-Michel Lasogga: Treffsicher und laufstark

35 Tore hat die Nationalmannschaft im Länderspieljahr 2013 erzielt. Gerade mal ein einziges ging auf das Konto des etablierten Sturmduos Klose/Gomez. Zudem plagen sich die beiden in dieser Spielzeit mit vielen kleinen und einigen schweren Verletzungen herum. Mario Gomez hat in der laufenden Serie-A-Saison ganze 316 Minuten auf dem Platz gestanden, Klose in 19 Spielen für die "Laziali" magere sechs Tore erzielt. Dass Löw jetzt mit Pierre-Michel Lasogga einen neuen Mittelstürmer unter die Lupe nimmt, wundert angesichts des Seuchenjahres der Etablierten nicht.

Seine Klasse hat Lasogga (trifft im Schnitt alle 117 Minuten) in dieser Saison nicht nur ein Mal unter Beweis gestellt. Der gebürtige Gladbecker ist läuferisch, körperlich und kämpferisch ein Vorbild. Außerdem trifft er auch gegen die großen Gegner. Bayern, Dortmund und Leverkusen können ein Liedchen davon singen. Mit Druck und Verantwortung kennt er sich ebenfalls aus, schließlich soll er als 22-Jähriger den großen HSV fast im Alleingang zum Klassenerhalt führen.

Neben den "falschen Neunern" Götze und Müller könnte der 1,88 m große Angreifer eine echte Alternative in der Sturmspitze sein. Vor allem, wenn Miroslav Klose und Mario Gomez ihrer Form weiterhin nur hinterher laufen.

Christian Schenzel