23.06.2014 12:41 Uhr

Premier League schuld an Englands WM-Aus

Liverpool-Stürmer Luis Suárez als sinnbildlicher Sargnagel für England.
Liverpool-Stürmer Luis Suárez als sinnbildlicher Sargnagel für England.

Die "Three Lions" kennen ihre WM-Tyrannen nur zu gut. Uruguays Doppel-Torschütze Luis Suárez brilliert sonst für Liverpool, der italienische Sturmschreck Mario Balotelli holte einst den Meistertitel mit Manchester City. Und selbst Bryan Ruiz, der mit seinem 1:0 für Costa Rica gegen Italien das erste Vorrunden-Aus seit 56 Jahren besiegelte, steht in England bei Fulham unter Vertrag.

Die finanzstärkste Liga der Welt wird aber nicht nur wegen der gegnerischen Torschützen mehr und mehr für den Bankrott des Nationalteams verantwortlich gemacht. "Das größte Problem ist die Premier League", schimpfte der frühere Teamstürmer Chris Waddle nach dem WM-Desaster von Brasilien. "Sie haben ein Produkt, das sie rund um die Welt verkaufen wollen. Es ist unterhaltsam, aber es tut unseren Spielern nicht gut."

In der ersten Saison des Premiumprodukts 1992/93 standen noch 69 Prozent englische Spieler in den Startformationen, zuletzt waren es weniger als ein Drittel. Für Verbandschef Greg Dyke ein "alarmierender und beängstigender Trend".

Schon vergangenes Jahr hatte Spitzenfunktionär Dyke in einer langen Tirade auf die Missstände aufmerksam gemacht. "Wenn die Klubs deiner Topliga weitgehend von Ausländern besetzt und ausländischen Trainern gecoacht werden, warum sollten sich die, die die Kontrolle haben, um die Entwicklung des englischen Teams kümmern?", fragte Dyke rhetorisch.

Die Champions League kennen manche nur aus dem TV

So schickte Englands Teamchef Roy Hodgson am Zuckerhut zahlreiche Akteure auf die größte Fußball-Bühne, die in der europäischen Königsklasse nicht einmal eine Nebenrolle innehaben. Nur vier Spieler aus der Startelf gegen Uruguay standen in den vergangenen beiden Jahren überhaupt zu Beginn einer Champions-League-Begegnung auf dem Platz. Deutschland ist das Gegenmodell: Alle Akteure der DFB-Startelf gegen Portugal und Ghana erreichten in dieser Saison mit ihren Klubs sogar mindestens das Achtelfinale der Königsklasse.

"Wir müssen akzeptieren, dass sie harte Konkurrenz haben", sagte Hodgson in seiner Turnieranalyse schon vor dem letzten Gruppenspiel gegen Costa Rica am Dienstag (ab 18:00 Uhr im weltfussball-Liveticker) über seine Talente. Zahlreiche Nachwuchskräfte würden zwar von den Spitzenklubs verpflichtet, kämen dort aber nicht zum Zug. "Sie können es sich erlauben, selbst die jungen Topspieler auf der Bank zu lassen", klagte Hodgson.

Eine Liga für die Jungen soll her

Es müsse ein System geben, dass 19-Jährigen, die im ersten Team von Arsenal, Chelsea oder Manchester United keine Chance haben, regelmäßig Spielpraxis verschaffe, forderte der 66-Jährige. Ein derartiges Konstrukt mit B-Teams in einer neuen dritten Liga hatte der FA-Vorsitzende Dyke erst im Mai vorgeschlagen - zudem solle neben weiteren Ideen die Anzahl der Nicht-EU-Spieler in der Premier League auf zwei pro Team beschränkt werden.

Ein Großteil der Vorschläge wurde von den Liga-Verantwortlichen jedoch bereits rigoros abgelehnt. So drohen Wayne Rooney & Co. weitere "harte Sommer" in der Beobachterrolle der verbliebenen Premier-League-Stars aus anderen Nationen.

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apa